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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 153)

Landschaft und Natur auf dem Bild der „Enthaup- 
tung des hi. Dionysius" zukommt, besitzt auch 
die „Ölbergszene" des erwähnten Retabels. Es 
soll hiemit gesagt werden, daß die Parallelen 
im Stil der beiden Meister doch mehr als zu- 
fällig sind. Man kann aber deshalb wohl nach 
nicht behaupten, daß beide Werke von dersel- 
ben Hand stammen. Die beiden Meister könn- 
ten iedoch in allernächster Nachbarschaft gear- 
beitet haben. 
Auf einer ähnlichen Stilstufe, knapp ein Jahr- 
zehnt früher, steht ein Altärchen mit der Ursula- 
Legende (Abb. 6), mit Heiligen und mit Szenen 
aus der Jugendgeschichte Christi im Wiener Diö- 
zesanmuseum". A. Stange hat dieses Werk so- 
gurengruppe zur rechten Seite des gekreuzigten 
Christus ist ein Grund, eine stilistische Brücke 
zwischen beiden Tafeln herzustellen. O. Be- 
nesch", K. Oettinger" schlossen sich an, schrie- 
ben demselben Meister eine Federzeichnung (Er- 
langen, Universitätsbibliothek) zu. Dieses Blatt 
steht der„Kreuzigung" in derAlten Galerie näher 
als der in der Peterskirche. Man kann die Paral- 
lellen nicht übersehen. 
Den Höhepunkt des „Weichen Stils" und bereits 
seine Überwindung stellt das CEuvre des Mei- 
sters der „St. Lambrechter Votivtafel" dar, der 
von K. Oettingeri" mit „Hans von Tübingen" 
und van anderen Autoren, wie K. Garzarollin, 
mit „Hans von Judenburg" identifiziert wurde. 
Wie man sich auch zu diesen Meinungen 
es handelt sich hier um eine Meisterpersä 
keit von großem Range. Die Problematik 
denfalls umfangreich und wird erst nach 
neuerlichen Auseinandersetzung mit allen 
cherten und fraglichen Werken gelöst w 
können. Die Landesausstellung könnte eine 
Gelegenheit dazu bieten, die Diskussion v 
in Fluß zu bringen. Vom mehr oder wenig: 
sicherten Guvre des Meisters ausgehend, l 
sich zwei Werke besonders hervorheben 
„Votivtofel aus St. Lambrecht" (Farbtafel lll 
9) - (Graz, Alte Galerie; Leihgabe des l 
St. Lambrecht) und das „Epitaph des Sig 
Waloch" (Prag, Nationalgalerie). Diese b 
11 Kreuzfrugung Christi, um 1430. 74x50,5 cm. 
Wien, Österreichische Galerie 
 
12 Kreuzircgung Christi, um 1430. 61,5x4I 
Wels, Stüdlisches Museum 
13 Kreuztrugung Christi, um 1430. 76x58; 
Graz, Alte Galerie (Leihgcbe des Slifl 
Lambrechf) 
 
wie audw eine „Kreuzigung Christi" im Wiener 
Schottenstift stilistisch vor die beiden im Stil rei- 
feren Fragmente des „Stiftergruftaltors" ge- 
setzt". 
Die Landesausstellung wird vielleicht das Ver- 
hältnis dieser Werke zueinander klären helfen. 
Es wäre auch interessant, die Frage nach wei- 
teren verwandten Tafelwerken zu untersuchen. 
In diesem Zusammenhang seien noch einige To- 
felbilder im Wiener Diözesanmuseum erwähnt, 
die einen „Gnodenstuhl" und einen „Marientod" 
zeigen". Diese Werke stehen der eben erwähn- 
ten Gruppe nahe und könnten steirisch sein. 
Daß die steirische Tafelmalerei überaus quali- 
tätsvolle Werke hervorgebracht hat, zeigt auch 
ein „KreuzigungsretobeI" (Farbtafel l, Abb. 7) 
aus St. Lambrecht, das immer mit einem ver- 
wandten Retabel in der dortigen Peterskirche 
(Abb. 8) in Verbindung gebracht wurde. Es gibt 
Zweifel und Zustimmung für diese Meinung. 
Beide Werke wurden zuerst von W. Suida dem 
Meister der „St. Lambrechter Kreuzigungsaltäre" 
zugeschrieben". Dieser Autor fügte der Gruppe 
noch ein Täfelchen mit dem „Pfingstfest" in der 
Stiftsgalerie von St. Lambrecht an. A. Stange be- 
tonte die schülerhafte Abhängigkeit des Meisters 
vom Maler des „Stiftergruftaltares"". Der Vor- 
schlag, beide Kreuzigungen demselben Künstler 
zuzuschreiben, hat seine Berechtigung vor allem 
darin, daß die ikonagraphisch zwar sehr unter- 
schiedlichen Darstellungen in der Auffassung der 
Komposition, der Gliederung und Modellierung 
der Körper sehr verwandt erscheinen". Die Fi- 
6 
Anmerkungen 23-45 (Anm. 46-49 s. S. B) 
n Kat. des Erzbischöflichen Dam- und Diözesanmuseums 
Wien, Wien 1973, Kot-Nr. 55, Abb. 34740. 
"t A. Stange, Deutxdie Malerei der Gatik, Bd. XI, S. 60 f. 
1' Kat. des Erzbisdiötiimen Dorn- und Diözesanmuseums, 
KaL-Nr. 56, Abb. 41-47. 
ff W. Suida, a. a. 0., S. 16. 
1' A. Stange, op. cit., Bd. XI, S. 63. 
" Vgl. G. Biedermann, a. a. 0., S. 52. 
" O. Benesdt, Usterreichische Handzeidmungen des 15. 
und 16. Jahrhunderts, Freiburg 1936, S. 40, Taf. W28. 
w K. Oettinger, Hans von Tübingen, s. 9a. 
1' K. Oettinger, a. a. o. 
" K. GarzaralIi-Thurnladrh, Zur Identität des Votivtafel- 
meisters von St. Larnbradit mit Hans von Judenhurg, in: 
Festschrift zum 60. Geburtstag von E. W. Braun, Augs- 
burg 193D, S. 47 ff. V I. auch: E. Kreuzer-Eccel, Hans von 
Judenburg und die lastik des Weichen Stils in Süd- 
tiral, Bozon 1976. 
"O. Benesch, Zur altbsterreidiisdien Tafelmalerei. Der 
Meister der Linzer Kreuzigung, in: Jahrbuch der Kunst- 
historisdien Sammlungen, 1978, S. 63 ff. 
Ebenso in: Collected Writings, Bd. lll, S. 16 ff. 
u O. Pacht, a. n. O" S. 10 ff. 
35 L. Baldass, Zur Chronologie, Werkstattführung und 
Stilableitung, S. 107 ff. 
i" K. GarzaroIIi-Thurnlackh, Zur Identität des Votivtafel- 
meisters, S. 4 ff. 
1' K. Oettinger, a. a. O. 
'" O. Demus, Hans von Tübingen, Votivtafel, in: Meister- 
mäkn der österreichischen Tafelmalerei, Klagenfurt-Wien 
"A. Stange, Deutsche Malerei der Gotik, Band XI, S. 11 tt. 
f" E. Baum, Katalog des Museums mittelalterlicher österrei- 
chischer Kunst in Wien, Wien-München 1971, S. 30 ff. 
" W. Suida, a. a. 0., S. 11. g 
" E. Andarfer, Das Mariazeller Tympanonreliet, in: Zert- 
schrift des Historischen Vereins für Steiermark, 1917, S. 85. 
Vgl. K. Woisetsahlöger-Peter Krenn, Am. steirisdie Herr- 
Iichkeiten, Graz-Wien-Küln 1963. S. 30, Nr. 41, Abb. 41. 
"o. Wonisch, Archivalische Beiträge, s. 1a n. 
Besonders: o. Wonisch, Die vorbarodre Kunstantwicklung 
der Mariazeller Gnadenkirche, Graz 1960. 
4' Man ist auch hier durchaus anderer Meinung; so stellt 
nach J. Vbghs Budapest) Meinung dieselbe Person die 
hl. Hemma von urk dar. 
ß Hier gibt es eine Parallele 
Mariazell. 
Vgl. E. Andcrter, a. a. 0., S. B0 ff. 
und: K. Woisetsdalüger-P. Krenn. a. o. o. 
zum Tympanonrelief in 
Beispiele bilden gewissermaßen die Schli 
stellen, von denen man zu einer Neubewe 
des an sich großen CEuvres kommen könnte 
Frage, ob der Meister auch Bildhauer war, v 
zwar immer wieder in den Raum gestellt 
ioht und verneint, aber bisher nicht bei 
gend beantwortet. Die „Votivtafel aus St. 
brecht" ist das prominenteste und am m: 
diskutierte Werk des „Weichen Stils" in 
Steiermark. Es ist in der Kürze gar nicht 
Iich, auf die Vielzahl der Publikationen ein: 
hen, die auf diese Tafel Bezug nehmen. O 
nesch", O. Pacht", L. Baldassas, K. Crarzar 
K. Oettingeri", O. Demus", A. Stange" Ul 
Baum" seien unter vielen genannt. Alle Au 
haben zu einer Klärung wesentlich beigetri 
wobei doch auch zu sagen ist, daß vieles 
ungeklärt und widersprüchlich geblieben ist 
„VotivtofeI" ist von besonderem ikonogri 
schem und stilistischem Interesse. Sie ist nich 
Votivtafel allein, sondern auch ein mittelt 
Iiches Historienbild, das ein Ereignis erzählt 
darstellt, von dem man verschiedene lnterp 
tionen kennt. W. Suida hatte behauptet, daff 
Herzog Ernst der Eiserne von Steiermark g 
die Türken kämpfe". E. Andorfer wiederurr 
diese Meinung in Zweifel und spielte auf k 
Albrecht II. an". O. Wonisch mochte plau: 
doß es sich aber nur um König Ludwig I. 
Ungarn handeln kann, der 1377 eine Sch 
gegen „Ostvölker" gewann und aus Danl 
keit in Moriazell eine Kapelle erbauen I 
Wa sich die Tafel ursprünglich befunden ha
	        
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