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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 147)

Bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts kamen nur 
verhältnismäßig wenige Gegenstände des 
chinesischen Kunsthandwerks über die islamischen 
Länder nach Europa. Unmittelbare Handels- 
beziehungen setzten erst nach dem Auftreten der 
ersten offiziellen Gesandtschaft aus Portugal (1517) 
ein, dem nach 1600 die Engländer und die Holländer 
im Geschäft mit Ostasien den Rang abliefen. 
Das Gründungsiahr der „East lndia Company" war 
1600, das der „Vereenigde Oostindische Campagnie 
1602. ln Frankreich wurde 1664 die „Compagnie 
des lndes" gegründet, und Kaiser Karl VI. schuf 
in den spanischen Niederlanden 1722 die 
„Kaiserliche und Königliche Indische Kompanie", die 
unter dem Namen „Kompanie von Ostende" bekannt 
wurde. Kurze Zeit später folgten die Dänen (1728) 
und die Schweden (1731) mit eigenen Handels- 
gesellschaften. 1745 rief König Friedrich ll. von 
Preußen die preußische asiatisdte Kompanie ins 
Leben, und 1775 errichtete Kaiserin Maria Theresia 
die „Kaiserliche Gesellschaft van Triest", zwei 
Unternehmen, die vom Glück nicht begünstigt 
waren. 
Um 1700 und im weiteren Verlauf des 18, Jahr- 
hunderts hatte sich im Abendland nicht nur das 
allgemeine Interesse an China, sondern auch die 
Sommelleidenschaft für das chinesische Porzellan 
ungemein gesteigert. Der lmport der so begehrten 
Erzeugnisse aus dem Reich der Mitte erreichte 
Rekordzahlen, die in die Millionen gingen, wobei 
die Chinesen dem Geschmack ihrer Auftraggeber 
Rechnung trugen, wie sie es schon Jahrhunderte 
früher für den islamischen Markt, für die südost- 
asiatischen Abnehmer und ab dem 16. Jahrhundert 
auch für Besteller in Europa getan hatten. ln den 
Brennereien des größten Porzellanherstellungsartes 
der Welt, in Ching-tä-chen, entstanden daher, neben 
den in der Qualität höher zu bewertenden Stücken 
für den Hof und für den lnlandsbedarf, rein zum 
Export verfertigte Waren, die von den westlichen 
Kaufleuten mitgebrachte Vorlagen entweder getreu 
kopierten oder mehr oder weniger frei umsetzten. 
Ching-te-chen liegt in der Provinz Kiangsi, und das 
Porzellan mußte zunächst nach dem Umschlagplatz 
und Sitz der europäischen Käufer in Kanton 
verfrachtet werden. Um die Stadt zu erreichen, 
boten sich zwei Transpartrnöglichkeiten an; 
Entweder direkt nach dem Süden über Nan-ch'ang, 
den Kan-Fluß und den Mei-ling-Paß, oder aber auf 
einem Umweg über den Yangtsekiang nach Norden 
bis Nanking, und von dort per Schiff entlang der 
Küste. In Kanton selbst hatte sich eine Vielzahl van 
kleineren Werkstätten darauf spezialisiert, 
undekorierte Parzellane gemäß den Vorstellungen 
und Anleitungen der westlichen Besteller zu 
bemalen. 
Wie diese „fremden Teufe - europäischen Frauen 
war übrigens der Aufenthalt in Kanton verboten - 
aus der Sicht der Chinesen wirkten, kann das 
Mittelfeld eines Tellers (Abb. 1) aus dem zweiten 
Viertel des 18. Jahrhunderts illustrieren, das 
Europäer in der Tracht des Louis XV. in einem 
chinesischen Haus wiedergibt. 
Die für das Abendland erzeugten Parzellane, 
überwiegend Tafelgeschirr, Vasen, Leuchter und 
Toilettegegenstdnde, übernahmen häufig die Form- 
gebung europäischer Fayencen, Gläser und 
Metallarbeiten, während für die Motive des Dekors 
Bilder, Stiche, Zeichnungen und Drucke die 
benötigten Unterlagen lieferten. Außer Blumen und 
Ornamenten in Art des Laub- und Bandelwerks 
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