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26 hinter Guckkästen mit optischen Linsen auf-
gestellt waren. Die Gemälde mit Landschaften
aus allen Erdteilen kannte man sitzend und mit
einem Tuch bedeckt von dem oben erwähnten
Gang betrachten. In der Mitte der Rotunde be-
fand sich das Rundbild von SaIzburgÄ
1875 beschloß der Gemeinderat Hubert Sattler
zum Dank für die großzügige Schenkung und die
mit großem persönlichem Einsatz vollführte Re-
stauration des Rundpanaramas seines Vaters,
die Parallelstraße zur Franz-Josephs-Straße nach
ihm zu benennen'.
Im Jahre 1897 ehrte ihn die Stadt Salzburg noch
einmal, indem sie ihm zum 80. Geburtstag das
Ehrenbürgerrecht verlieh.
Sattlers Frau starb bereits 1900; sein erster Sohn,
Hubert, wurde Professor für Augenheilkunde in
Leipzig. Sein zweiter Sohn, Anton, zeigte wie
sein Vater ebenfalls großes zeichnerisches Ta-
Ient, er wurde jedoch von der Familie in dieser
Hinsicht nicht unterstützt, so daß mit dem Tode
Hubert Sattlers am 3. April 1904 die „Künstler"-
familie ein Ende fandÜ
Die künstlerische Bedeutung Hubert Sattlers zu
seiner Zeit Iäßt sich an Zeitungsberichten ab-
lesen; 184i erschien in der Wiener Theaterzei-
tung eine Notiz; „... Herr Satler hat sich die
Aufgabe gestellt, dieses Geistige der Natur poe-
tisch aufzufassen und mit dem Farbenzauber auf
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dem Bilde festzuhalten. Er hat nach dem Beispiel
eines echten Landschaftsmalers die Natur nicht
nur in der Bildergalerie, sondern in dem großen
Wundersaale der Schöpfung studiert, daher in
allen Einzelheiten der Beleuchtung, Luftperspek-
tive, Farbenhaltung und nicht eine verrenkte Ma-
nier, sondern eine daguerrotypieähnliche Wahr-
heit anzutreffen istm".
1875 schreibt die Salzburger Zeitung; „... Von
den Cosmoramen, welche die gegenwärtig erste
Serie zur Anschauung bringt, können wir nur das
Eine sagen, daß sie mehr oder weniger sämtliche
gleich vorzüglich, gleich sehenswert sind"?
Zwar anerkennend, aber durch die Wandlung
des Jahrhunderts und der Technik nüchtern ge-
worden, die Historie einbeziehend, blickt H. Wid-
mann auf die Bilder Sattlers: „... Trotz aller
Richtigkeit der Zeichnung und Perspektive lassen
sie uns kalt . . . Seine Architekturbilder sind pein-
lichst genaue Abschriften der Wirklichkeit, woran
auch kein Titelchen fehlen darf. Sie zeigen uns
alles Detail, das selbst dem kräftigsten Auge sich
verbirgt. infolgedessen fehlt den Bildern das,
was wir Stimmung nennen . . ."".
Diese Anschauungsbeispiele zeigen, daß Hubert
Sattler weder vollends in die Stimmungsroman-
tik und in den beschaulichen Spätklassizismus
einzuordnen oder gar in einer panoramaartigen
Vedutenmalerei, im Sinne trockener Topogra-
phie, gänzlich aufzulösen ist. Zwei kam
Wirkungselemente machen die Einheit ii
Vielheit Sattlerscher Kosmoramen aus: SUbil
Empfindung und obiekte Abschilderung.
Fotografische Oberflöchenbehandlung x
von Klassizisten und Idealisten geschätzt.
Fotografieöhnlichkeit von Realisten, Naturc
und Impressianisten abgelehnt. Vom Ideal
übernahm Hubert Sattler den Gegenstanr
bau, das heißt Naturtreue bei Weglassei
Kompositionshindernissen; vom Formaten f
er teilweise der Vernunftsdoktrin des Kla
mus verpflichtet, obwohl er diese mit sugge
Farbstimmung überschreitet, ohne aber dt
mantischen Diktion des Farbauftrages Fol-
Ieisten. In die „wissenschaftliche Sachlic'
mischt sich ein zaghaftes Stimmungsmc
das aus der Natur selbst zu kommen s
und hier fotografisch verbleibt, ohne vom
Besitz zu ergreifen. Stimmung bleibt G
stand, ohne die malerischen Darstellungs
selbst als Gefühlsträger zu beeinflussen.
schlaggebend waren dafür auch die A:
lungstechnik (Guckkastenl und das davoi
hängige Kunstwollen Sattlers.
Nicht nur stilistisch nimmt er Rücksicht Ol
Präsentationsart, auch die Motivwahl ist a
abgestimmt. Im Zeitalter der „Sehenswürd
ten" kann vieles als sehenswert geboten w:
Naturschönheiten (Schluchten, Wasserfälle
birge, Seestückel, Menschenwerk (Städte, a:
logische Stätten), auch Genreszenen aus f
Ländern, im Sinne des „Exotismus".
In Sattlers Kosmaramen wechselt die topog
sche Genauigkeit mit dem Malerische:
scheint, als würde sich die „Sehenswürdit
aus dem Streben nach Bildungsgut ergebe
„Sensatian" aber als eine rationalisierte Vi
te des romantischen „Schauerns" aufzul
sein. Sehenswürdigkeiten sind also eher
graphisch aufgenommen (Abb.: Memnon-l
se), Exotisches,Sensationelles wird malerisc
gelöst (Abb.: Sturm auf der Nordsee).
Unrichtig wäre es, Sattlers Kosmoramen z
ner „Abschilderung" abzuwerten. Er war
wohl lockerer Pinselführung fähig, aber di
dem Klassizismus stammende Präzision ents
seinem Kunstwollen und der Tatsache, da
seine Darstellungsgenauigkeit unter dem f
scop zu plastischer Wirkung steigerte".
Beispiele malerisch hochwertiger Mame
nahmen sind z. B. „Distant view of the
Mountains" und „Das westliche Theben"
Sattler selbst bezeichnet). In beiden Aqua
erfaßte er in zarten Tönnen das Kennzeichi
der Atmosphäre: einmal klare Weite, e
drückende Hitze. Ein interessanter Aspek
Kunst Hubert Sattlers ergibt sich beim Betrr
einiger seiner Stadtpanaramen wie z. B. t
Anhand dieser Bilder Iäßt sich beweisen, d
nach Fotografien zu arbeiten gewohnt wa
Ausschnitte sind so verzerrt, daß Aufnahmi
Weitwinkelabiektiv anzunehmen sind, die
bald nach der Erfindung der Daguerrei
konstruiert wurden".
Hubert Sattlers Kosmoramen koppelten de
dermeierlichen Stimmungsrealismus mit
spätklassizistischen Bildtypus der Genres:
Sie waren Abbilder, die nicht als selbstä
Bildwerke gelten sollten. Der Blick des Be
ters hatte sich nicht in der Leinwandstrukt
Pinselstrich, in der Pinselführung oder den
tönen zu fangen. Das Kosmorama war
zum Zweck der Illusion. Entscheidend dafi
ren Perspektiven, Größenverhältnisse und
Dunkel-Effekte. Verzerrungen mit extremel
spektiven und Fluchtpunkten haben ihre Urs
in der Verwendung von optischen Linse