vorhanden seien, ging man leicht hinweg, man wollte eben überall eine
große Ausstellung haben. In dem vor Jahrzehnten scherzweis gemachten
Vorschlage, die internationalen Ausstellungen einem lmpresario anzuver-
trauen, der, wie sonst seine Operngesellschaften, so wden friedlichen Wett-
kampf derNationenu bald da bald dort vorzuflihren hätte, drückte sich bereits
die Erkenntniss aus, dass auf dem bisherigen Wege das Ausstellungswesen,
einen ähnlichen Entwicklungsgang nehmen müsse, wie dereinst die Messen
deren kirchlicher Ursprung frühzeitig in Vergessenheit gerieth, und von
denen, seitdem der Handelsverkehr andere Bahnen eingeschlagen, andere
Formen angenommen hat, in den meisten Fällen nur noch die Lustbar-
keiten höherer und niederer Art iibriggeblieben sind, die sich dereinst
die weithergekommenen Geschäftsleute nach gethaner Arbeit gern gefallen
ließen. Die Unternehmer von lndustrieausstellungen wieder sahen früh-
zeitig ein, dass diese nach so kurzen Fristen nicht die Besuchermengen,
die für den moralischen wie für den finanziellen Erfolg nöthig
erschienen, herbeilocken würden, wenn sie auf ihr eigentliches Gebiet
beschränkt blieben. Denn das Publicum, das in irgendeinem Zweige der
Industrie fachrnännisches Urtheil besitzt, und im Geschäftsinteresse alle
vier bis fünf Jahre eine weite Reise unternimmt und den kostspieligen
Aufenthalt in einer großen Stadt bestreitet, ist dafür nicht groß genug;
und die Liebhaber (um unter diesem Ausdrucke alle nicht sachverständigen
Ausstellungsfahrer zusammenzufassen) verlangen neue, ungewöhnliche
Reizmittel. Darum wurde zunächst auf Nachbargebiete gegriffen, die hohe
Kunst, die Ethnographie, die Archaeologie u. a. m. herangezogen, man
versuchte Culturhewegungen und wirthschaftliche Processe zur Anschau-
ung zu bringen. Mancher wird sich noch des originellen nPavillons des
Welthandels" mit seinen Schitfahrtskarten und KaEeesäcken und ähnlicher
Veranstaltungen auf der Wiener Ausstellung von 1873 erinnern. Doch
mit alledem wiederholte sich nur zu oft die Geschichte vom Brunnen-
graben der Lalenburger: alle neuen Zuthaten kosteten neue Summen, und
um sie aufzubringen, mussten noch neuere Unterhaltungen ersonnen
werden, bis man nothgedrungen bei dem anlangte, was ein Berichterstatter
aus Antwerpen so passend rKirmesswundera nennt; Kirmess, die nieder-
deutsche Form von Kirchweih, heissen in den Niederlanden die Volksfeste,
die mit ihren Schaubuden, Gauklern, fliegenden Kneipen u. s. w. den letzten
Rest der Kirchweihfeste und Jahrmärkte darstellen. Wir würden Wurstel-
prater sagen. Das sind die Ausstellungspartien, die selten über Mangel an
Besuch zu klagen haben.
Noch früher und in aller Stille war ein Punkt des anfänglichen
Programmes gestrichen worden. 185i glaubte man, die Völker würden
sich von da an einzig noch auf Ausstellungsfeldern messen, Schlachtfelder
etwas tiberwundenes werden." Allein während der ersten Pariser Ausstel-
lung schon donnerten die Kanonen um den MalakoH, und kriegerische
Ereignisse verzögerten die zweiten Ausstellungen in London und Paris.