'Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich
des 1953 geborenen Malers vertieft. Temmels utopi-
sche Obiekte sind dreidimensional gedacht, könnten
also begehbar, aber auch bewohnbar sein. Sie sdiei-
nen frei von Zweckgebundenheit zu sein, iedoch sind
sie dem Boden, dem Erdreich verhaftet und über-
deutlich auf diesem befestigt.
(15. 6.-4. B. 1977)
MattseelLand Salzburg
Die Feiern zur 1200-Jahr-Feier des Kollegiatstiftes
Mattsee gaben auch Initiativen zu Ausstellungen
zeitgenössischer Kunst. Im renovierten Kapitelsaal
des Stiftes zeigte Karl Hittmann vom 4. bis zum
27. Juli Aquarelle und Pastelle mit Ansichten der
Stadt Salzburg und des Niedertrumer Seengebietes.
Vom 17. bis zum 30. Juli war im großen Saal der
Hauptschule Mattsee unter dem Titel „So sehen wir
unsere Heimat" eine Gemeinschaftsausstellung von
drei in Mattsee lebenden Malern zu sehen. Neben
den naturalistischen Zeichnungen und Ulgemälden
von Herbert Weider und Hugo Brandt fielen die
Werke von Johann Friedl auf, der sich in persönlich
überzeugender Weise mit wichtigen Anregungen
aus der Kunst unserer Zeit auseinandersetzt.
(Abb. 13) Franz Wagner
Tirol
lnnsbruck
Landesmuseum Ferdinandeum
Hilde Goldschmidt
42 Gemälde und 44 Grafiken zeigten einen wesent-
lichen Ausschnitt aus dem Lebenswerk der 80iährigen
Künstlerin. Erstmals wurde das grafische Werk der
frühen Jahre, Kohlezeichnungen und vor allem Holz-
schnitte aus den Jahren 1920-1930, präsentiert. Ihr
Werk vollzieht sich in zwei Ebenen, in iener Ebene,
die dem Expressionismus zwischen 1920 und 1950
verpflichtet ist, in der Hilde Goldschmidt starke Im-
pulse von Oskar Kokoschka empfing, und iener des
gegenständlichen abstrahierenden Expressionismus
seit 1950. Ihrem Gesamtwerk ist ein Streben nach
monumentaler Einfachheit eigen.
(1. 4.-19. 5. 1977) - (Abb. 14)
Das Porträt nach 1945 in Tirol
Es war das die vierte Schau der Modernen Galerie,
und sie zeigte über 70 Werke der Malerei, Plastik
und Grafik von 54 Tiroler Künstlern. Als Ausgangs-
punkt für die Bildniskunst nach 1945 waren stark
psychologisch geprägte Porträts zu sehen, die in der
expressionistischen Tradition, im Mystisch-Dämoni-
schen und farblich Expressiven, aber auch in der
malerisch-koloristisctien Impression ihre Position
besitzen. Deutlich wird ab der Mitte der fünfziger
Jahre die Auswirkung der Wiener Akademie unter
Boeckl und Dobrovsky spürbar: das farbkonstruie-
rende, nuancenreiche Modellieren ist allgemeines
Anliegen. Das Maskenhafte oder Demaskierende
wird in der offenen Darlegung der menschlichen
Existenzsituation akzentuiert. Der Begriff Porträt ist,
wie die Beispiele P. Flora und Brigitte Redl-Mann-
hardsberger zeigten, sehr weit gefaßt gewesen. Mit
der Ausstellung sollten die wichtigsten Positionen
des Porträts in der Tiroler Kunst nach 1945 verdeut-
Iidit werden. (10. 5.-4. 9. 1077) - (Abb. 15)
Galerie im Taxispalais
Michael Heizer
Der 1944 in Berkeley in Kalifornien geborene Heizer
ist ein Vertreter der Land-art. An Hand von Zeich-
nungen, Entwürfen, Proiektskizzen sowie Fotos
der ausgeführten Arbeiten, viele existieren heute
gar nicht mehr, wurde eine Retrospektive gezeigt.
„Für Heizer waren es verschiedene Einflüsse und
Erfahrungen, welche sein Werk beeinflußt haben,
nicht zuletzt war es die Mitarbeit bei den archäolo-
gischen Untersuchungen seines Vaters, welcher die
prähistorischen Wüstenzeichnungen in der Wüste
Nevada und in Südkalifornien erforscht hatte."
(P. Weiermair.) Der Künstler bevorzugt menschen-
leere Landstriche, in die er dann seine Zeichen setzt,
die freilich von der Natur mit der Zeit wieder
zurückgenommen werden.
(29. 3.-16. 4. 1977) - (Abb. 16)
40
Steiermark
Graz - Neue Galerie am Landesmuseum
Joonneum
Margret Bilger 1904-1971
Die gemeinsam mit dem Kunstgewerbemuseum
Graz veranstaltete Schau zeigte eine sehr umfang-
reiche, von der Schwester der Künstlerin zusam-
mengestellte Auswahl aus dem G_esamtwerk der
Bilger. Im ganzen waren 251 Exponate zu sehen:
Neben sehr wichtigen frühen Holz- und Linol-
schnitten, die vom Expressionismus herkommen, auch
späte Holzrisse aus den Kriegs- und Nadikriegs-
iahren, Zeichnungen, Pastelle, Aquarelle, Ulbilder,
Webearbeiten und Applikationen, aber 011d!
Diapositive von Glasfenstern. Es wurde ein auslo-
tendes Bild dieses so fruchtbaren Künstlerlebens
geboten. Eine Fatadokumentation gab eine sehr
mensdiliche Ergänzung.
Wilfried Skreiner schreibt dazu im Katalog den sehr
wichtigen Satz: „bilger ist ein markantes beispiel
für die im grunde noch ungeschriebene geistesge-
schichte österreichs zwischen den beiden kriegen, in
ienem zeitraum, wo so viele hoffnungen einer neuen
ordnung aufblühten, denen dann ein uniformiertes
ende bereitet wurde."
(15. 4.4. s. 1977i - (Abb. 17)
Mauro Reggiani
Reggiani ist als Vertreter der italienischen Avant-
garde der dreißiger Jahre bis in unsere Gegenwart
als Künstler einer geometrischen Abstraktion be-
kannt. Von dem heute Achtzigiährigen waren 100
Obiekte zu sehen. Schon 1932 schuf Reggiani Bild-
werke wie das gezeigte Ölbild „Geometrischer
Rhythmus" und war damit seiner Zeit weit voraus.
Konstant und der einmal eingeschlagenen Riditung
treu, schuf er immer strengere und nüchternere
Kompositionen.
(18. 5.-12. 6. 1977) - (Abb. 18)
Oberösterreich
Linz - Neue Galerie - Wolfgang-Gurlitt-
Museum
Hannes Haslecker
Der Bildhauer Haslecker, 1921 in Linz-Urfahr gebo-
ren und Initiator des Bildhauersymposiums in
Mauthausen, hatte mit dieser Schau seine bisher
größte Personalausstellung. Der Künstler fand zu
einer sehr geschlossenen Aussageweise. Seine Werke
sind Obiekte der Betrachtung, der Konzentration.
Abgesehen von einigen Tarsi, die deutliche Hin-
weise auf die menschliche Proportion zeigen, sind
meist einfadie abstrakte Formen, Rhythmen vor-
herrschend. Besonders letzteres Formelement be-
nützt der Bildhauer gerne.
Der „Katalog" ist mit guten Fotos der Werke, aber
auch des sehr stimmungsvollen Bildhauerhauses und
seines Steingartens ausgestattet.
(19. 4.-7. 5. 1977) - (Abb. 20).
Peter Kubovsky
Ausgestellt waren Zeichnungen aus dem Gesamtwerk
1947-1977 des Künstlers. Besonders wichtig schienen
uns die Aktstudien und einige Blätter, in denen sich
der gewandte Zeichner mit dem Leben auf Rummel-
plätzen auseinandersetzt, weichen doch diese
Arbeiten von den sonst üblichen feingliedrigen
Landschaften und Architekturwiedergaben, die wir
von Kubovsky gewohnt sind, erstaunlich ab.
(5. 5.-4. 6. 1977)
Peter Bischof
Ein sehr umfangreicher Überblick. Ulbilder, Aqua-
relle, Zeichnungen und Drudrgrafiken aus 20 Jahren.
Eine Entwicklung und doch eine stark ausgeprägte
eigene Sprache, die unverkennbar in allen Jahren
und bei allem Wandel in Bischofs Diktion durch-
sdilägt. Denn der 1934 geborene Wiener trat
mitten in der Hodizeit des abstrakten Expressionis-
mus mit Arbeiten, die in ihrer Kraft an Franz
Kline gemahnen, ins Blickfeld der Fachwelt, wie
er sich auch schon verhältnismäßig sehr früh
eindeutig einer lockeren Figuration zuwandte und
vielleicht auch darum von anderen Angehörigen
seiner Galerie (St. Stephan) mehr oder weniger als
Außenseiter betrachtet wurde. Die über 80 Seiten
umfassende, van der Neuen Galerie herausgegebe
ne Broschüre bringt viele sehr schöne Farbwieder-
gaben sowie Schwarzweißtafeln und einige Essays
über den Maler. (7. 6.-9. 7. 1977) - (Abb. 21)
Niederösterreich
Krems - Dominikanerkloster
Erwerbung der Modernen Galerie 1972-1974
Krems kann als erste Stadt Niederösterreichs auf
eine moderne Galerie hinweisen, welche dem von
der Kulturverwaltung der Stadt geführten Museum
angeschlossen ist und dessen Bestände hauptsächlict
durch Ankäufe der Stadt zustande kamen. Der
größte Teil der Obiekte stammt freilich von Künst-
lern aus dem Raum um Krems. Erst in den letzten
Jahren wurden auch andere Werke österreidiischer
Maler und Bildhauer angekauft. Als wichtige
Namen seien Wander Bertoni, Johann Fruhmann,
Leopold Hauer, Adi Holzer, Helmut Kies, Anton
Lehmden, Max Melcher, Arnulf Neuwirth, Florentine
Pakosta, Erich Steininger und Linde Waber genannt.
So überaus erfreulich das Vorhandensein einer
solchen Institution ist, sollte sich die Stadt doch
das Ziel setzen, wenigstens von mehreren wesent-
lichen österreichischen Künstlern der Moderne
Beispiele zu besitzen. (5.-31. 5. 1977) - (Abb. 22)
Franz Trauntellner
Der im Waldviertel beheimatete Künstler bot hier
einen sehr umfangreichen Überblick seines Schaffens
Holzschnitte, Zeichnungen, Radierungen, Aquarelle
und Ölbilder, insgesamt 104 Exponate, waren zu
sehen. Mit allen Techniken der Grafik aufs engste
vertraut und auch bereits von vielen ähnlichen
Veranstaltungen gut bekannt, überraschte Traun-
fellner mit Aquarellen und Ulbildern. Hier sdteint
der Maler freilich noch keinen einheitlichen, ihm
gemäßen Stil gefunden zu haben.
(2.46. 6. 1977) - (Abb. 23)
St. Pölten - Stadtmuseum
Bruckmeier - Katzgraber - Kratzig
Seit einiger Zeit werden im Stadtmuseum sehr
vorbildlich zeitgenössische niederösterreichische
Künstler präsentiert. Kratzig, in einer Mischtechnik,
Tusche und Farbe, arbeitend, beschäftigt sich haupt-
sächlich mit sozialkritischen Themen, wobei er
besonders den scheinheiligen Bürger und seine
Welt aufs Korn nimmt. Bruckmeier, in Malerei und
Grafik zu Hause, zeigt unsere Welt von einer
anderen Seite, von iener der Gefährdung, der
Verfremdung der Natur durch die Technik. Katz-
graber, der Plastiker, stellt elementare menschliche
Gegebenheiten vor uns: die Gespaltenheit, die
Verklammerung, die Bezüglichkeit und die Bezugs-
losigkeit. (1 .-17. 4. 1977)
BadenlWien - Franzensbad-Studio
Bei Lobmeyr in der Wiener Kärntnerstraße waren
die von Joel Ph. Myers im Franzensbad-Studio
in Baden geschaffenen Gläser zu sehen. Der Künst-
ler, ein Pionier im amerikanischen Studioglas und
Professor am Department of Art der lllinois-State-
University, schuf, aus dem Erlebnis der Weingärten
um Baden schäpfend, Serien, die in ihrem Dekor
einen modernen grafischen Charakter zeigen.
(16.-30. 6. 1977) - (Abb. 24)
Alois Vogel