sienornamentik aufweist wie die Kanzel von
Waldhausen. Mit den Garstener Sakristeikästen - '
enge zusammenhängt ein 1624 datierter Schrank
im hessischen Landesmuseum in Darmstadt. Krei-
sel bezeichnet ihn als oberhessisch". Tatsächlich
weist das Stück sogar die gepunkteten halbkreis-
förmigen Ornamentscheiben der Garstener Kä-
sten auf. Bei dem blühenden Kunsthandel des
19. und 20. Jahrhunderts ist eine Wanderschaft
der Objekte durchaus denkbar. Hierher gehört
auch die Hälfte eines Stollenschranks (lnv.-Nr.
Mö 199) im oö. Landesmuseum in Linz". Wie
auch heute noch gebräuchlich, schuf der Kunst-
hondel des 19. Jahrhunderts aus einem Stollen-
schrank zwei Kredenzen. Statt des Sockels wur-
den vier Leibfüße montiert. Dappelgeschossige
Schränke wurden auch in der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts noch erzeugt, wenngleich die
Entwicklung des Barockschranks zum eingeschos-
sigen Schrank geht. Die Türfelder sind intarsiert,
die Kanten weisen sich nach unten verjüngende
Pilaster auf. Ähnlich gestaltet ist auch eine Truhe
im steierischen Landesmuseum". Sie weist die-
selben mit dem Doppeladler verzierten lntarsien
auf, wie der Garstener Sakristeischrank. Wie die
Linzer Kredenz zeigt sie auch plastisch aufge-
setztes, gesägtes Dekor.
Anders gestaltet wie die oben beschriebene
Gruppe ist ein Tisch im oö. Landesmuseum (lnv.-
Nr. Mö 124), vermutlich 1896 dem Museum von
Abt Theobald Grasböck van Wilhering gespen-
det. Er stellt eine einfachere Version des
bekannten Tisches von Christoph Angermair in
der Münchner Residenz dar, eine Variante be-
findet sich im Joanneum in Graz". Wie aus
den Quellen hervorgeht, hat Johann Degler, das
ausführende Haupt der Weilheimer Schule, 1615
für das Stift Wilhering gearbeitet". Es wäre im
Bereich der Möglichkeit, daß die Weilheimer
Künstler damals auch den Tisch anfertigten.
Während das erste Jahrhundertviertel in der
Möbelkunst in Oberösterreich einen fassaden-
haft gestalteten Typus zeigt, wobei die sich
nach unten verjüngenden Pilaster und die ln-
tarsie eine Rolle spielen, entsteht im zweiten
Viertel des Jahrhunderts ein Möbeltyp, der dem
Knorpelwerkarnament und dem bildhouerischen
Zierat huldigt. Die Intarsie verschwindet. An
der Ubergangsphase von einer Stilperiode zur
anderen steht der doppelgeschossige Einbau-
schrank der Paramentenkammer in Kremsmün-
ster, vielleicht auch noch ein Einzelstück,ein zwei-
türiger Kasten in der Abtei. Der Paramenten-
schrank wurde im 19. Jahrhundert mit einer
volkstümlichen geschnitzten Tafel versehen, die
„BB 1626 AA" bezeichnet ist. Es dürfte sich hier
jedoch um den 1618119 von Stephan Regauer
angefertigten Kasten für die obere Sakristei
handeln. Das Werk zeigt reiche Verzierungen von
Arabeskenarnamentik in Schnitztechnik. Das
Gestühl der Pfarrkirche von Steyr weist im De-
tail große Ähnlichkeit mit dem Paramenten-
schrank von Kremsmünster auf. Die Kirche un-
terstand im fraglichen Zeitraum dem Abt von
Garsten, der nach Wiedereinrichtung der 1522
durch den Brand verwüsteten Kirche drängte,
und es wäre durchaus möglich, daß der Krems-
münsterer Tischler diese Arbeit übernommen
hat".
Das bedeutendste Werk dieses Typus in Ober-
österreich ist ein Möbelensemble des Stiftes
Garsten, welches wiederum mit der Weilheimer
Schule in Beziehung zu bringen ist. Das 1633
datierte Gestühl des Sommerchors in Garsten
befindet sich heute im alten Dom in Linz. Der
ursprüngliche Standort des Gestühls ist nicht
ganz geklärt, da der Sommerchor von Garsten
erst um 1680 erbaut wurde. Möglicherweise han-
delt es sich um das Chorgestühl der alten Stifts-
Anmerkungen 23-38
71 Kreisel, Abb. 406. Das Stück stammt aus dem Kunsthandel.
1' Das Stück stammt aus dem Legat Moriz von A2 1884,
und seine Herkunft ist somit nicht eruierbar.
" Kreisel, Abb. 438.
7' Kreisel, Abb. 351, 580.
7' Groiss. S. 206. _
"Josef Ofner, Kunstchronik der sei-m Steyr, m. Ver-
öffentlidwngen des Kulturamtes der Stadt Steyr 79, 1969.
1' Karl Woditschka, Die Odyssee eines heimischen Kunst-
werks, in: Heimatland 1939, Nr. 46, 47.
i" Josef Perndl, Die Stiftskirche von Garsten, ihre Bau-
geschichte und Ausstattung, in: 59. Jahresbericht am Kol-
legium Petrinum 1962l1963, Fußnote 68.
1' Heinzl (Groissl, S. 25 - Brigitte Heinzl, Die hGdt-
mittelolterlichen Bildwerke der kunsthistorischen Abtei-
lung des aö. Landesmuseums. in: Jahrbuch des oö.
Musealvereins, Bd. 119, 1974, Abb. 9.
" Groiss, S. 138 - siehe Fußnote 3D.
"Zum Beispiel die Tätigkeit von Leonhard Sattler und
Stephan Jegg im Stift St. Florian in der ersten Hälfte
des 1B. Jahrhunderts.
3' Die Schweiz scheint in dieser Zeit mehr Denkmals auf-
zuweisen als Deutschland. Ein ähnlich reich gestaltetes,
1598 datiertes Gestühl befindet sidi im historischen
Museum, Basel (Kreisel, Abb. 255).
ß Kreisel, s. m.
" Kreisel, Abb. 423.
" Kreisel, Abb. 245.
3' Woditschka.
kirche. Der Tischler dieser bemerkenswerten Ar-
beit war der Benediktbeurer Michael Obermül-
ler, der seit 1631 Laienbruder in Garsten war".
Benediktbeuern liegt in der unmittelbaren Nähe
_ von Weilheim. Hans Spindler, der Stiftsbildhauer
von Garsten, arbeitete vermutlich als Bild-
g schnitzer am Gestühl mit und wurde 1632 ent-
lohnt". Namentlich wird er zwar nicht genannt,
f jedoch ist die stilistische Übereinstimmung zwi-
- schen den Figuren des Chorgestühls und der
_ Garstener Altäre sehr groß. Die Hermenengel
3 und Puttenkäpfchen des Chorgestühls sind fast
i identisch mit denen der
Garstener Altäre".
Groiss ist zwar der Meinung, daß es sich nur
um einen im Spindlerischen Stil gearbeiteten Fi-
guralschmuck handelt, jedoch war Spindler zur
fraglichen Zeit Stiftsbildhauer, und die Archiva-
Iien sprechen ausdrücklich vom „BiIdschnitzer"".
Eine Trennung in Tischler- und Bildhauerarbeit
ist bei Möbeln durchaus üblich gewesen". Bei
dem prachtvollen Werk handelt es sich um einen
typischen Vertreter des Knorpelwerkstils, wie er
im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts var-
kommt".
In Deutschland finden sich nur wenige Beispiele,
da hier die Entwicklung der Kunst durch den
Dreißigjährigen Krieg sehr gebremst'wurde".
Sehr ähnlich gestaltet ist die Vertäfelung in
Schloß Toffen bei Bern von 1633". Bereits das
Schaubüffet nach den Entwürfen von Friedrich
Sustris in der Münchner Residenz weist reichen
Knorpelzierot auf, wie überhaupt die Möbel der
Münchner Hofkünstler stilbildend für den neuen
Barockstil in Süddeutschland gewesen sind".
Zweifelsohne dauerte es einige Zeit, bis sich
Möbel solcher Art in der weiteren Umgebung
außerhalb der Hofsphäre verbreiteten. Man muß
bedenken, daß München damals im süddeut-
schen Raum führend war, während Augsburg
und Nürnberg, die künstlerischen Zentren des 16.
Jahrhunderts, stilistisch altertümlicher waren.
München übernahm seine Vorbilder wohl teil-
weise aus der venezianischen Kunst. Der Hof-
künstler Sustris war ja Venezianer. Im Chor von
San Giorgio Maggiore in Venedig befindet sich
ein 1594-1598 entstandenes Gestühl des Gasparo
Gatti, das dem Garstener Gestühl sehr ähnlich
ist. In der Pracht der Ausführung kommt das
Garstener Gestühl diesem sehr nahe. Hervorra-
gend ist vor allem die Vielfalt der Figuren. Das
dreibänkige Gestühl enthält in seiner Rückwand
Säulen, deren Basen und Kapitelle von Figuren
gebildet werden. Die einzelnen Felder der Rück-
wand tragen Puttenköpfchen. Die Vorderwand
des Gestühls-zeigt verschiedene Hermen und
ebenfalls Puttenköpfchen. Das Chorgestühl wur-
de leider bei der Aufstellung im Linzer Dom
verkürzt, und Teile desselben befanden sich 1930
auf Schlaf! Matzen in Tirol und Schloß Fürsten-
stein in Breslau".
1633 datiert ist auch ein prunkvolles Portal
in, Schloß Puchheim, das aus der Kapelle von
Schloß Ebenzweier am Traunsee stammt. Der
Aufbau dieses Portales entspricht noch denen
der Renaissanceportale, wie etwa von Schloß
Hartheim (aö. Landesmuseum Linz). In der Durch-
führung ist jedoch bereits eine Plastizität fest-
zustellen, wie sie dem Frühbarock entspricht. Die
mit geschnitzten Ornamenten verzierte Tür wird
von sich balkonförmig vorwölbenden Pilastern
gerahmt, die ganz denen des Steyrer Gestühls
entsprechen. Über der Tür erhebt sich ein ge-
sprengter Giebel. Ins zweite Jahrhundertviertel
zu datieren sind auch die beiden Portale im
Rittersaal des Schlosses Aistersheim. Auch sie
weisen gesprengte Giebel auf, die jedoch stär-
ker in die Säulenrahmung einbezogen sind und
dadurch dem ganzen Portal eine geschlossenere
Wirkung verleihen.
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