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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 154 und 155)

 
letztlich ein achtstrahliger Stern wird. Freiburger 
Anregungen dürften bei dieser unikalen Planung 
kaum mitgespielt haben, da die Freiburger 
Ecksporne massiv sind und in Fialengruppen 
übergehen. Ein ähnlich ungewöhnlicher Entwurf 
ist uns in der gotischen Turmarchitektur unbe- 
kannt. 
Querverbindungen zwischen den Bauhütten 
Die Querverbindungen zwischen den einzelnen 
Bauhütten sind eine bekannte Tatsache und durch 
das Wandern der Steinmetzen bedingt, das eine 
möglichst umfassende Kenntnis anderer wichti- 
ger Bauhütten zur Zielsetzung hatte. Sa gibt es 
in der auch nicht mehrganzvollstöndigenWiener 
Sammlung Baurisse von Straßburg, Köln, Mainz, 
Freiburg, Basel, Konstanz, Ulm, Regensburg, 
Wasserburg, München, Ingolstadt, Passau, Steyr, 
Prag, Preßburg, Agram, Kronstadt und vielen 
anderen kleineren Orten. ln den stark gelichteten 
Ulmer Beständen gibt es immerhin noch Risse 
aus Wien, Prag, Straßburg, Konstanz, Passau 
und Augsburg. 
Die Querverbindungen zwischen Ulm und Wien 
waren nach dem bisherigen Stand unseres Wis- 
sens nicht sehr eng. Wohl gab es in der Wiener 
Akademie den Ulmer Turmgrundriß (Katalog 
Wien Nr. 35, Ulm Nr. 12), der sicher der Aus- 
führung unter allen Ulmer Tqrmrissen am näch- 
sten steht und starke Gebrauchsspuren zeigt. 
Wie dieser wichtige Ulmer Riß nach Wien ge- 
langte, ist unbekannt. Sicher gehört er zum Alt- 
bestand der Wiener Hütte, wenn er auch keine 
Zeichnung des Hans Buchsbaum ist, wie Grim- 
schitz nach meinte, sondern wegen einiger wöl- 
bungstechnischer Kriterien, die allerdings nur in 
Ulm selbst autklörbar waren, nicht vor der Mit- 
telschiftwölbung des Moritz Ensinger (1469) an- 
gesetzt werden kann. 
Umgekehrt gehört ein Grundriß des Wiener 
Orgelfußes zum Altbestand der Ulmer Bauhütte, 
der für die Wiener Pilgram-Forschung deshalb 
von großer Bedeutung ist, weil er mit Rötel 
T525 datiert ist, also von dem Pseudopilgram P l 
stammt. der auch in den Wiener Sammlungen 
durch zahlreiche überaus qualitätsvolle Zeichnun- 
gen nachgewiesen ist. Die Konstruktion des von 
Grimschitz konstruierten Zeichners Pilgram kann 
durch diese Ulmer Zeichnung,die lange nach dem 
Tode Pilgrams entstanden ist, nunmehr mit ab- 
soluter Sicherheit widerlegt werden. Daß dieser 
Ulmer Riß noch mitten in der Renaissanceepoche 
große Beachtung gefunden hat, beweist eine 
1612 datierte schwungvolle Perspektive des Wie- 
ner Orgeltußes (Württ. Landesbibliothek Stutt- 
gart, Sammlung Nicalai), die sicher auf einen 
Zeichner zurückgeht, der den Wiener Orgeltuß 
nie persönlich gesehen, sondern nur die Ulmer 
Zeichnung gekannt hat, bei der das sternförmige 
Gebilde der Konsole mit der bekannten Halb- 
büste des Meisters abstrahierend als Halbkreis 
eingetragen ist, die dann der spätere Bearbeiter 
als Halbsüule mißverstanden hat. 
Völlig unbekannt war bisher auch, daß es von 
dem Wiener Grund- und Aufriß eines Baldachins 
(Katalog Wien Nr. 223, Ulm Nr. 23) in Ulm eine 
genaue Planbearbeitung gibt, die manche bisher 
unverständliche Details im Unterbau des Wiener 
Risses aufklärt. Die unteren beiden Geschosse 
des Wiener Baldarhins sind deshalb etwas ver- 
kürzt, weil der Grundriß zu hoch angesetzt 
wurde und keinen Raum für die vollständige 
Höhe des Unterbaus übrigließ. Beim Oberbau 
ist umgekehrt der Ulmer Riß im Raum etwas be- 
schränkt, weshalb er hier gedrückter als der 
Wiener Riß wirkt. 
Die spektakulärste "Verbindung zwischen den 
Sammlungen von Wien und Ulm stellt aber der 
halbierte Chorautriß dar, von dem in Wien die
	        
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