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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 154 und 155)

Tischdecke rechts sind blau. Die blaue Farbe 
füllt den unteren Teil des Bildes und geht bis 
zur Sphäre der Fräcke. Von den Vasen geht 
es den Rümpfen der Gesellschaft, die auf der 
anderen Seite des Tisches sitzt, entlang. Oben 
haben wir die Zone des Grünen, die die rechte 
Bildseite erfüllt und die Tortenpyramide sowie 
den Kücheniungen umfaßtm". 
Genauso konsequent führt der Künstler die Far- 
ben- und Formenzonen in das Bild „Leda mit 
dem Schwan" (um 1923) ein, eine Komposition, 
die von der „Danae" Tizians inspiriert wurde. 
Im beleuchteten zentralen Teil des Bildes liegt 
Leda in den Armen eines Schwans. Die Gestalt 
Ledas wird zwar aus runden und die des 
Schwans aus eckigen, „männlichen" Formen ge- 
baut, doch verbindet die beiden Figuren die 
gelbe Farbe. Um diese zentrale, hell gemalte 
Szene herum werden die dunklen Farbenzonen 
angeordnet. Links kugeliges Buschwerk und eine 
Baumgruppe in Violett, die nach rechts in ein 
helles Rot übergehen. Diese Farbe schafft eine 
Verbindung der Bäume mit den spitzen Felsen 
rechts im Hintergrund. Die Felsen rechts haben 
dreieckige Formen, die in viereckige Formen 
übergehen, iedoch ist ihre Farbe dunkelblau, 
was dem Marineblau des Himmels im Hinter- 
grund links oben entspricht. 
Ein sehr reinesv Beispiel des Strefismus stellt 
das Aquarell „Schwan" [um 1925) dar. Das Werk 
stellt im Vordergrund eine Gruppe von weißen 
Schwänen dar, die hintereinander zum rechten 
Ufer schwimmen, wo eine Reihe von rot gemal- 
ten Musizierenden mit spitzen Mützen sitzt. Hin- 
ter ihnen sieht man die Zone der dreieckigen 
Büume; eine dreieckige Sonne beleuchtet die 
Szene mit hellblauen, ebenfalls dreieckigen 
Strahlen. Auf der linken Seite geht der hellgrüne 
Boden in das Dunkelgrün der monumentalen 
Architektur, die stufenweise aufsteigt, über. 
Rein strefistisch ist auch eine andere Version 
von „Leda" (um 1926), die in einer gemischten 
Technik, Federzeichnung mit Aquarell, ausge- 
führt ist. Hier ist vor allem die Trennung der 
Formen konsequent durchgeführt; dank der 
exakten Zeichnung kann man die Zone der 
Ovale, dann die der Kugeln, dann eine Mittel- 
zone zwischen Ovalen und Dreiecken, dann die 
von Dreiecken, die in Vierecke übergehen und 
endlich die Zone der unregelmäßigen eckigen 
Formen genau erkennen. Auf diese verschiede- 
nen Formenzanen legt Chwistek ganz subtil die 
Farbzonen. ' 
Wie wir sehen, sah Chwistek die Disziplin der 
Bildkompasition nicht in derenVereinheitlichung, 
sondern in der'Teilung des Bildes in in sich ge- 
bundene, doch kontrastierende Formen-,Farben- 
und Lichtzonen.DieLichtzonen, die durchdiever- 
schiedenen Farben- und Formenzanen durch- 
gehen, hätten für die anderen Zonen eine ver- 
bindende Funktion. An die oben erwähnten Zo- 
nen kann man auch die Bedeutungszonen an- 
schließen, die symbolische Elemente einführen. 
So werden die eckigen, harten Formen meistens 
in der „männlichen" Zone auftreten, die kreis- 
förmigen, weichen Formen dagegen in der 
„weiblichen"; und auch die inhaltlichen Bedeu- 
tungen dagegen werden durch oft symbolisch 
gemeinte Farben- und Lichtzonen überdeckt. 
Der Strefismus, der ein Vorschlag der Schaffung 
einer neuen Kunstrichtung oder, wie es Chwistek 
nannte, eines „neuen Stils" war, stand auf den 
Positionen der figurativen Malerei, wo das 
Thema und mit ihm verbundene emotionelle 
oder andere assoziierte Inhalte eine große Rol- 
le spielten. Der literarische Charakter des dar- 
gestellten Themas aber wurde durch die Regeln 
des Strefismus „entrealisiert". Durch die Tren- 
nung von Farben-, Licht- und Formenzanen er- 
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hob Chwistek das Thema, den dargestellten Aus- 
schnitt der Wirklichkeit, in eine andere Reali- 
tätsebene, etwas sakral, etwas märchenhaft. 
Eine solche Lösung charakterisiert den „Fisch- 
fang" (um T926). Auf einem roten eckigen Fel- 
sen in der Mitte eines grünblauen Sees sitzt 
ein nackter Mann mit einer Angel, der mit sei- 
ner orangeroten Farbe wie auch mit seinen ecki- 
gen Formen sich dem Felsen, in dem er eine 
Stütze gefunden hat, anpaßt. Hinter dem Mann 
befinden sich rote dreieckige Felsen, die sich 
mit den viereckigen Formen der im Hintergrund 
skizzierten Architektur, die in einem dunklen Rot 
gemalt sind, verbinden. Das Ganze auf dem 
Grund eines ins Rote übergehenden violetten 
Himmels. Auf dem anderen Seeufer sitzt die 
kreisförmige Gestalt einer nackten Frau, die in 
einem hellen Gelb gemalt ist, dem Mann gegen- 
über. Ihre Formen stimmen mit den kugeligen 
Baumstämmen auf ihrem Seeufer überein. Die 
Baumstämme sind braun wie das Ufer, wo die 
Frau sitzt, und ienes im Hintergrund. Das grüne 
Laubwerk verbindet sich mit dem Grün des 
 
Ufers im Vordergrund, wobei dieses Grün 
Verlängerung im dunkelgrünen Wasser de 
findet. Die ganze Szene wird vom silk 
Mond, den man über dem Kompositionszs 
sieht, beleuchtet. 
Im „Fischfang" verwirklichte Chwistek sein 
lat der Farben-, Formen- und Lichtzonen ' 
wir haben hier auch Elemente der sch 
den früheren Werken auftretenden Farb-, 
und Lichtsymbolik. Die Frau gehört zu 
beleuchteten kreisförmigen Zone, der in e 
Formen rot gemalte Mann bleibt im Schalte 
Das letzte von hier besprochenen Werken 
steks, „Das Stilleben"(um l932),nöhert sich 
der abstrakten Kunst. Die Formen sinc 
stark geometrisiert, daß es schwerfäll 
dargestellten Gegenstände zu bezeichnen. 
zeichnerische Komposition ist in drei g 
Zonen geometrischer Formen geteilt: ier 
Kreise, iene der Dreiecke und der ge 
parallelen Linien sowie in iene der Zickzo 
dieser Zeichnung nähert sich Chwistek, o 
er auf den Strefismus nicht verzichtet um 

	        
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