Heiliger Bischof. Marmor, Höhe 109 cm. Salz-
burg, Salzburger Museum Carolino Augusteum
Madonna auf dem Löwen. Holz, Höhe 48 crn.
Berlin, Staatliche Museen
und es lehrt dies der Vergleich mit den HI. Petrus
und Paulus aus Berchtesgaden (Kot-Nr. 32, 33)
trotzderetwas befangenen Statuarikdieserknapp
ein Meter hohen Heiligenfiguren. Ihre an den
Löwenmadonnen zu orientierende zeitliche Ein-
ordnung um 1370 bis 1380 könnte aufgrund stili-
stischer Parallelen auch die im späten 14. Jahr-
hundert vermutete Entstehung der Johannesschüs-
sel des Freisinger Diözesanmuseums (Kot-Nr. 34)
bestätigen.
Ihnen gegenüber erscheint die Schöne Madonna,
beispielsweise die genannte aus Altenmarkt, einer
anderen Formenwelt entwachsen. Jedes Detail
kann als das ieweils Gegensätzliche beschrieben
werden, und gar die Diskrepanz ihrer Aussage:
Dem Magischen ist der Reiz der intimen Lieblich-
keit entgegengetreten, vorgetragen mit einer
höchst verfeinerten Sinnlichkeit, deren Ausstrah-
lung die emotionale ldentität zwischen Bild und
Betrachter herstellt. Gerne wüßte man, was an
theologischer Auseinandersetzung Bildformen
solchen Widerspruchs veranlaßte. Jedenfalls
wurde in der Folge keine Anstrengung gescheut,
solcherart aufgebrochene Gegensätze wieder
auszugleichen. Ausgehend von den ieweiligen
Ursprüngen näherten sich die diskrepierenden
Farmelemente des Typus der Löwenmadonna und
der Schönen Madonna einander an, sie wurden
verflochten und ineinander verschliffen, bis ihre
Herkunft im einzelnen kaum mehr auszumachen
ist. Diese breit belegte Entwicklung gibt die Mög-
lichkeit, das Charakteristische der Salzburger
Skulptur wohl von den ersten Jahren des 15. Jahr-
hunderts an als das Moment der Kompilation zu
bestimmen (vgl. Kat.-Nr. 14, 15, 48, 50, 51, 121,
123). Dabei sei insbesondere der Vergleich einer
Madonna des Salzburger Museums (Kat.-Nr. 15)
mit der vielleicht gleichzeitig, kurz nach 1400 ent-
standenen Colli-Madonna des Liebieghauses
(Kot-Nr. 45) zur Verdeutlichung des beschriebe-
nen Stilphänornens nahegelegt.
Die Madonnen in Karlsruhe (Kot-Nr. 51), ferner
die während des Krieges in Darmstadt verbrann-
te aus Hallein (Kot-Nr. 121) und die des Bayeri-
schen Nationalmuseums (KaL-Nr. 123) kennzeich-
nen eher das Ende der Entfaltung dieser Salz-
burger Formeigenart, als daß in ihnen die Keime
der künftigen Entwicklung angelegt wären. Sie
können als Belege einer Stilkontinuitöt nicht glei-
chermaßen in Anspruch genommen werden wie
die Werke des „Meister von Seeon", die den
Übergang vorn späten Weichen Stil zur soge-
nannten „Dunklen Zeit" tatsächlich vollziehen
(vgl. Dieter Großmann, Der Meister von Seeon.
In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft
XlX,1974, S. 85 ff). Auch einzelne Züge der Schö-
nen Madanna in den Figuren der Müllner Pfarr-
kirche (Kot-Nr. 136, Abb. 6) und des Düsseldor-
fer Museums (Kot.-Nr. 224, Abb. 7), bewunderns-
wert frei und qualitätsvoll fortentwickelt, scheinen
eher einen Neubeginn zu kennzeichnen. Sie sind
ein besonderer, vielleicht der eigentliche Salzbur-
ger Zweig innerhalb der nun aufs neue aufbre-
chenden Stilheterogenität zweier Generationen,
wenn weitere Werke dieser Stilphase und dieser
Qualität auch nicht überliefert oder bisher be-
kannt geworden sind.
Die zum Teil schematischen Variationen von Figu-
rentypen und Faltenmotiven, für deren Ursprung
nach so verschieden gearteten Künstlern wie
Jakob Kaschauer oder Hans Multscher, nach
graphischen Vorlagen oder solchen der nieder-
ländischen Malerei gefragt werden könnte, sind
Elemente des weiten Spektrums der Salzburger
Produktion von den Jahren um 1440 an bis zur
Jahrhundertwende. Dabei ist ein denkbarer Ein-
fluß Nicolaus Gerhaerts im letzten Drittel des
Jahrhunderts bemerkenswerterweise kaum, bei-
nahe gar nicht zu spüren. Es sind die Jahre der
4 Madonna mit Kind. Kalksandstein, Höhe 159 cm.
lrrsdorf, Filialkirche _
5 Torso einer Madonna mit Kind. Holz, Höhe 71
cm. (Restauriert und ergänzt; Madonna: Kopf,
linker Unterarm, rechter Arm. - Kind: Kopf und
linke Hand.) Salzburg, Kloster der Ursulmen
6 Madonna mit Kind. Lindenholz, Höhe 107 cm.
Privatbesitz
7 Weibliche Heilige. Lindenholz, Höhe 96 cm. Düs-
seldorf, Kunstmuseum
8 Madonna mit Kind. Lindenholz, Höhe 101 crn.
Stuttgart, Württembergisches Landesmuseum
9 Madonna mit Kind. Holz, Höhe 119 cm. Scheffaul
Tirol, Pfarrkirche