3 Schloß Schönbarn, Schlaßmeierei, Blick in den
Rinderstall. Stich aus Sammelband. WienlStadt-
bibliothek
4 Johann Lucas von Hildebrandt, Entwurf von
1742 zur Umgestaltung von Johann Bernhard
Fischer von Erlachs Fassade des Palais Bat-
thvany-Schönborn in Wien 1, Renngasse. Berlin,
Staatliche Kunstbibliothek, Hdz. 4744
gehörten zu den niederösterreichischen Schön-
born-Besitzungen noch die alten Schlösser in
Göllersdorf und Ober-Parschenbrunn und bis
1716 das später zum Rathaus umgebaute Schlaß
in Stockerau. Möglich, daß Hildebrandt auch hie-
bei mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt war,
doch muß dies mangels näherer Nachrichten eine
unbewiesene Vermutung bleiben".
Läßt man die bereits von Grimschitz weitgehend
ausgewertete, hier nur ergänzte Durchforschung
des Schönborn-Briefwechsels, soweit er im Wie-
ner Archiv aufliegt, und die im Quellenwerk
zusammengetragenen Ergebnisse der deutschen
Schönborn-Archive beiseite, so liefert vor allem
der nur in wenigen Exemplaren bekannte Sam-
melband der „Gräflich Schänbarnschen Schlös-
ser Höuser Gärten und Kirchen" weiteres wich-
tiges Material".
Auch Grimschitz war die Existenz dieses Wer-
kes bekannt. Doch aus unerfindlichen Gründen
enthielt er sich einer eingehenden Auswertung,
wiewohl er gelegentlich bemerkt, daß der Sam-
melband „durchaus Werke Hildebrandts repro-
duziert". ln der Neuausgabe der großen Mono-
graphie wird sogar das Schönbarnsche Schloß
in Laxenburg abgebildet, die Regulierung durch
Hildebrandt jedoch lediglich in einer Anmer-
kung erwähnt".
Leider ist nicht zu ersehen, ob diese gebundene
Stichsammlung, die keine nähere Bezeichnung
oder Datierung trägt, vollständig ist, da die
Blätter nur mit Bleistift paginiert sind". Die 68
Blatt enthalten sowohl Risse als auch perspekti-
vische Ansichten. Davon fallen 16 auf den Gar-
tenpalast in Wien, auf Schloß Laxenburg vier,
Schloß Schönborn bei Göllersdorf 26 und Weier-
burg drei Blätter. Die Schlösser Porrau und
Leitzersbrunn sind nur mit je einer Ansicht ver-
treten. 17 Stiche zeigen weiters die Kirchen in
Stranzendorf, Aspersdorf, Weierburg und Göl-
lersdorf, die Loretokapelle mit Spital, die Ma-
riensäule und die Johann-Nepomuk-Kapelle. Auf-
fallend ist, daß der repräsentativste Landkirchen-
bau Hildebrandts, die Pfarrkirche in Göllers-
dorf, nur mit einem Riß des Turmhelmes vertre-
ten ist.
Während für nahezu alle Baurisse Hildebrandt-
sche Originalzeichnungen oder von diesem zu-
mindest mit eigener Hand beschriftete als Vor-
lagen für den Stecher - in einigen Fällen signiert
Johann Balthasar Gutwein aus Würzburg - be-
kannt sind, läßt sich die Urheberfrage bei den
perspektivischen Ansichten trotz unterschiedlicher
Qualität nicht so leicht beantworten. De:
wird man einen Großteil dem Werk Sal
Kleiners zuweisen können".
Kleiner zeichnete in den Jahren 1722721
Friedrich Carl Veduten der Göllersdorfer B
und Gärten und wurde daraufhin dem K
sten von Mainz empfohlen, der im Sinne
geplanten Gesamtpublikation aller Schön
schen Bauvorhaben bis 1726 formatgleichei
nungen seiner rheinisch-mainfränkischen B:
bauten anfertigen ließ". Dieses Gesamtwer
Schönbornschen Familienhäuser kam indes
zustande. Der österreichische Teil des Stic
kes, dessen Komplettierung mit Kleiners st
gern Wien-Aufenthalt seit 1727 wahrsche
wieder vorangetrieben wurde, kann frühe
1740 zusammengestellt worden sein. Ter
post quem ist der Umbaubeginn der durcl
Turmhelmriß repräsentierten Göllersc
Pfarrkirche als jüngstes bekanntes Werk.
Der Batthyany-Schönbornsche Stadtpalai
Wien, zu dessen von Hildebrandt im lr
1742 entworfenen Umbauplänen eine eige
dige Zeichnung der Fassade erhalten ist, die
graphischen Ausfertigung nach sicherlich fi
Stichreproduktian hergestellt wurde, ist im
melband jedenfalls nicht mehr vertreten"
4). Der Entwurf wurde nicht ausgeführt -
für eine Abbildung gewiß kein Hinderni
wesen wäre - und ist wohl vor allern als
spätete Revanche des Architekten zu sehei
richtet gegen seine ewigen Rivalen Fische
ter und -Sohn. Hildebrandts Abänderung:
der Palastfassade in der Renngasse sehe
dichteres Fugennetz vor, das jedoch im Hau
schoß den Risalit ausspart. Auch das POfll
ster wird seiner Bewegung beraubt und de
nachbarten Achsen höhenmäßig angegliche
Den ersten Schritt zu dem repräsentativen
werk unternahm Friedrich Carl Schönborl
reits 1712, als er Schloßbauten in Kupfer
ließ". Neben dem Wiener Gartenpalast ist
Nachricht in erster Linie auf das noch irr
stehende Schloß bei Göllerdorf zu beziehen
Die Diskrepanzen zwischen der Stichabbi
im Sammelband und der tatsächlichen An
rung des dortigen Schlosses, bei der die
erdigen Flügel des Vorhofes direkt an den
bau anstoßen, wohingegen bei den Ansi
Tore den Zusammenschluß herstellen, fE
zur Annahme einer späteren Baustufe der
lich abstehenden Trakte, die urkundlich
belegbar ist". Nun bringt der ausgeführte
Anmerkung 17
" Nachrichten zu dem 1755 abgebradienen Sdllaß in Obere
Parschenbrunn hat K. Keck zusammengeiragen, in: Heie
malkundlirhe Beilage lum Amlsblaft der Bezirkshauple
mannscha" Hollabrunn, V, 2B, vom 5. 2. 1970.- Zusammen
mir dem Rolen Haf in Graiendorf bei Slackerau, der
ebenfalls Schönbarn-Besilx war, hat J. M. Küdiel, fol. 777
- siehe später u. Änm. 26 - „auch das Asrhenhruner
Geböu und Garlen besehen" und „mii allen was in das
bau weßen einschlagel, in dießen Gebäuen genau durche
gangen". - Ebcl., F01, 277, beridüel Küthel über Göllers-
darf: „e -. der schöne Keller zu Göllersdorff, die guih
erbaule Kallern 1u admiriren, das alle schloß zu Göhlers-
dar" hal auf einen Iraclu einen speiger oder Tuch,
werck, welches einen Gewölb gleichel, warinnen alle
Spahrn des Tachwercks angezogen, und das ganrze Toche
Werk feuer frey eingerichtel, in diesem schlaß findet sich
eine freye Schnecken sliegen, welche vor ein Meisler
sluck passiren kann, auch eine, wa unlen an denen
rrmen en parieleve der Sleinhauer meist ausgehauen, mir
verschiedenen Gyrogliphischen Figuren, die auf die
arbeilh und lleiß sich accardiren, das ganfze schloß
Geböu elwas all, doch van gulen anliquen parlal. Der in
diesem orlh befindliche Eiß oder felllen Keller, mir dem
kostbar gebuulen Kaller-Hauß varlrefllich..." - Das
Slackerauer Schlaf), welches Friedrich Carl 171D zusammen
mil dem Göllersdarier Puchheim-Eesill erworben halle,
wurde lrolz gulen Bauxuslandes 1738-1740 von der Marki-
gemeinde umgebaut Vgl A. Slarzer, Geschichle der Skadl
Slackeruu, Siackerau 1911, S. 165 H. Für eine vorher-
gehende ersle Barackisierung, die dann WDlll nur wäh-
rend der Schönborn-Zei! erfalgl sein könnle, spricht der
Giebel des Millelrisalifs, der offenbar ersl für die 1738
hinzugekommene Figur der Jusliiia aufgewellf wurde. Daß
dieser ursprünglich daher ein Dreieck war, ist ein slorkes
Argumenl für Hildebrandi, dach laßv die Späler berei-
cherle Fassade ihren früheren Zusland und damil auch
ihren Archilekfen heute nichV mehr erkennen.
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