figuren (Abb. 1, 579) stehen die sogenannten
„Callot-Zwerge" der Wiener Porzellanmanufok-
tur Augarten (Abb. 3) mit jenen der alten Wie-
ner Porzellanmanufaktur (Abb. 2) in einem direk-
ten Zusammenhang.
Als die Manufaktur Augorten 1923 gegründet
wurde, war eine ihrer wichtigsten Zielsetzungen
die Wiederaufnahme und Fortführung der-Tra-
dition der „k. k. Aerarial-Manufoktur". Man ver-
stand darunter die Wiederverwendung alter Mo-
delle, Formen und Dekore. Zahlreiche figurole
Modelle, darunter vor allem die „Catlot-Zwerge"
und viele Wiener Kaufrufe, wurden von der
Manufaktur Augarten meist noch Alt-Wiener
Vorbildern aus der Porzellansammlung des
Österreichischen Museums für angewandte Kunst
kopiert.
Es ist in einigen Füllen möglich, die Originale
der Wiener Manufaktur und die Kopien von
Augarten einander gegenüberzustellen (Abb. 2,
3). Nicht nur die Form, sondern auch die Far-
bigkeit wurde übernommen, soweit dies möglich
war. Bekanntlich unterliegen Porzellonfarben im
Brand gewissen Veränderungen, so daß das
exakte Kopieren einer bestimmten farbigen
Nuance nahezu unmöglich ist.
Besonders bemerkenswert sind diese Augarten-
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Figuren in unserem Zusammenhang, da sie nicht
nur auf die Alt-Wiener Modelle zurückgreifen,
sondern auch eine Marke tragen, die sich von
der heute bekannten Augarten-Marke (Binden-
schild mit Krone und Beischrift Wien oder Au-
garten) deutlich unterscheidet: ein eingepreßter
Bindenschild, darüber ein W mit Punkt (I Wien],
die eingepreßte Modellnummer (ab 100 bzw. ab
1000 für die Zwergenfiguren) und die übergla-
surbloue Bezeichnung: „Erster Brand 20 Vlll
1923" (Abb. 4]. Es wurde bereits darauf ver-
wiesen, daß der Porzellansammler nicht nur
durch Fälschungen, sondern auch durch Verfäl-
schungen getäuscht werden kann. Dies geschah
sehr oft dadurch, daß skrupellose Verfälscher
die ursprüngliche Marke der Porzellanmanufak-
tur entweder entfernten oder veränderten und
den Bindenschild zusätzlich anbrachten oder eine
dem Bindenschild ähnliche Marke von charakte-
ristischen Zutaten „befreiten", um Hinweise auf
die Manufaktur, die das Porzellan hergestellt
hatte, zu verwischen.
Dies wurde bei Tausenden Porzellonen des spü-
ten 19. und frühen 20. Jahrhunderts so gehand-
habt: Marken wurden mit einem Goldfleck über-
deckt, unliebsame Zeichen abgeschliffen, der Bin-
denschild zusätzlich angebracht.
11
10 Jagdgruppe nach einem Modell van Oudry, 18.
Jahrhundert, Sevres, Biskuitparzellan. Manufac-
ture Nationale de Sevres
11 Jagdgruppe nach dem Modell Abb. 10. Glasier-
tes Porzellan, vermutlich 2. Hälfte 19. Jahrhun-
dert. Bez.: unterglcisurblauer, imitierter Binden-
schild, Firmenmarke von Samson, vgl. Abb, 12.
Oberösterreichisches Jagdmuseum, Schlaf} Ho-
henbrunn
12 Unterseite der Gruppe Abb. 11
13 Detail der Gruppe Abb. 11;
Jägers
linker Fuß des
Die Gefahr späterer Verfälschung besteht auch
bei den Augarten-Collot-Figuren, da bereits ein
Fall bekannt wurde, wa eine solche Augarten-
Figur von allen „überflüssigen" Zeichen befreit
wurde, um als alte Wiener Figur ausgegeben
zu werden. Nur mehr die ausgeschliffenen Stel-
len bilden dann Verdachtsmomente, denn alles
andere - Modellierung, Farbigkeit usw. w stimmt
(a mit den Vergleichsbeispielen des Österreichi-
schen Museums überein. Manchmal vergißt der
Verfölscher jedoch wesentliche Zeichen. Für die
frühen Augarten-Figuren sind das W und die
Madellnummer (Abb. 4) ebenso charakteristisch
wie für alte Wiener Porzellane des 18. Jahrhun-
derts uncharakteristisch.
Ein sehr schönes Beispiel falscher Zuschreibung
durch eine nicht authentische Marke stellt eine
Jagdgruppe aus weiß glasiertem, unbemaltem
Porzellan dar (Abb. 11-13).
Die Unterseite dieser Gruppe (Abb. 12) zeigt
zwei unterglasurblaue Marken: den Bindenschild
und ein Zeichen, das aus zwei einander kreu-
zenden spiegelgleichen S besteht. Seit dem Be-
ginn des 20. Jahrhunderts ist die letztgenannte
Marke als Zeichen von Samson in Paris bekannt.
„Samson, the imitator" - diese Charakterisie-
rung trifft auf eine Pariser Firma zu, die seit der