A Künstlerprofile
Egon Haug
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Haug wurde 1923 in der Slowakei geboren, studierte
in Prag, Wien und Paris und wohnt seit Jahr-
zehnten in Wien, wo er 1954 in der Secession seine
erste Ausstellung hatte. Wie die meisten Künstler
hat auch Haug eine gewisse Zeit gebraucht, bis
er seine ihm eigene Sprache gefunden hat. Nun
scheint uns das in seinen seit etwa 1969 entstehenden
Bildern gegeben.
Haug ist ein Mensch, der außerordentlich stark
mit der Natur verbunden ist. Der ein offenes Auge
oder Herz („Man sieht nur mit dem Herzen gut")
für die Wesenheilen einer Landschaft und ihrer
Gegebenheit im Verhältnis zum Himmel, zum Licht,
zur Jahreszeit hat.
Haug fühlt ihr Bedrahtsein durch den Menschen
und zeigt ihre Schönheit und Größe auf. Er macht
das nicht in simpler Schönfärberei, in braver
Lieblichkeit. Er weiß von der Großzügigkeit und
Härte, von der Verschwendung und Rätselhaftigkeit
der Natur. Aus diesem Wissen heraus sind auch
seine großformatigen Bilder, meist Acryl auf
Leinwand, zu verstehen. Auch in ihnen finden wir
Großzügigkeit und Härte, Verschwendung und
Rötselhaftigkeit. Oft sind die Farben auf den
Flächen hart nebeneinandergesetzt, ein Rot zu
einem Blau, wie es sich nur die Natur noch erlaubt.
Großzügig weit ist die Leinwand von einer
einmaligen, leicht variierten Farbe beherrscht, ein
gerader Horizont mitten im Bild und darüber ein
Himmel in ungewissen Farbnuancen, in dem
kraftstrotzend gelbe Wolkenfetzen dominieren, die
auch das darunter befindliche Land beherrschen.
Nichts Kleinkoriertes, nichts Pitzliches!
Es ist also keine Malerei mit aufgehobenem Zeige-
finger: Seht, wie ihr die Natur verwüstet, wie
ihr sie zerstört. Es ist keine kleinliche Fibel für
Volksaufklärung: Wirf kein Papierl weg, die Groß-
industrie rodet den letzten Auwald und ähnliches!
Es ist ein Aufzeigen und Festhalten dieser letzten
Reste einer noch halbwegs intakten Naturlandschaft.
Es ist Zeugenschaft! Und es ist kein Zufall, daß
diese Bilder immer wieder Landschaften im
Marchfeld oder in abgelegenen Gebirgstälern zum
Vorwurf haben. Landschaften, die noch Zeugnis
von einem halbwegs ungestörten Verhältnis des
Menschen zur Natur geben.
Am ehesten ließe sich Haugs Sehen und-Gestalten
mit ienem Van Goghs vergleichen. Freilich um
etwa einhundert Jahre später und mit allen
Erfahrungen, die auch in der bildenden Kunst in
diesen hundert Jahren gemacht wurden: der
Expressionismus, die abstrakte Malerei, Action-
Painting. Es sind unter anderem also die
Farberfahrungen eines Delaunay, eines Kirchner,
eines Pollock. Ähnlich wie bei Van Gogh ist auch
bei Haug das Erlebnis unmittelbar in das Bild
umgesetzt, mit ebensolcher Leidenschaft und
Eigenverantwortung, mit Dynamik und Fraglosigkeit.
Wie die späteren Bilder des Holländers brauchen
auch iene Haugs viel Abstand und den Willen
zur Zusammenschau. Wer liebliche Landschaftsbilder
sucht, wird enttäuscht sein. Hier ist eher eine
wilde Kraft und Zähigkeit dokumentiert.
Besonders deutlich wird auch die Verwandtschaft mit
Van Gogh in der Graphik. Die vielen Bleistift-
zeichnungen von Feldern, Wiesen, Auwinkeln,
Berghängen, von einem Stück Land, das sonst
von den meisten Menschen reizlos empfunden wird,
sind mit sehr sicheren und immer bewegten, meist
kurzen Strichen hingesetzt. Weite, Tiefe, wind-
bewegte Kornfelder, sich im Frühling belaubende
Sträucher, atles ist gegenwärtig. Allein diese
Zeichnungen wurden eine ausführliche Ausein-
andersetzung erfordern. Sie werden leider noch
viel zuwenig beachtet.
Alois Vogel
1 Acker und braune Eichenbäume.
Acrrl, 60 x 100 cm
2 Vol mond. Acryl, 65 x 80 cm
3 Mohnblumenfeld. Acryl, 105x115 cm
4 Egon Haug