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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 150)

Heiliger Bischof. Marmor, Höhe 109 cm. Salz- 
burg, Salzburger Museum Carolino Augusteum 
Madonna auf dem Löwen. Holz, Höhe 48 crn. 
Berlin, Staatliche Museen 
und es lehrt dies der Vergleich mit den HI. Petrus 
und Paulus aus Berchtesgaden (Kot-Nr. 32, 33) 
trotzderetwas befangenen Statuarikdieserknapp 
ein Meter hohen Heiligenfiguren. Ihre an den 
Löwenmadonnen zu orientierende zeitliche Ein- 
ordnung um 1370 bis 1380 könnte aufgrund stili- 
stischer Parallelen auch die im späten 14. Jahr- 
hundert vermutete Entstehung der Johannesschüs- 
sel des Freisinger Diözesanmuseums (Kot-Nr. 34) 
bestätigen. 
Ihnen gegenüber erscheint die Schöne Madonna, 
beispielsweise die genannte aus Altenmarkt, einer 
anderen Formenwelt entwachsen. Jedes Detail 
kann als das ieweils Gegensätzliche beschrieben 
werden, und gar die Diskrepanz ihrer Aussage: 
Dem Magischen ist der Reiz der intimen Lieblich- 
keit entgegengetreten, vorgetragen mit einer 
höchst verfeinerten Sinnlichkeit, deren Ausstrah- 
lung die emotionale ldentität zwischen Bild und 
Betrachter herstellt. Gerne wüßte man, was an 
theologischer Auseinandersetzung Bildformen 
solchen Widerspruchs veranlaßte. Jedenfalls 
wurde in der Folge keine Anstrengung gescheut, 
solcherart aufgebrochene Gegensätze wieder 
auszugleichen. Ausgehend von den ieweiligen 
Ursprüngen näherten sich die diskrepierenden 
Farmelemente des Typus der Löwenmadonna und 
der Schönen Madonna einander an, sie wurden 
verflochten und ineinander verschliffen, bis ihre 
Herkunft im einzelnen kaum mehr auszumachen 
ist. Diese breit belegte Entwicklung gibt die Mög- 
lichkeit, das Charakteristische der Salzburger 
Skulptur wohl von den ersten Jahren des 15. Jahr- 
hunderts an als das Moment der Kompilation zu 
bestimmen (vgl. Kat.-Nr. 14, 15, 48, 50, 51, 121, 
123). Dabei sei insbesondere der Vergleich einer 
Madonna des Salzburger Museums (Kat.-Nr. 15) 
mit der vielleicht gleichzeitig, kurz nach 1400 ent- 
standenen Colli-Madonna des Liebieghauses 
(Kot-Nr. 45) zur Verdeutlichung des beschriebe- 
nen Stilphänornens nahegelegt. 
Die Madonnen in Karlsruhe (Kot-Nr. 51), ferner 
die während des Krieges in Darmstadt verbrann- 
te aus Hallein (Kot-Nr. 121) und die des Bayeri- 
schen Nationalmuseums (KaL-Nr. 123) kennzeich- 
nen eher das Ende der Entfaltung dieser Salz- 
burger Formeigenart, als daß in ihnen die Keime 
der künftigen Entwicklung angelegt wären. Sie 
können als Belege einer Stilkontinuitöt nicht glei- 
chermaßen in Anspruch genommen werden wie 
die Werke des „Meister von Seeon", die den 
Übergang vorn späten Weichen Stil zur soge- 
nannten „Dunklen Zeit" tatsächlich vollziehen 
(vgl. Dieter Großmann, Der Meister von Seeon. 
In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 
XlX,1974, S. 85 ff). Auch einzelne Züge der Schö- 
nen Madanna in den Figuren der Müllner Pfarr- 
kirche (Kot-Nr. 136, Abb. 6) und des Düsseldor- 
fer Museums (Kot.-Nr. 224, Abb. 7), bewunderns- 
wert frei und qualitätsvoll fortentwickelt, scheinen 
eher einen Neubeginn zu kennzeichnen. Sie sind 
ein besonderer, vielleicht der eigentliche Salzbur- 
ger Zweig innerhalb der nun aufs neue aufbre- 
chenden Stilheterogenität zweier Generationen, 
wenn weitere Werke dieser Stilphase und dieser 
Qualität auch nicht überliefert oder bisher be- 
kannt geworden sind. 
Die zum Teil schematischen Variationen von Figu- 
rentypen und Faltenmotiven, für deren Ursprung 
nach so verschieden gearteten Künstlern wie 
Jakob Kaschauer oder Hans Multscher, nach 
graphischen Vorlagen oder solchen der nieder- 
ländischen Malerei gefragt werden könnte, sind 
Elemente des weiten Spektrums der Salzburger 
Produktion von den Jahren um 1440 an bis zur 
Jahrhundertwende. Dabei ist ein denkbarer Ein- 
fluß Nicolaus Gerhaerts im letzten Drittel des 
Jahrhunderts bemerkenswerterweise kaum, bei- 
nahe gar nicht zu spüren. Es sind die Jahre der 
4 Madonna mit Kind. Kalksandstein, Höhe 159 cm. 
lrrsdorf, Filialkirche _ 
5 Torso einer Madonna mit Kind. Holz, Höhe 71 
cm. (Restauriert und ergänzt; Madonna: Kopf, 
linker Unterarm, rechter Arm. - Kind: Kopf und 
linke Hand.) Salzburg, Kloster der Ursulmen 
6 Madonna mit Kind. Lindenholz, Höhe 107 cm. 
Privatbesitz 
7 Weibliche Heilige. Lindenholz, Höhe 96 cm. Düs- 
seldorf, Kunstmuseum 
8 Madonna mit Kind. Lindenholz, Höhe 101 crn. 
Stuttgart, Württembergisches Landesmuseum 
9 Madonna mit Kind. Holz, Höhe 119 cm. Scheffaul 
Tirol, Pfarrkirche
	        
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