iährige Sekretärin Gusti Adler. Aus der Ver-
gessenheit ihrer niederösterreichischen Heimstatt
versetzte der Magier der Bühne die Statuen
in die Szenerie des Leopoldskraner Gartenthea-
ters. Indes - „die Zeit, sie ist ein sonderbar
Ding" und ihre Wendungen bedrohten erneut
die antikischen Thürnthaler. Fast wären sie zer-
bröckelt, im sumpfigen Boden versunken, im
Gestrüpp untergetaucht. Nach dem Transit durch
das Restauratorenatelier übersiedelte die Sabi-
nerinnengruppe kürzlich in den Park des Schlos-
ses Klesheim, ihren endgültigen Standort.Oder-?
Das erste, wahrhaft „tiefgreifende" Bauvorhaben
im Bereich der Wiener Karlskirche, nämlich die
Einwölbung des Wienflusses, bedingte die De-
molierung der Elisabeth- und der Tegetthoff-
brücke. Ein gewitzter Steinmetz sicherte sich die
dekorativ gearbeiteten Geländer und verkaufte
sie später dem berühmten Orthopäden Adolf
Lorenz, der für seine Villa in Altenberg an der
Donau „Steintrümmer" sammelte, wie er selbst
sagte, um sie in seine großzügigen Planungen
einzubeziehen. Er hatte einen etwas opernhaft
pompösen Geschmack, der sich in den Veduten
dieser Sommerresidenz eines Bürgers als Edel-
mann dokumentierte. Und gerade die gewichti-
gen Versatzstücke aus dem Wien der ersten
„k. u. k. Familienalbums"-Fotografen verliehen,
zusammen mitKaryatiden ala Musikvereinssaal-
woher diese? - der Terrasse von Lorenzens
Tusculum die gebotene feudale Note.
Hochoffiziell erfolgte 1950 die Übertragung van
fünf Flüsse der Monarchie symbolisierenden
Nischenfiguren der schwer bombenbeschädigten
Wiener Albrechtsrampe. Theodor Körner, damals
Bürgermeister, schenkte diese Werke Johann
Meixners der niederösterreichischen Gemeinde
Wieselburg. Von der Großstadtpatina gesäubert,
flankieren sie dort eine Grünfläche beim Schloß.
Die ebenfalls gerettete Kolossalfigur des „lnn"
wurde den Wiener Neustädtern gewidmeLGleich-
sam im Ausgedinge, wacht der gewaltige Strom-
gott über dem Wasser eines recht bescheidenen
Beckens im Stadtpark.
Zwei ruhende Sphinxen vor der Einfahrt des
zerstörten Palais Rothschild beim Belvedere sind
ietzt in einem Villenpark in Gießhübl zu sichten,
dafür ziert nun eine Marmorkopie von Canovas
berühmter Gruppe der drei Grazien (Original;
Eremitage, Leningrad] aus dem Gießhübler Be-
sitz des prominenten Kohlenmagnaten Baron
Gutmann höchst unerwartet den Hof eines alten
Vorstadthauses im 6. Wiener Bezirk. - Die Ver-
setzung von Plastiken ist sozusagen ein Ping-
Fang-Spiel, wohin der Ball trifft, hängt von den
verschiedensten Faktoren ab. Öffentliche und
private Gärten da und dort im Land mögen
Endpunkte so mancher Odyssee sein, heimat-
los gewordene Statuen werden bereits systema-
tisch gehandelt. Für diese oder iene Figur gilt
der Satz aus einem Ringelnatz-Gedicht: „Woher
sie kam, wohin sie ging, das hab' ich nie er-
fahren!"
Eine der interessantesten „Wanderungen" von
Bildwerken seit 1945 führte nach Reichenau an
der Rax. Dort stellte der Naturschutzexperte
Hofrat Prof. Dr. Lothar Machura im Hof seines
„Hauses auf der Waag" eine in Wien erworbene
marmorne Brunnenwand auf. Außer der Tat-
sache, daß sie dem Verband der Ringstraßen-
architektur zuzuordnen war, blieb die Herkunft
zuerst ungeklärt. Stilistische Merkmale verwiesen
auf die frühe Phase, konkreter; auf den Kreis
Siccardsburgs und Van der Nülls. Eine Vermu-
tung, die sich bestätigte, als der Autor an Hand
von Bilddokumenten (P. LangelH. Bült
„Das k. k. Hof-Opernhaus in Wien", Wie
ermitteln konnte, doß diese Wand nacht
aus vier einzelnen analogen Brunnen zusc
gefügt wurde. Ursprünglich waren sie g
in den dann zerstörten Logenaufgäng-
Staatsoper angebracht.
Eine umfassende Bestandsaufnahme und
mung versetzter Plastiken und Bauteile
gewiß wünschenswert, doch in vielen Fällt
die Ortung von Obiekten wohl weiterh
günstigen Zufall abhängen, dafür abe
Reiz der Überraschung haben, wie ihn
der Wiener Kunstkritiker Ludwig Heves
fand, als er in den neunziger Jahren r
Riviera bei Valescure die Villa Carvall
deckte, „eine Seltsamkeit . .. wie es keine
gibt, denn der Besitzer hatte die eigenti
Idee, nach der Verwüstung der Tuilerien
Bruchstücke dieses Kunstschatzes zu erwerL
in seinem Garten aufzustellen. Reliefs,
Vasen, hier ein Stück Geländer, dort eir
sole, eine Marmormaske, eine Brunne
mischen sich unter seine Rosen und Or
es ist eine Art Campc Santa . .
8 „Galatheabrunnen" von der Wiener V
stellung 1873. Derzeit in Klosterneuburg
linglNiederösterreich
9 Sandsteinfigur aus Versailles, Monatssta
bruar" aus dem Zyklus der zwölf Mana
aus Paris nach Burg Feistritz am Wech
derösterreich, gebracht, wo acht Statue
heute im Park aufgestellt sind
10 Brunnenwand aus der Wiener Staats:
Reichenau an der RaxfNiederösterreich
j Unser Autor:
Gunther Martin
Freier Schriftsteller und Übersetzer
Höglwörthweg 55
5020 Salzburg
Altmannsdorfer Straße 16412117
1232 Wien