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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 147)

Mechtild Wierer 
50 Jahre ART DECO - 
Die Jubiläumsausstellung 
in Paris 
Frankreichs Anspruch auf internationalen Ruhm 
in bezug auf seine Mitwirkung an der Ent- 
wicklung der modernen dekorativen und im 
weitesten Sinne industriellen Kunst der ersten 
Jahrzehnte dieses Jahrhunderts wurde von nicht 
wenigen Zeitgenossen, auch französischer Natio- 
nalität, angefochten und als fragwürdig einge- 
stuft. Es verwundert daher kaum, daß heute 
französische Kenner und Spezialisten der zwan- 
ziger Jahre sich immer wieder mit größter Vehe- 
menz gerade für diese kunstgeschichtliche, für 
Frankreich doch so maßgebende Epoche ein- 
setzen. So etwa auch Yvonne Brunhammer vom 
 
a des Arts Decaratifs in Paris, die nun in 
n Museum vorn 14. Oktober 1976 bis zum 
ITUOT T977 die bedeutende und lang erwar- 
Jubiläumsausstellung „CINQUANTENAIRE 
EXPOSlTlON W25" präsentieren wird. i 
s 1966 organisierte Yvonne Brunhammer 
ern Musee des Arts Dekoratits die erste 
lende auf die dekorative Kunst von 1925. 
usstellung unter dem Titel „Les Annees 75" 
te eine Lawine ungeheuren Ausmaßes ins 
t. Die „Retro-Welle" begann den Markt zu 
aülen. 
die Assoziation einflußreicher Bewegun- 
nit dem Art Deco - der Untertitel der 
ellung lautete: Art DecolBauhauslEsprit 
eaulStijl - wertete das Art Deco, bis dato 
mehr oder weniger national gebliebene 
arscheinung der Franzosen, weltweit auf. 
eginn des 20. Jahrhunderts herrschte in 
reich weder von seiten der Industrie noch 
onsumenten viel Interesse an zeitgenössi- 
avantgardistischem Kunstgewerbe. Die 
iven konnten daher nur individuelle sein. 
ersuche wendeten sich an ein bestimmtes 
abendes Publikum: begeisterte Amateure, 
oder Frauen, die sich den Eingebungen 
„Exposition internationale des Arts decoratifs 
et industriels modernes 1925" - Jardin von 
Mallet-Stevens. Bäume aus Zement der Brüder 
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„Porte d'Orsay" der „Exposition 1925". Entwurf 
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der Mode beugten. Der französische Kunstge- 
werbler hatte den traditionellen Anforderungen 
an Luxus, Eleganz und Erlesenheit Genüge zu 
leisten. In Österreich, Deutschland, Belgien hin- 
gegen entwickelte sich seit Anfang des Jahr- 
hunderts ein streng funktioneller, schmuckloser 
Stil, dessen Verkörperung und Reinheit einer 
besseren Anwendung diente und außer seiner 
ästhetischen Bestimmung auch eine soziale Mis- 
sion zu erfüllen hatte. 
Dank der von Yvonne Brunhammer analytisch 
hervorragend konstruierten Ausstellung wurde 
dem Publikum der 66er Jahre eine umfassendere 
Kenntnisnahme und Einschätzungsmöglichkeitge- 
boten. Die Wirkung war gewaltig. Eine Unzahl 
von Mode-, Textil-, Schmuck-, Lampen-, Deko- 
ratians-, Möbel-, Werbe-, Verlags- und Filmin- 
dustrien sorgte schnell für ein marktgerechtes 
Comeback des Stiles der 25er Jahre, und eine 
immense Kitschflut überflutete die Lande. Retro- 
gaststötten schossen wie Pilze aus dem" Boden. 
Die Auktions- und Antiquitfitenpreise pendelten 
sich ein. Das Interesse am Entrümpeln und Ver- 
äußern vieler - in Haushalten, Kellern und auf 
Dachböden - vergammelnder Art-Deco-Obiekte 
wurde geweckt. Das plötzlich an authentischen 
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