A Künstlerprofile
Karl A. Wolf
1908 in Wien geboren, ist Autodidakt. Er
begann nach dem Krieg zu malen und wandte sich
um 1960 der Bildhauerei zu. In der letzten Zeit ist es
wieder das Tafelbild, das ihn mehr und mehr
beschäftigt.
Seit Anbeginn finden wir bei ihm die Farbe Blau
dominierend, dazu kommen noch ein Rot und ein
Weiß. ln seinen früheren Perioden gab es vor allem
Bilder gewaltigen Ausmaßes, in denen, gleich einer
Schöpfungsphase, sich die Materie mit dem Licht,
das Dunkel mit der Farbe verbindet. Das ergibt eine
ständige Bewegung, ein Auf- und Abwallen, ein
Hervorbrechen und Zurückweichen in die Bildebene.
Mit diesen Arbeiten war Wolf auch 1970 in Venedig
auf der XXXV. Biennale vertreten.
Seine ietzigen Bilder sind etwas ruhiger geworden.
Schon jene Reliefs, die der Künstler 197i in der
Galerie Passage in Wien gezeigt hatte, weisen auf
eine Verknappung im Stil, auf das Suchen nach
gewissen Sigeln, gewissen Zeichen, die für unsere
Zeit signifikant sind. Dabei stieß Wolf unter anderem
auch auf die Ziffer, auf die Kombination einiger
Zeichen, die zur Nummer werden, zu einer Nummer,
unter der alles, auch der Mensch selbst, in eine von
Menschen erdachte Ordnung gereiht werden kann.
Wir finden diese Zeichen auch in vielen seiner
letzten Bilder immer wieder. Nach wie vor ist das
Blau stark vertreten, und ein Bild wie „La Mancha",
das von einem heftigen Gelb beherrscht wird, ist
eine Ausnahme in seinem CEuvre. Wir können
iedoch feststellen, daß Rot und Violett sich zu
großen Flächen vereinigt haben und damit mehr
Kraft bekamen. Überhaupt sind alle Formen groß-
flächiger und geordneter geworden, der Gegenstand
und die Gegenstandsfragmente haben an Raum
gewonnen. Neben der Zahl spielen auch oft
technische Formen eine wichtige Rolle in den neuen
Werken.
Formal finden wir von den „Zeichen" der Reliefs
zu den ietzigen Bildern mit „Die tote Stadt" einen
klaren Übergang. Auch hier wird mit wenigen, fast
graphischen Mitteln, Farbbalken, eine Ausdrucks-
intensitüt erreicht, die von einer Spannung
beherrscht wird, wie wir sie etwa von Franz Klines
Pinselführung her kennen.
Über „Das konstruierte Gesicht" und „Das Röntgen-
bild", beide mit Einzelheiten an Wolfs plastisches
Schaffen anschließend, sehen wir geradezu eine
Umkehrung sich im Thematischen anbahnen. Waren
die früheren Bilder nahezu hymnische Gesänge auf
Entstehung, auf Werden und Anfang, so sind in
diesen Werken endzeitliche Manifestationen
erkennbar. Dafür sprechen, vielleicht unbewußt, auch
viele Titel, etwa: „Endstotion Kasperltheater",
„Requiem auf ein Jahrhundert" und „Warten auf die
Auferstehung". „Der Garten Eden" und „Anatomie
einer Landschaft" sind noch in der alten „kosmischen
Art" und sehr bewegt komponiert, doch die vorhin
genannten Bilder zeigen deutlich die „Erfolge" der
menschlichen Bemühungen. Ersichtlich wird es in der
Technisierung der „Bodenstation" und der
„J0ngliermaschine": Der Mensch ist, wie am Anfang,
nicht vorhanden, doch die Starre greift um sich, die
Kühle und ein unbekanntes Gefühl der Angst.
Schließlich sind die Dinge in „Warten auf die
Auferstehung" auf einem weiten Feld hingestreckt,
ohne Bewegung. Das Wogen und Wollen der
früheren Arbeiten Wolfs ist verschwunden. Starre
bleibt, da gibt es sogar einen festen Horizont. Ist
es die Grenze der Hoffnungslosigkeit oder ist es der
Silberstreifen der Hoffnung? Wir wissen es nicht. lst
es ewiges Warten oder kommt einmal über diesen
gebogenen Horizont Herr Godot hachgestiegen?
Alois Vogel
1 „Warten auf die Auferstehung",
1973
„Das konstruierte Gesicht",
1974
Karl Anton Wolf
t-Dus Roritgenbild", 1974
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