9 Herbert Bayer, Kulissenbild. 1925. Tempera, 46,5x68 cm
10 Johann Fruhmann. KDHSNUHIOH auischwarzem Grund.
1952, Ol. Gipsgrund, 84x69 cm
Fleisch vor unsere Augen. S0 ist esl Hier die ge-
schlachteten Ochsen. Hier die breitgequetschten
Schenkel einer fülligen Frau, der gewölbte, große
Bauch. Männer mit derbem Bizeps und riesigen
Füßen. Alles fern aller Ästhetik. Auch Hrdlicka
wählt bewußtThemen, die den Menschenleib in ex-
tremen Situationen zeigen, wobei wir freilich fra-
gen können: Sind die wirklich so extrem oder (lei-
der) nur zu sehr an der sogenannten Tagesord-
nung? Schwaiger ist der Realistischste, er be-
schönigt nicht und er verunstaltet nicht. er selek-
tiert auch nicht absichtlich aus dem Bereich des
Häßlichen.
Mit der angeschnittenen Frage nach der extremen
Situation kommen wirzu dem geschundenen Leib,
der in der neueren Kunstströmung eine dominie-
rende Rolle spielt.
Bei Alfred Hrdlicka ist es eindeutig ein soziales En-
gagement für alle. die von der Gesellschaft - wer
sie auch immer sei - benachteiligt und unterdruckt
werden und bei denen sich diese Unterdruckung
(wie auch anders?!) in ihrer körperlichen Erschei-
nung widerspiegelt (sowohl in dem passiven als
auch in dem aktiven Teil!). Sein oft ausgesproche-
nes Bekenntnis zum Leib und zur Sexualitat bein-
haltet dabei etwas Normales, Natürliches. Wenn er
immer wieder den geschundenen und zerqualten
Leib seinen Mitmenschen vor Augen fuhrt, so klagt
er damit an. Er klagt diese Gesellschaft an, klagt
den Bürger an, der diese Geschundenheit als
Selbstverständlichkeithinnimmt, dielnstitutionen,
die von der Wurde des Menschen sprechen und de-
ren "Produkten aller Würde bar sind, Institutionen,
die uns Hrdlicka immer wieder vor Augen führt.
Ähnliche Aussagen finden wir bei Adolf Frohner
und auch bei jüngeren Malern wie etwa Bernhard
Hollemann und Peter Dworak (um nur einige Na-
men zu nennen).
Adolf Frohner zeigt mit Vorliebe weibliche Körper
älterer Frauen. mit denen er der ewig jungen "Su-
perfrau-t des amerikanischen Plakatidols, das
noch in der Pop-art zu finden ist, ein realistisches
Antibild entgegenhält. Die Frauen sind nicht durch
ein gesundes. menschlich freies Leben zu diesen
Erscheinungen geworden. Nicht umsonstzeichnet
Frohner immer wieder Körper in grausamen Ab-
schnürungen, Aufhangungen! (Es gibt ja die ver-
schiedensten Abschnurungen. Verrenkungen und
Aufhängungen, und alle wirken sich aus!) Gerade
durch diese ihre Häßlichkeit aber weisen sie uns
darauf hin, daß da etwas ist, das diese Haßlichkeit
11 hervorruft, und daß das nicht richtig ist, daB wir die
11 Karl Prantl. Meditationsstein
12 Rudoll Hoßehner. Figur in Aktion ll (67), 1962. Eisen,
massiv. H 164 cm
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