I Aktuelles Kunstgeschehen l Österreich
Wien
Secession
Rudolf Szyszkowitz 1905-1976
Eine sehr umfangreiche, das ganze Lebenswerk
des Grazers umfassende Schau von 101 Ulbildern,
82 Grafiken und 37 Druckgrafiken. Szyszkowitz,
der als Lehrer auf der Grazer Kunstgewerbeschule
vielen sehr begabten und später auch bekannt
gewordenen Künstlern Wesentliches für ihr Schaffen
mitgab, zeigt selbst ein recht zwiespältiges
malerisches CIuvre. Neben den Anfängen in
Richtung Neuer Sachlichkeit finden wir, besonders
in der Grafik und Druckgrafik, starke Blätter
von expressivem Ausdruck. Hier werden Töne
angeschlagen, die an Barlach und Kollwitz erinnern.
Spätere Zeiten bringen eine Verflachung, was
sich auch in vielen Ulbildern bemerkbar macht.
In den Werken religiösen Inhalts, die in den
fünfziger Jahren entstanden sind, macht sich der
Einfluß Baeckls bemerkbar, besonders im Kolorit.
Die letzten großen Landschaftsbilder gehören zu den
besten Arbeiten Szyszkowiti, wobei besonders
„Mauern am Meer" hervorgehoben zu werden
verdient. (1. - 24. 4. 1977) - (Abb. 1)
Robert Markowitsch
Ein Maler, der sich bis ietzt noch wenig der
Öffentlichkeit stellte. Am überzeugendsten waren
die Grafiken, Zyklen verschiedener Landschaften,
wobei eine Umsetzung des Wesens des ieweils
Geschauten angestrebt wurde. Was in den Grafiken
meist gelang, versagte sich in den Olbildern oft.
Am stärksten wurde die Verdichtung in „Etrurien 2"
und „Etrurien 3", besonders aber in „Minotauros"
erreicht. (1. - 24. 4. 1977)
Zeitgenössische britische Kunst
Es wurden nicht ganz 50 Exponate von folgenden
acht Künstlern gezeigt: Mark Boyle, Bernhard
Cohen, Kenneth Martin, Keith Milow, Tom Phillips,
Carl Plackmann, Bridget Riley und Richard Smith.
lm ganzen gesehen eine spröde, kühle Schau. Am
meisten Intimität strömen die Sandbilder Boyles aus.
Cahen ist zwar heiter, trotzdem distanziert,
Martin besticht mit Exaktheit, Milow zeigte Flächen-
verteilungen, die in das Relief übergehen, von
Phillips sahen wir Farbkombinationen,Pladrmann bot
verfremdete Gegenstände des täglichen Gebrauchs,
Riley faszinierte mit einfach nebeneinandergesetzten
Farbbahnen. Ihre und Smith's Arbeiten, letzterer
gestaltete strukturelle Gebilde, die, frei im Raum
aufgehängt, an Flugdrachen erinnern, waren die
eindrucksvollsten der ganzen Dokumentation.
(3. - 29. 5. 1977) - (Abb. 2)
Heinrich Tahedl
Große, in kräftigen Farben gemalte Acrylbilder.
Zeichen der Konzentration und Kontemplation!
Verschiedene Bilderfolgen führen in eine kosmische
Schau, andere wieder lassen uns durch ihr farbiges
Flöchengefüge aus dem begrenzten Raum des Hier
und Jetzt aussteigen. Vielleicht eine Art Bewußt-
seinserweiterung, um ein Modewort zu gebrauchen.
Nüchterne schriftzeidtenartige Gestaltungen
assoziieren auf einem in Blau und Rot gehaltenen
Bild arabische Schriftzeichen und damit den unaus-
spredilichen Namen eines ewigen Seins.
(3. - 29. 5. 1977) - (Abb. 3)
Galerie auf der Stubenbastei
Robert Schmitt
Vor allem waren es die Aquarelle, bei denen
Schmitt mit einmaliger Leichtigkeit, mit dem Hin-
tupfen von Farbnuancen, Naß in Naß, Stimmungen
und Landschaften auf das Papier zauberte. Sie
erinnern oft an die Sparsamkeit iapanischer
Sengai-Malereien. Freilich sind die Blätter des
Wieners van einer kraftstrotzenden Farbigkeit,
und man merkt ihnen an, daß der Maler bei
feinsten Nuancierungen immer wieder die frischen
und kraftvollen Lichtverhältnisse bevorzugt, die
wenige Farbpunkte zu prägenden Akzenten
aufgliihen lassen.
(5. - 3D. 4. 1977) - (Abb. 4)
38
Galerie Würthle
lsolde Maria Joham
In U1, Acryl und Mischtediniken ist durchwegs
das Landschaftsbild gestaltet. Es sind kühle, kristal-
linische Gesteinsbildungen mit viel Licht und
Schatten. Die kleinteiligen Brechungen erinnern an
die Beschäftigung der Joham mit dem Glasfenster
und der Umrahmung der einzelnen Scheiben mit
Metall. Freilich werden die schwarzen Stege bei den
späteren Bildern immer geschmeidiger. Über-
raschend sind die immer wieder in die Bilder
eingebrachten „FremdkörpeW, die, gleich außer-
irdischen Gebilden, über den Landschaften
schweben. Die Schau zeigt sicher einen wesentlichen
Markstein in der Entwicklung der Künstlerin.
(14. 4. - 5. 5. 1977) - (Abb. 7)
Leonhard Sframitz
Diese Schmuckstücke wirken alle sehr technisch
und irgendwie funktionell. Stramitz gelingt es,
besonders bei den Brosdien, eine fast magische
Wirkung zu erzielen, audi, oder besonders dort,
wo keine beweglichen Teile sind. Die technische
Perfektion ist auch noch dort spürbar, wa
asymmetrische Anordnungen eine gewisse Willkür
oder künstlerische Freiheit anzeigen. Ein großes
Relief, StahllMessinglRahre, von 41 x 61 crn, zeugte
van Stramitz' freiem, zweckungebundenem
Gestalten.
(31. 5. - 11. 6. 1977) - (Abb. 8)
Galerie Alte Schmiede
Rudi Wach
Hier wurden die Wiener mit den Arbeiten des 1934
in Tirol geborenen Bildhauers, der heute meistens
in Mailand lebt, bekannt gemacht. Es waren
durchwegs Plastiken (also keine sag. Obiektel)
und wiesen auch fast alle einen organischen Zu-
sammenhang mit der menschlichen Gestalt auf.
Wachs humanes Anliegen geht aus vielen Titeln sei-
ner Werke hervor. Dabei sind gerade iene Arbeiten,
in denen sich das Technische unserer Zeit wieder-
findet, besonders gelungen. Mit kolbenhaften, ge-
lenkartigen Formulierungen, Wellenansätzen u. ä.
wird unserer technisierten Welt Rechnung getragen
und doch immer gültige, menschliche Fragen, The-
men aufgegriffen. Wach bekam, wie wir erinnern,
die durch Wotrubas Tod freigewordene Professur
auf der Wiener Akademie nicht! (18. 5.-18. 6. 1977) -
(Abb. 9)
Museum der Stadt Wien
Fritz von Herzmanovsky-Orlando 1877-1954
Anläßlich des 100. Geburtstages des österreichischen
Künstlers und tarockanischen Minnesängers waren
393 ausgesuchte Blätter in den verschiedensten
Techniken zu sehen., Daneben gab es eine
Dokumentation: Wiedergaben zeitgenössischer
Fotografien, Zeugnisse, die verschiedenen Buch-
ausgaben seiner Werke und die Übersetzungen in
fremde Sprachen.
Vorn Zeichner FHO, so signierte der Künstler seine
Blätter, gab es aus fast allen Schaffensperiaden
Proben zu sehen. Frühe Landschaftsskizzen, nach
der Natur und in durchaus üblicher Manier gehalten,
wiesen eine große Begabung, aber noch keine
besondere Handschrift aus. Ziemlich früh iedoch
entstanden, abgesehen von gewissen Anklängen
zur Wiener Werkstätte (hier vor allem zu Dagabert
Peche), sehr persönliche und einmalige Blätter voller
Skurrilität und hintergriindigem schwarzem und
gelbem Humor.
Beachtlich ist immer wieder die Sicherheit der
Linienführung, auch dort noch, wo FHO, glossierend
etwa, von der anatomischen Farm abweicht und
damit mehr Anatomie gibt als mit deren Beibehal-
tung. Wie viele seiner Zunftgenossen, d. h. mit sati-
rischem Stift oder mit solcher Feder arbeitende Künst-
ler, verlockte es auch ihn, seine Themen in Zyklen zu
erfassen. Die Fülle des Gezeigten und der Phanta-
siereichtum iedes einzelnen Blattes hätten erfordert,
diese Schau einige Male zu besuchen.
(9. 13.-29. 5. 1977) - (Abb. 10)
Galerie Kunst - Kontakte
7 Tage schauen. horchen. nachdenken
ln dem einfach gutproporzionierten Raum wai
ieden Tag nur ein einziges Bild von lnge Dick
ein keramisches Gefäß von Hans Hotzy zu sel
ieden Tag wurden die Obiekte ausgewechselt
Bilder in ihrer monochromen Askese forderter
Meditation. Die Keramiken, in denen Zweige
gaben eine Korrespondenz. Ein umfangreich
Programm mit Dichtung und Musik, mit dem S
punkt auf Haiku- und Zen-Texten, gab der gi
zen Woche ein stark verinnerlichtes Gepräg
Besucher, es kamen manche etliche Tage, sta
ten aus den verschiedensten Schichten, neben
iungen Menschen kamen auch ältere und w:
von dem nicht vom Kommerz bestimmten Milit
beeindruckt. Alle gezeigten Kunstwerke und
Bücher, aus denen gelesen wurde, waren die
schließenden Wache zu sehen.
(20. 5.-11. 6. 1977) - (Abb. 11)
SalzburglStadt
Galerie Armstorfer
Peter Rataitz
Rataitz zeichnet und malt, ohne sich, wie es sc
um das Wissen der Vergangenheit zu kümmer
und ohne sich Illusionen um die Zukunft zu mi
Er arbeitet aus dem Erlebnis der Gegenwart u
verzichtet auf das Ab-Bild. Dabei kann es sich
durchkonstruiert gestaltete Flächenkompositioi
handeln („Verfolgung" oder „Raum"), um roti
Tachismen („Rosa Begegnung") oder um exp
anmutende Farbschöpfungen („Selbstparträt").
Stets ist (im positiven Sinne) das Bemühen um
persönliche Eigenart, um „Stil" erkennbar; in
Acryl-Bildern, wie im „Brief" von 1977 oder ir
ebenfalls heuer entstandenen „Verdichtung",
solches Bestreben überzeugenden Ausdruck
gefunden.
(28. 6.-7. B. 1977) - (Abb. 12)
Galerie Welz
Johnny Friedländer
Die umfassende Ausstellung von Druckgrafik i
Erdgeschoßräumen anläßlich des 65. Geburtstc
des Künstlers war ein vielbeachtetes Ereignis.
Friedländer meint selbst zu seinen Radierunge
„Es ist immer derselbe Vogel im anderen Flug,
zwischen einem und unzähligen Flügelschläger
immer dieselbe Landschaft in allen Weltgegen
meiner Phantasie. Aber Landschaft oder Vogel
nur ein tragendes Motiv . . . Es ist immer diese
Botschaft, die ich sagen muß . . ."
Während der gleichen Ausstellungsdauer wurt
in den Räumen des ersten Stockes Zeichnunger
Lithographien von Alfred Kubin ausgestellt.
(29. 13.-20. 7. 1977)
Alois
Galerie Academia
Hommage a Salzburg
Zur Feier ihres fünfiährigen Bestandes hat sich
Galerie mit dieser Ausstellung selbst ein schöi
Geschenk gemacht: Es waren Arbeiten von 49
Künstlern vereint, die die Stadt und ihren Umk
zum Thema haben. Um nur einige zu nennen:
Gottfried Salzmann, Nicole Bottet und Rudolf
Hradil zeigten hervorragende Aquarelle, Herw
Zens und Peter Kubavsky gaben neue Beweise
Zeichenkunst. Fritz Fröhlich, Adi Holzer, Hugo
Helmut Kurz-Großgoldenstein oder Andreas N
bohm sind mit vielem nicht einverstanden, was
Salzburg so alles „passiert". Und Markus Valli
hat mit seinem großen Mischtechnikblatt nicht
der Ausstellung den Namen gegeben; seinen
Hinweis auf das, was ihn und uns beschäftigt,
gestaltete er, formal auf dem Stilleben aufbaut
zu einem eindrucksvoll überzeugenden „Gesan
kunstwerk".
(14. 6.-B. B. 1977)
Bildungshaus St. Virgil
Wolfgang Temmel
Es ist eine fremde, unheimliche und magische V
die man betritt, wenn man sich in die Zeichnun