Beinahe ebenso reich wie die Ausstattung mit Ta-
felbildern war der Bestand an barocker Plastik
in der Frauenkirche. Zwar waren die Altäre nicht
von Figuralplastik gerahmt und wiesen nur ver-
einzelt plastische Gnodenbilder auf, aber der
Bennobogen, die Grabmäler, Portale und Kanzel
boten reichlich Raum für die Entfaltung auch der
barocken Plastik, Der Bennobogen, der selbst ein
architektonisch-plastisches Monument war, ent-
hielt eine Kreuzigungsgruppe, zehn überlebens-
große Heiligenfiguren, und „trompetende Engel
standen an allen Ecken umher"". Der Figuren-
schmuck war aber zum größten Teil als Stuck-
plastik angelegt und wurde 1858 zerstört. Aus
der Frühzeit des 17. Jahrhunderts ist eine Reihe
von Bronzegrabmölern erhalten. Deren größtes,
das Koisergrab von 1622, Teile des Burckhardt-
und des Priesterbruderschaftsepitophs, die alle
Hanns Krumpper zugeschrieben werden können,
sind noch in der Frauenkirche verblieben. In
Freising ausgestellt sind Teile des Burckhardt-
und des Frey-Epitaphs, ebenfalls von Krumpper.
Aus derselben Zeit stammt eine geschnitzte Tür-
füllung mit der Darstellung des Marientodes".
Ganz skulptural ausgestattet war in der barocken
Frauenkirche nur die Sebostianskapelle an der
Nordseite. Aus ihr hat nur die Figur des Titelhei-
ligen van Andreas Faistenberger überlebt",
heute in der Kirche über dem Bennopartal. Große
plastische Akzente in der Frauenkirche setzte die
Renovierung von 1770-1779. Sie entfernte die
gotischen Glasgemölde und brachte die große
vergoldete Kanzel von Roman Anton Boos in das
Mittelschiff. Reliefs von ihrem Korpus und die
überlebensgroße lmmakulatafigur der Bekrönung
sind noch erholten".
Den größten Anteil an der plastischen Ausgestal-
tung der Frauenkirche im Übergangsstil vom
Rokoka zum Klassizismus hatte der Bildhauer
lgnaz Günther. Er überarbeitete 1774175 das
Chorgestühl Erasmus Grassers, das weißgolden
gefoßt und durch Reliefs bereichert wurde. Zwölf
seiner Reliefs, die 1858 wieder abgenommen wur-
den, sind in der Frauenkirche noch erhalten".
Im Zuge dieser Restaurierung wurden auch fünf
neue Portale angeschafft, die lgnaz Günther in
Zusammenarbeit mit fünf Schlossern, Schreinern
und einem Maler 1772 lieferte. Ihre Entstehungs-
geschichte, die durch Archivalien im Diözesan-
archiv gut belegt ist, hat H. P. Pabst dargestellt".
Sie wurden durch Sprengbomben 1944l45 zerris-
sen und 195341958 unter Verwendung der erhal-
tenen Reliefteile vereinfacht rekonstruiert. Die
Engelshermen des westlichen Marienportols gal-
ten als zerstört. 1975 konnten aber noch 20 Frag-
mente von ihnen gefunden werden; Hände, Arme,
6
11
9 Johann Ulrich Lath, HI. Margarethe, 1632. Aus-
schnitt aus dem Altarbild der Georgs- und Mar-
arethenkapelle
Tohann Ulrich Loth, HI, Georg, 1630. Ausschnitt
aus dem Altarbild der Kapelle der Hofbruder-
schaft St. Georg
11 Jocapo Amigoni, Bethlehemitischer Kindermord,
Öl auf Leinwand, 60x150 cm, von der Predello
des Blasiusaltars
12 Joachim Sondrart, HI. Cäcilie, Ausschnitt aus der
Predella des Mandlschen Altars
13 Joachim Sandrart, Ausschnitt aus HI. Johann
Baptist und hl. Cücilia, mit Schrannenplotz und
Frauenkirche. O1 auf Leinwand, arig.101 x242 cm.
Predello des Mandlschen Altars _
14 Peter Candid, Gattvater, 1620. O1 auf Holz,
316 x320 cm. Oberbild des Hochaltars
15 Kaspar Amort, Christus erscheint den Aposteln.
Öl auf Leinwand, 109 x 173. Predello des Altars
Mariae Rosen
16 lgnaz Günther, Engelskopt vom Westportal,
1772 Eichenholz. 1944 abgesprengt. Höhe des
Fragments 30 cm
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Anmerkungen 25-32
"Mayer, a. a. O, S. 131.
7' An ihrer Steile befindet sich heute in der Frauenkirche
eine lackierte Blechlüre.
1' Mayer, a a. 0., s. 255.
1' Die Figur scit 1896 als Leihgabe im Bayerischen Natio-
nolmuseum, ein Relief ebendort ais Erwerbung aus dem
Kunsthandel,
1' Chorhauptkapelle, drei in Privatbesitz, eines im Bayeri-
schen Nationalmuseum, vgl. Arno Schoenberger, lgnaz
Günther, München 1954, S. B5 f.
1" Hans Peter Pabst, Die Portale der Münchner Frauenkirche
von lgnal Günther, tn: Beitrage zur altbayerischen Kir-
chengesztiizhte, 8d. Z9, München 1975.
"Juristisch bleiben alle Werke Eigentum der Metropolitan-
kirchonstiftung u. L. Frau zu Munriieri. Sie sind dein Mu-
seum, das iur iiire Restaurierung und Identifizierung Sorge
trug, ais Leihgaben überlassen. sie stehen deShClll: im
eine Wiederverwendung in der Frauenkirche zur verin-
Sang. Diese Rückkehr der Werke an ihren UFSpFÜXtQllClIED
estimrnungsort setzt aber eine - denkmalpflegerisch sehr
erstrebenswerte - Neukanzeption des ganzen Kirchen-
raums voraus.
" Das Münster, Heft 2, 1977; S. Benker, P. Steiner, Bild-
werke der Münzhener Frauenkirche, Diözesonmuseum
Freising, Bildhett 2, München 1976.