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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 156)

7 Frank Kupka. "Nocturneu. 1910. Ol. 86x66 cm 
8 Hans Staudacher, Aktionsmalerei 
 
autoritärer Systeme der Zwischenkriegsepoche; 
mit Kasimir Malewitschs "Schwarzes Quadrat-- 
(ca. 1913) war das extremste Nein zum Menschen 
als Mittelpunkt gegeben. ln Österreich war offen- 
bar zu jener Zeit kein rechter Boden für diese letz- 
ten Konsequenzen. Offensichtlich ein Erbe katho- 
lisch-barocker Lebens- und Leibesbejahung. Die 
wenigen abstrakt arbeitenden Künstler jener frü- 
hen Jahre. etwa Johannes ltten (1916-1919 in 
Wien) und der Oberösterreicher Herbert Bayer 
wanderten sehr bald nach Deutschland aus und 
fanden sich im Bauhaus wieder. 
Erst in den Jahren nach der deutschen Okkupation 
schuf eine ganze Anzahl junger Österreicher, wie 
in einem großen Nachziehverfahren von Versäum- 
tem, freie Figurationen. Johannes Fruhmann ge- 
hörte mit seinen 1950 entstandenen Kompositio- 
nen zu den ersten, die mit abstrakten Bildern her- 
vortraten, ebenso Maria Lassnig und Arnulf Rainer, 
Diese Bilder gingen einerseits aufeinen Akt der Be- 
freiung von dem faschistischen Druck zurück, wa- 
ren eine Dokumentation der gewonnenen Freiheit 
und des subjektiven Willens zu Neuem, anderer- 
seits aber auch ein Zeugnis des in den Jahren des 
Grauens verlorenen Glaubens an den Menschen, 
Nur bedingt können Jose1MikI und Wolfgang Hol- 
lega hier genannt werden. immer bleibt ihre Bin- 
dung zum Gegenstand. bei Mikl in seinem Röhren- 
system, zur menschlichen Figur gegeben. Unbe- 
dingt aber sind die Objekte Hans Bischoffshausens 
hier zu erwähnen und die Aktionsmalereien von 
Hans Staudacher. Beide Künstlersind ausgeprägte 
Individualisten, die ihre eigenen Wege gehen. 
in der Gruppe Theo Braun. Ludwig Merwart und 
Günther Kraus treffen wir schon auf geordnete. zu 
geometrischen Formen führende Kräfte. die, ähn- 
lich wie die Schöpfungen der Bildhauer Karl Prantl 
und Fritz Hartlauer. irrationale, oft auch metaphy- 
sische Hintergründe anpeilen. Ein ikonoklasti- 
sches Element scheint stark vorherrschend. es ist 
puritanisch und im Grunde genommen der öster- 
reichisch-barocken Lebensauffassung eher fremd, 
Gerade bei den Plastikern gibt es aber auch etliche 
Künstler, die sich entschlossen haben. gewisse Ei- 
genschaften des heutigen Lebens, Erscheinungen. 
die in unserer Welt eine große Rolle spielen. in eine 
sichtbare, alle Menschen berührende Form zu gie- 
ßen. Etwa Rudolf Hoflehner die Kraft, Wander Ber- 
toni die Bewegung, Josef Schagerl die Strahlung. 
Franz Katzgraber die Verletzbarkeit und Mathias 
Hietz und Hermann Walenta das Wachstum. 
Eine wichtige Ankündigung der Wende im Kunst- 
verständnis unserer Zeit war die Ausstellung "Die 
figurative Malerei in Europa" des sPremio Marzot- 
to-Europa per la Pittura" in den Räumen des Oster- 
reichischen Museums fur angewandte Kunst in 
Wien im Jahre 1968. International anerkannte 
Künstler aus vielen Staaten waren vertreten. Die 
Wiener Kritik reagierte nur zögernd und uneinheit- 
lich. erfaßte durchaus nicht, was sich hier ankün- 
digte. Den Durchbruch der neuen Gegenstandlich- 
keit und die Auferstehung des Leibes brachte dann 
eine Ausstellung in der Hauptanstalt der Zentral- 
sparkasse der Gemeinde Wien im Jahre 1969. die 
den Titel "Figur-r führte und die Werke von Georg 
Eisler. Alfred Hrdlicka. Fritz Martinz, Rudolf 
Schonwald und Rudolf Schwaiger zeigte. 
Ganz bewußt und provokant stand der Leib der 
Menschen sehr realistisch und übergroß im Blick- 
feld, und dieser Leib war geschunden, deformiert 
und von den verschiedensten Geschehnissen die- 
ser Welt - es scheint durchaus nicht die beste aller 
Welten zu sein - gezeichnet. 
In Eislers Aussage tritt das Politische in den Vor- 
dergrund. Der Mensch als Verfolgter eines Terror- 
systems. Schonwald kennzeichnet die Auswüchse 
der Verirrungen im Sozialgefüge und übersteigert, 
karikiert den Leib des von seiner Position gepräg- 
ten, Martinz stellt in riesigen Bildern das nackte
	        
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