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der Ausführung das Schmiede- und Schlossergewerbe in Wien noch spät im XVIII. Jahr
hundert betrieben wurde, bis es vor dem Eisen- und Messingguß versank.
Noch tiefer in unsere Zeit, ja bis in die Tage unserer frischen Erinnerung reicht ein
anderer Zweig der Kunstindustrie, dessen Werke ebenfalls noch zahlreich erhalten sind und
theilweise selbst noch im Gebrauche stehen. Das sind die Arbeiten der kaiserlichen Porzellan-
manufactur in Wien, welche erst vor zwanzig Jahren aus einem Dasein schied, das anderthalb
Jahrhunderte gedauert hat. Es gab eine Zeit, etwa von der Mitte der Achtziger-Jahre bis
zum Jahre 1810 oder 1815,
wo sie der Stolz der Stadt und
des Landes war. Mehr als
fünfhundert Arbeiter zählte sie.
Damals nach ihren künstlerischen
Leistungen die erste Fabrik der
Welt, war sie eine wahre Kunst
anstalt, deren Einfluß über ihr
Material hinaus auf andere
Zweige der Kunst, z. B. auf die
Blumen- und Genremalerei sich
erstreckte. Mit welchen: Reich
thum an malerischem Bildwerk
überdeckte sie ihre Porzellan-
gefäße! Mit welcher Freiheit
und Originalität zugleich ver
wendete und behandelte sie die
reizenden ornamentalen Motive
der pompejanischen Wandmalereien, welche ihren Decorationsstil bildeten! Aber diese
Blüte dauerte nur kurze Zeit. Die lange Friedensepoche der ersten Hälfte des XIX. Jahr
hunderts war wohl einerseits der Entwicklung der Luxusindustrie günstig, aber diese
Epoche litt wie keine andere vor ihr an Mangel, vielmehr an Verkehrtheit des Geschmack».
Wer kann heute noch Arbeiten der Kunstindustrie ansehen, die zwischen den Jahren 1820
und 1860 geschaffen wurden? Dazu kam — zum ersten Male in der Culturgeschichte —
der überwältigende Einfluß der Maschine, der jegliche Handarbeit — und sie ist doch die
Grundlage des Kunstgewerbes — znrückdrängte. Gehen wir über diese Epoche hinweg!
Die erste große Weltausstellung zu London im Jahre 1851 brachte die Einsicht in
diesen Zustand der gesammten europäischen Kunstarbeit. Auf der zweiten Londoner
Ausstellung im Jahre 1862 hat England bereits den Beweis geliefert, daß durch Vorbild
Taste aus der kaiserlichen Wiener Porzellansabrik (um 1790).