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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 152)

Anmerkung 3 (s. Text S. 9) 
"Literatur zur Geschichte der Mitra in der Reihenfolge 
ihrer Entstehung. Wenn ein Autor mehrmals vorkommt, 
sind seine Arbeiten hintereinander auf eführt: 
Fr. Bock, Geschichte der liturgischen ewänder des Mil- 
telalters, Bd, 1-3, Bonn 1359 f., bes. 2 5'. 148 f. 
F. Jas. Braun vgl. Anm. 1. 
Eduard Eichmann, Die Mitra des abendländischen Kaisers, 
Festschrift f. Seb. Merkle, Düsseldorf 1922, B3. 
Ders. Von der Kaisergawandung im Ma., Hist. Jb. au, 
1938, 268. 
Derzs. Die Kaiserkrönung im Abendland u, Würzburg 
194 . 
1.391235. Weihe und Krönung des Papstes im Ma. München 
Josef Weingartner, Das kirchl. Kunstgewerbe der Neu- 
zeit, Innsbruck 1927, bes. 5. 7 f. 
Reallexikon zur deutsdien Kunstgeschichte 1937 f. Auri- 
frisium l, 1280. Brettchenweberei ll, 1137. Borte ll, 1049. 
Dreger 1904, Anm. 1. Otto von Falke, Kunstgesch. d. 
Seidenweberei 1, ll, Bln. 1913. Rohault de Fleury, 1.0 
Messe, V01. Vlll, l, DCL 1V f. A. G. I. Christie, English 
Medieval Embraidery, Oxford 193a. 
Th. Klauser, Der Ursprung der bischöflichen lnsignien 
und Ehrenredite, Banner akad. Reden 1940. 
Carlo Cecchelli, La vita di Rama nel Medioevo, Val. 
1. l.e Ärti minori e il Costume, Rom 1951lZ. 
Josef Deär, Der Kaiserornat Friedrichs ll., Bern 1952. 
Robert Böckler, Das Erhardbild im Ulakodex, Studies for 
Belle da Costa Green, Princeton 1954, 219. 
Percy Ernst Schramm, Herrschaftszeichen 
Symbolik, Stuttgart l 1954, 51, ll bes. S. 5110 f. 
Ders. Kaiser Friedrichs ll. Herrsrhaflszeichen, Göttingen, 
1Ä9u5s5stellungskatalog, Sakrale Gewänder des Mittelalters, 
Sigrid Müller-Christensen, Th. Müller, E. Steingräber, 
München BNM 1955. 
Dazu Besprechung: Probleme der ma. Textilforschung, 
Sigrid Müller-Christensen, Das Grab des Papstes Clemens 
Kunstchronik B, 1955, 305. 
ll. im Dom zu Bamberg, München 1960. 
R. Lesa e, Linges et vötements liturgiques, Paris 1954. 
lJers. biets et habits liturgiques, Paris1958. Übersetzung 
lfl: Der Christ in der Welt, IX. Reihe, Die Liturgie der 
Kirche, 7. Bd., Aschaffenburg 1959, ed. Joh. Hirschmann. 
Pierre Salmen, Mitra und Stab, Die Pontifikalinsignien 
im römischen Ritus, Mainz 1960. 
Dora Heinz, Die Mitra von Arnoldstein, 900 Jahre Villadi, 
Neue Beiträge zur Stadtgeschichte, Villadt 1960. 
gies. Textilien, Ausstellungskatalag Gatik, Krems 1967, 
43. 
P. E. Schramm und Florentine Mütherich, Denkmale der 
deutschen Könige und Kaiser, 768-1250, München 1962. 
M. Schütte und s. Müller-Christensen, Stickereiwerk, Tü- 
bingen 1963. 
Heinrich Schmidt, Alte Seidenstoffe, Braunschweig 195a. 
Ausstellungskatalog, EI arte rornanico, Barcelona 1961. 
Ausstellungskatalog, Les lresors des eglises de France, 
Paris 1965. 
{sägt Taralon, Les tresors des eglises de France, Paris 
Leonie von Wilckens, Textilien, Ausstellungskatalog 
Bayern, Kunst und Kultur, München 1972, 191. 
Franz Wagner, Serdenstickerei, Ausstellungskatalog Spät- 
gotik in Salzburg, Malerei, 1972. 
10 
und Staats- 
Dagegen steht das Gebot des Paulus, 1. 
Konrintherbrief 11.4+7: „Omnis vir orans aut 
prophetans velato capite, deturpat caput suum . . . 
Vir quidem non debet velare caput suum, 
quoniam imaga et gloria Dei est." Auch heute 
wird die Mitra beim Gebet abgelegt. 
Dazu fand eine ständige Wechselwirkung zwi- 
schen weltlicher und geistlicher Kleidung und 
Kopfbedeckung statt. 
Dabei sind meist die weltlichen lnsignien und 
Hoheitszeichen für die geistlichen vorbildlich. 
Für die frühchristliche Zeit hat Klauser gezeigt, 
daß die christlichen Bischöfe - ebenso wie vor 
ihnen schon die Patriarchen der Juden - gleich- 
zeitig einen weltlichen Rang hatten. Mit diesem 
waren besondere Abzeichen verbunden. Das ist 
besonders klar, wo die Bischöfe auch Gericht 
ausübten. 
Der Papst strebte schon im 8. Jahrhundert, wie 
die pseudakonstantinische Schenkung beweist, 
nach einer dem Kaiser gleichen Stellung und 
nach dessen Privilegien und lnsignien. Er bean- 
spruchte oder hatte das Recht, das goldene, 
edelsteingeschmückte Diadem oder statt dessen 
die Mitra zu tragen (Klauser, Anm. 3, bes. S. 24). 
Die verschiedenen Vorbedingungen können gar 
keine einheitliche und klare Entwicklung hervor- 
bringen. 
Wir müssen uns auch klarmachemwie beschränkt 
unser Wissen um diese Dinge überhaupt nur 
sein kann. Die spärlichen Quellen dieses Wis- 
sens für die frühe wie auch für spätere Zeiten 
sind: erstens erhaltene Gewänder oder Frag- 
mente von solchen. Die können nur in Gräbern 
oder wegen ihres Reliquiencharakters erhalten 
sein. ln späteren Zeiten wurden wohl auch be- 
sonders kostbare Stoffe oder Borten an einem 
neuen Gewand wieder verwendet. Zweitens bild- 
liche Darstellungen von Bischöfen oder Päpsten in 
Plastik oder Malerei, besonders auch bei Minia- 
turen und Siegeln. Viele Beispiele hiefür zi- 
tieren Braun, Bock, Salmon u. a. (Anm. 3.) 
Drittens sind die Ordines heranzuziehen, d. h. 
die Bestimmungen über die Einsetzung eines 
Bischofs, Papstes oder Kaisers und über den 
Gottesdienst überhaupt. Daneben kann natür- 
lich auch in anderen schriftlichen Quellen, z. B. 
historischen Beschreibungen van einzelnen Klei- 
dungsstücken, die Rede sein. Diese verschiedenen 
Möglichkeiten der Forschung kontrollieren sich 
gegenseitig, und genauso ist das auch schon von 
Bock und Braun und später von P. E. Schramm 
gehandhabt worden. 
Das Ergebnis für die Kopfbedeckung der Päpste 
und Bischöfe läßt sich etwa so zusammenfassen: 
Nach römischem und römisch-orientalischem Vor- 
bild von Priestern, Herrschern und Priester-Köni- 
gen und unter Hinweis auf die Bestimmungen des 
Alten Testamentes haben einige Kirchenfürsten 
in frühchristlicher Zeit Hauben mit goldenen 
Diademen darüber getragen. Das scheint in 
karolingischer Zeit unter Hinweis auf Vergeisti- 
gung und christliche Demut selten gewesen zu 
seint. Nur der Papst trug - wohl zunächst bei 
Prozessionen außerhalb der Kirche - seit dem 
6. oder 7. Jahrhundert eine Haube, die wahr- 
scheinlich schon ein Hoheitszeichen war. 
(Schramm l, 54 f. Anm. 3.) In dieser Epoche ver- 
lieh der Papst an verschiedene Erzbischöfe oder 
Bischöfe auch bereits besondere Privilegien wie 
das Pallium, das Rationale, das Recht zum Vor- 
tragen eines Kreuzes oder zum Reiten auf einem 
weißen Pferd. (Salmen, S. 28, Anm. 3.) Erst seit 
Leo IX. (1049-1054) verlieh der Papst an Bischöfe 
und andere Geistliche das Recht zum Tragen der 
Mitra. Dies geschah in einer Form, die voraus- 
setzt, daß die römischen Kardinäle sie schon frü- 
her trugen. 1049 setzte Leo lX.in der Peterskirche 
dem Erzbischof Eberhard von Trier feierlich die 
römische Mitra aufs Haupt: „Romano mitra coput 
vestrum insignivimus"heißt es in der nachfolgen- 
den Bulle, wo wenig später die Vorschrift folgt: 
„Du und Deine Nachfolger sollen beiden kirch- 
lichen Verrichtungen stets der römischen Weise 
folgen." Hier sehen wir klar, daß die Verleihung 
und spätere Verbreitung der Mitra eng mit der 
Verbreitung der römischen Gottesdienstordnung 
zusammenhing. Im 11. Jahrhundert wurde die 
Mitra nicht nur an Bischöfe, sondern auch an 
weltliche Fürsten und an Äbte verliehen. Leo IX. 
verlieh sie etwas später, im Jahre 1052, an von 
Bischof Hartwig von Bamberg auszusuchende 
„würdigere und tugendhaftere Priester und Dia- 
kone". (Müller-Christensen 1960, S. 91. Abdruck 
der ganzen Bulle 5.99, [Anm. 3].) 
Zur lnsignie der Bischöfe, unabhängig von einer 
Verleihung durch den Papst, wird die Mitra erst 
im Laufe des 12. Jahrhunderts. Nun verbreitet sie 
sich über ganz Europa. Alle oben genannten 
Zeugnisse beweisen dies. Viele Kunstwerke und 
Siegel bilden die Bischöfe mit der Mitra ab. Zu- 
nächst hat sie eine Form, bei welcher die mehr 
oder weniger spitzen Hörner seitlich über dem 
Kopf stehen. So sind in Salzburg noch in der 
Mitte des 12. Jahrhunderts die Bischöfe auf den 
Nonnberger Fresken dargestellt. In der zweiten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts setzt sich dann die 
nach heute übliche Form der Mitra mit den cor- 
nua vorne und hinten auf dem Kopfe durchf. Die 
frühen Mitren sind niedrig, nur 20 bis 27 cm hoch, 
die Spitzen sind rechtwinklig oder doch beinahe 
rechtwinklig. Später wird der Schmuck immer 
reicher. Zu den Goldböndern oder an ihre Stelle 
treten Stickereien, auch mit Perlchen und Edel- 
steinen. Der Umriß wird immer steiler, später 
wie ein Spitzbogen geschwungen. Während an- 
dernorts der Richtungswechsel der Mitra - die 
cornua werden von den Seiten nach vorn-hinten 
gedreht - schon um 1150 vollzogen ist, zeigen 
für Salzburg die bildlichen Darstellungen und die 
Siegel übereinstimmend, daß die Drehung um 
1180 anzunehmen ist. 
Die Verbreitung der Mitra im 11. Jahrhundert 
hat zweifellos mit der Vorbildlichkeit alttesta- 
mentarischen Priestertums zu tun. Das geht aus 
der Benediktion der Mitra bei der Bischofsweihe 
klar hervor, s. u. Auch für den Ornat der sächsi- 
schen Kaiser mit seiner Verbindung von Priester- 
kleidung und Herrschergewond war die Tracht 
der Priester des Alten Bundes wichtig. Aus ihr 
übernahm schon Otto I. die Glöckchen, den 
Himmelsmantel und die Mitra. Als Stellvertreter 
Christi auf Erden war er zugleich weltlicher und 
geistlicher Herrscher. Schramm rekonstruiert un- 
ter der Kaiserkrone - mit nur einem mittleren 
Bügel - eine seitlich gehörnte Mitra. (Schramm ll, 
581, Fig. 16.) Wie lebendig diese Vorstellungen 
am Anfang des 11. Jahrhunderts waren, zeigt ei- 
ne sehr eigenartige Miniatur im Uta-Codex von 
Regensburg, welche den heiligen Erhard im Ge- 
wande der Hohen Priester mit einer turbanähnli- 
chen Mitra darstellt. (Böckler, s. Anm. 3.) 
Erhalten ist aus der Frühzeit nur sehr wenig. Die 
Reste der frühesten mir bekannt gewordenen Mi- 
tra fanden sich im Grabe des Papstes Clemens ll. 
in Bamberg. Er starb 1046 in einem Kloster bei 
Pesaro und wurde wenig später nach Bamberg 
überführt. Bei der Bergung der Textilien aus dem 
Bamberger Grab fand man auch die Reste einer 
Kopfbedeckung, welche als Mitra bestimmt wurde 
(Müller-Christensen 1960, S. 53, 90, Abb. 55, 56 
[Anm. 3].) Nur geringe Stoffreste (mit Haaren) 
sind erhalten, doch ist sicher, daß die Mitra ein 
Band in circulo hatte sowie fanones mit Fransen. 
Auch die Mitren, die in die erste Hälte des 12. 
Jahrhunderts gesetzt werden, sind keineswegs 
sicher zu datieremEs ist überhaupt nicht möglich, 
für das 12. Jahrhundert eine genaue chronologi-
	        
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