A Künstlerprofile
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Acryl auf Holztaserplatte
„Maria-Troster-Triptychon",
1974. Leinen, Schnur auf Holz-
faserplatten
Weiß und Schwarz
Gerllnde Wurth
Materialbild, (rechte Hälfte)
1974. Jute und Schnüre auf
Halzfaserplatte
Weiß
Gerlinde Wurth
Gerlinde Wurth wurde 1933 in Wien geboren und
wohnt nahe der Donau in einem kleinen Haus in
Langenzersdarf. Sie lebte drei Jahre in Stockholm,
wo ihr Schaffen eine entscheidende Wendung be-
kam. Schon kurz nach ihrer Rückkehr zeigten ihre
Arbeiten ein Netzwerk, eine Fasernverflechtung,
In großen Kunstharzbildern reihte die Wurth
Zellen an Zellen, die durch dunkle Stege getrennt
und verbunden wurden. Die Farben der labyrinthisch
aneinandergereihten Kammern sind zu inhärenten
Modulationströgern geworden. Schon hier wird
einerseits ein starkes Gespür für die Ordnung
der Flüche bewußt, wobei aber nie Ornamentales
entsteht, und andererseits das Interesse für den
Ausschnitt, für die Nahsicht bezeugt.
Zu Beginn der siebziger Jahre wendet sich die
Künstlerin dem Materialbild zu. Sie verspannt
Schnüre, verwendet Jute und ähnliche Grundmate-
rialien, verfremdet Gerätschaften, etwa Stühle,
und seit dem Frühiahr 1975 geht sie ganz dazu
über, mit Acryl und Sand, mit Schnüren, Schrauben
und textilen Uberschichten zu arbeiten. Ihre Farben
sind dabei meistens sehr zurückhaltend, oft nur
in schwach variierenden Braun-, Ocker- oder
Grautönen schwankend, manchmal auch fast
durchgehend weiß monochrom.
Oft werden diese Arbeiten mit ienen der Infor-
mellen verglichen, wie es uns scheinen will, iedoch
zu Unrecht. Immer wieder spürt man, daß hier
sehr überlegt gearbeitet wurde. Sicher, der Impuls
kam aus einer Grundmotivation, und das letztlich
vorliegende Werk ist auch ein Ausdruck dieser,
doch die Konzeption dieser Bilder verrät eine sehr
überlegte Arbeitsweise.
Schon die Materialmontagen aus dem Jahre 1974
scheinen uns diese These zu bestätigen. Hier
werden etwa Jutebahnen reliefartig auf eine
Holzfaserplatte, die mit Reihen von Bohrungen
versehen ist, montiert, und durch diese Bohrungen
werden dann Schnüre gezogen. Nun ließe sich
solcherart sicher ein gefülliges Muster entwickeln.
Das liegt iedoch der Wurth fern; in unregelmäßi-
gem Auf und Ab spannt sie die Fäden, Iößt auch
ab und zu Lochungen aus, zieht Querverbindungen
und bündelt dann wieder die Kordeln zu einem
besonderen Schwerpunkt. Schon durch die Ver-
wendung der verschiedenen Materialien bekommt
das „BiId" ein gewisses plastisches Volumen. Die
Eindimensionalität wird verlassen. Durch das
Einreißen der aufgetragenen Jute sowie durch
Umschlagen der Ränder oder das Übereinander-
legen und Verknautschen werden weitere plastische
Elemente in das Objekt hineingetragen.
Was erreicht wird ist ein Gefüge, das auf den
sensiblen Beschauer wirkt. Das nicht mit optisch
erfaßbaren Dingen der uns umgebenden Wirk-
lichkeit in Zusammenhang gebracht werden und
verglichen werden kann, daß aber sehr wohl mit
der uns im Gemüt, in der Seelenhaltung inne-
wohnenden Wirklichkeit in Beziehung gesetzt
werden kann.
Auch die Farbgebungen wollen hier beachtet werden:
Das monochrome Weiß, da und dort eingerissen,
also verletzt, mit unsicheren Rändern, oft defor-
miert; die verschiedenen Grau- und Brauntöne,
die oft ins tiefe Schwarz, in narbenumgebene Risse
und Spalten münden, können mit Wirklichkeiten im
Menschen - sowohl im Schöpfer der Obiekte als
auch im Betrachter dieser - in Zusammenhang
gebracht werden. Wenn einmal irgendwo ein
helles Rot oder Blau aufleuchtet, am Rande, gerade
noch den nächsten dunklen Flächen entkommend,
so ist es sehr fröhlich und verheißungsvoll.
Gerlinde Wurth, eine unermüdliche und fleißige
Arbeiterin, hat es nie verstanden, sich in den
Vordergrund der Kunstszene zu spielen. Sie hat
nie mit billigen Gags und großsprecherischen
Gesten wie manch anderer für sich geworben. Sie
ist daher sicher besonders froh, in der Wiener
Galerie Modern Art eine seriöse und einsatzfreudige
Vertretung gefunden zu haben.
Alais Vogel