. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Blickpunkte
Das abgeschlossene Jahr hat sowohl dem Stammhaus
wie auch den Außenstellen des Museums nicht nur seine
Freunde erhalten, sondern auch neue hinzugewonnenf
nicht zuletzt durch den dichten Rahmen seiner Aktivitä-
ten und seine größeren internationalen Ausstellungen.
So soll es nun auch 1978 sein! - Zum Teil laufen noch
die vom Vorjahr stehenden Ausstellungen, und für 1978
sind anfangs geplant:
Stammhaus:
Eine Präsentation von -Glasfenstern für Auschwitz von
Heinrich Sussmannn. Anschließend, ab 10. M'arz, folgt
i-Franka Lechner - Bildteppiche + Gouache - Collagen-a
sodann eine Präsentation von Objekten freier und ange-
wandter Kunst von Marianne Maderna im April.
Außenstellen:
Geymüller-SchlössellSammlung Sobek beendet gleich
wie Schloß Petronell die Winterpause. und beide eröff-
nen am 1. März 1978. im Geymüiler-Schlössel allerdings
eingeschränkter Betrieb infolge unaufschiebbarer Adap-
tierungsarbeiten. Diese Außenstelle des Museums kann
übrigens mit Genugtuung für 1977 die höchste Besu-
cherzahl seines Bestandes meiden. Schloßmuseum Rie-
gersburg wird am 1. April 1978 allen überlandfahrenden
Kunstfreunden wieder offenstehen.
Das Österreichische Museum ist auch Ort von Zusam-
menkünften, wenn es um Entscheidungen für Vorhaben
im öffentlichen Bereich. in Sachen Kunst geht. Beweis,
eine Jurysitzung, die Ausstattung des neuen Verwal-
tungsgebäudes der Österreichischen Fluggesellschaft
AUA betreffend, der Hofrat Prof. Dr, Wilhelm Mrazek prä-
sidierte. Daß es dabei um bestmögliche Entscheidungen
geht. beweist, daß einer ersten Sitzung ohne Ergebnis
am 19. 1.1978 eine weitere folgen wird müssen. im Zu-
sammenhang damit stehen Auswahl und Enuerb von
Kunstwerken von Wotruba. Hollegha, Mikl. Prachensky.
Rossing. Heuer. Salzmann. Stark u.a.
Unter dem Kapitel Neuerwerbungen. das stets besondere
Gesichtspunkte nach allen Richtungen, nicht zuletzt die
der Möglichkeiten im finanziellen Bereich erfordert, ist
der Erwerb eines Leuchterpaares von Du Paquier, um
173D, i-Lauteschlagender Kavalieri- und i-Singende
Dame" vorgesehen. Diese aus Privatbesitz stammende
Kostbarkeit wird trotz des hohen Preises mit Hilfe des
Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung als
wichtiger Ankauf erworben werden können.
Die Textilsammlung, die nach dem Abgang von Frau
Dr. Dora Heinz im Vorstand verwaist war, hat eine Nach-
folgerin: Frau Dr. Angela Völker-Prohaska. Diese konnte
als neue Leiterin der Textilsammlung bereits bei der Vor-
bereitung der Ausstellung "Kunst des Islam-t ihren
Sammlungsbereich wissenschaftlich bearbeiten und mit
altorientalischen Knüpfteppichen diese Ausstellung in
Schloß Halbturn hauptsächlich beschicken.
Weiterhin laufen in der Reihe der Forschungsvorhaben
mit der Thyssen-Stiftung einige Projekte, die noch nicht
in ein konkreteres Stadium getreten sind. Schönen Zu-
wachs erhielt die Ostasiensammlung des Musaums durch
eine Schenkung von ca. 50 Schwertstichbiättern. Diese
hatte der kürzlich verstorbene Wiener Maler und Grafiker
Chariy Lipka. gen. Ho-Tei. dem Österreichischen Mu-
seum für angewandte Kunst vermacht. im Zuge von
Nachlaßverhandlungen hat die Finanzprokuratur verzich-
tet, diese Ostasiatica öffentlich zu veräußern und diese
großzügig als Kuiturgut der Öffentlichkeit gewidmet.
Der Leiter der Möbelsammlung des Österreichischen Mu-
seums für angewandte Kunst. Wissenschaftlicher Ober-
rat, Univ.-Lektor an der Technischen Universität Wien.
Dr. Franz Windisch-Graetz, beging Anfang Jänner 1978
- seinen 65. Geburtstag. Als Fachmann. Experte und Wis-
senschaftler der Möbelkunde - "Pionier der Schloßmu-
saenr- - weithin in Österreich und international geschätzt
und anerkannt, wird er noch bis Ende 1978 seiner her-
vorragend geführten Möbelsammlung vorstehen. ln rei-
chem Maße stets publizistisch tätig. war er hauptsächlich
auch Mitbegründer unserer Zeitschrift kalte und moderne
kunste. Vom ersten Tag an dieser lnstitution stärkstens
verbunden, sei ihm vorerst an dieser Stelle herzlich gra-
tuliert und gebührend Dank für sein unermüdliches Wir-
ken gesagt. I. n.
Aus der Besucherstatistlk des Österreichischen Mu-
seums, abgeschlossen 1977:
Stammhaus: 123.122 Besucher
Außenstellen: 52.313 Besucher (Schioß Petronell.
Schloßmuseum Riegersburg. Geymüller-SchlösseilSlg.
Sobek und als Gast-Außenstelle Schloß Grefenegg)
Gerhardt Moswitzer
Der König und sein Spiel
Katalog Neue Folge Nr. 47
Altes Haus, Säulenhof
Wien l.. Stubenring 5
13. 10.-20. 11. 1977
Gerhardt Moswitzer. Jahrgang 1940. erlernte den Beruf
des Werkzeugmachers, 4 Jahre lang. Ein Künstler, der
vorn Handwerk her kommt und damit eine starke Basis
für sein Schaffen hat. Erste Arbeiten, sein "König-r, sein
vBärtiger-r und seine "Häuserlnii aus dem Jahre 1962,
beweisen a priori als erste Phase, damals Schüler der
Kunstgewerbeschule Graz, diese Annahme. Ein Relief.
ebenfalls aus 1962. stellt Krönung und echten Beginn
seines schöpferischen Plastikerlebens dar. Relevant bis
auf den heutigen Tag seine Material-Sprache, die unver-
wechselbar, ja fast einzeigängerisch geblieben ist. Und
dieses Relief aus 1962 scheint nachdrücklich auch seine
ganz ursprüngliche schöpferische Herkunft zu belegen.
Hier spielt er geradezu in Art alter Meister mit den
scheinbar ungelenken. vierschrötigen Formen eiserner
Reste und Un-Dingen, als eine gesammelte Aquität voll
differentester Harmonie. Kompakt geordnete r-Objets
trouves- eines Werkzeugmachers, der langst Künstler
geworden ist.
Gerhardt Moswitzer ist inzwischen auch längst zum fe-
sten Begriff nicht nur der österreichischen, sondern auch
der internationalen Plastikerszene geworden. War auf
Biennalen und großen Ausstellungen. Nun hielt er mit
seinem Ensemble r-Der König und sein Spiel- Einzug in
das Österreichische Museum für angewandte Kunst. Ein
Einzug, der unmittelbar nicht eines humorigen Anstri-
ches entbehrte. Fachgerecht weiß umtucht. in Art von
wChrislo-Verpackungii. geheimnisvoll umhüllte Objekte
bis zur Vernissage. Wenn man von der Schwere der Pla-
stiken und dem als "Stolperschragen-r verschrienen.
ängstlich gesetzten Grundraster absieht. so war alles
schnellsten etabliert.
Moswitzer, kein Riese selber. baut dennoch eher gigan-
tisch-massige Stahl- und Eisenobjekte, In Sprache und
Diktion ein Proto des späten 20. Jahrhunderts, bezogen
auf dessen industrielle Aspekte, die Werkshallen und
feueriodernden Essen stahiverarbeitender Betriebe. Prä-
zise artikuliert er seine freie. jedoch wie "maschinelle ge-
fügt wirkende. "gehobeltem und verschweißte Kunst. Ro-
stig, glänzend. stahlern, gläsern. - Man merkt es kaum.
daß Moswitzer von der Malerei - unter Fabian - her-
kommt. Über erste Collagen öffnet er sich der Plastik
und verschreibt sich ihr so gut wie völlig.
Der König und sein Spiel stand zentral in der Säulen-
hofmitte als eine strenge Komposition. Am einzelnen Ob-
jekt ist biographisch fundiert Moswitzers künstlerische
Entwicklung abzulesen. in seiner Gesamtheit jedoch ein
Ensemble von starker Intensität, das in sehr hartem Kon-
trast zur Säulenhofarchitektur stand, jedoch in durchaus
einordnender Haltung. Gerhardt Moswitzers ausgestelltes
Werk läßl sich an Hand seiner Vorzeichnungen am be-
sten interpretieren. Er hat sich bei aller Askese im Ar-
beitsprozeß jenes Maß heiterer Humanitas bewahrt, die
ihn uns anders sehen iäßt. Nicht nur als den besessenen
Plastiker des 20. Jahrhunderts. Utopisch: ein dezimiertes
ausgestcrbenes 'NASA-Zentrum' Cape Canaverale. darin
verstreut gesetzt Moswitzers rostigar -Biech-t. seine
-Schwarze Queen-r oder sein -Hoboken-. Als starke
schöpferische Signale dieses Jahrhunderts wären sie si-
cher späterhin signifikante Relikte und Jahrhundert-Fle-
putation. Wir halten Gerhardt Moswitzer neben manchen
starken Piastikern der Gegenwart für den Künstler, dem
beispielhaft die Transformation der optischen, geistigen
und materiellen Strömungen des 20. Jahrhunderts ge-
lang.
Drei Städte Europas -
gesehen von Marianne von Werther
Schriften der Bibliothek 13
Ausstellungsraum der Bibliothek
und Kunstblättersammlung
Altes Haus. 1. Stock
Wien l.. Stubenring 5
21.10.1977-29.1.1978
(verlängert bis 12. 2 1978)
Mit dieser, einer zeitgenössischen Künstlerin schloß die
Bibliothek an ihre zuletzt gezeigte Ausstellung i-Das Bild
der Antike in Renaissance und Barock-i an. Merkwürdi-
gerweise sah man sich. und dies nicht über die -Vedu-
ten- - wobei wir den Begriff hier fest nicht setzen sollten
-, von Fiom fast in die gleiche Bildwelt versetzt. Der Ab-
stand der Jahrhunderte scheint erstaunlich gering,
wenngleich natürlich von Stichen dieser früheren Zeiten
zu den Federzeichnungen einer zeitgenössischen Künst-
lerin reichend - weil deren Hand durchaus im Stile alter
_.ak...... u..:..n,.. Mr-..
Marianne von Werther notigt in vielem tiefsten Res
ab. Hochbeiagt, von bewundernswerter Energie. Z4
riet sie in abgasverstunkenen Metropolen Stunden
Stunden. Hält das Bild, das heute so flüchtige, von
städten in charakteristischen Ausschnitten und Siti
nen fest. Die Künstlerin ist Autodidakiin und außer
leichten Anführung von Jungnickel auf eigene zeic
sche Beine gekommen. Doch sind. wie wir es eing.
andeuleten, wirkliche Vorbilder Guardi und Pirane:
wesen.
Fraglos dem Netz der kontemporären Kunstszene l
schlüpft. versteht es Marianne von Werther - und l
rechnen dies ihrem begnadeten hohen Alter an a.
ren Zeichnungen so etwas wie die Seele oder das
einer Stadt bloßzulegen. Zwischen sicheren Strichi
gen und Lavieren entwickelt sie eine nuancierte Ai
drucksskala. die erstaunlich ausgereift ist. Nicht. d
römischen und wienerischen Ansichten um vieles '
ger gut wären als die Londoner, doch ohne Zweite
Londoner Zeichnungen sind unbestreitbar der Höl
punkt dieser Ausstellung.
Wir stehen nicht an. das bei der Presseführung en
dete konlroversieiie Feuerchen künstlerische Hanc
nung kontra Fotografie nach- und neu zu schüren
doch Marianne von Werther beweist. daß nichts st
Kunstwerk ist und sein kann als tatsachlich das vc
Hand und künstlerischer Empfindung getragene A
oder die Nachbildung eines gewählten Bildmotivei
so von Hand Kommende erreicht Bezirke künstleri
Intensität und Differenziertheil in subjektiver Objel
die echte eigenständige Aussage bringt. Demgege
ist die reine, auch i-starke- Fotografie. selbstversti
technisch behandiangert. differenzierter Kontrapoi
gener Gesetzlichkeiten. Gewaltig scheint daher du
Unterschied, sich einerseits zeichnerisch "frei- se
wenn oft auch gewagt kühnen Perspektiven zu su
und andererseits technisch gegangelt alles Appart
einzusetzen und mitspielen zu lassen im Schaffen
kzeß.
Fotografie kann vor der Landschaft in all ihren kü
schen Außerungen bestenfalls Reales naufnehmer
tut-Abbild werden. meisterhaft verdichtet. Handze
nung aber ist erlebte. begriffene und stimmungsir
Natur, noch einmal, und neu. sichtbar gemacht. D
wir an Kupferstiche vergangener Jahrhunderte. Ni
aktualisiert stärker deren Geist und Erschelnungsl
akkordierende Schraffenzüge, die aus der Zeit hei
gesehene charakteristische Ausführung: verspielt
nende betuliche Akuratesse eines überdauernden
blattes aus Künstlerhand.
Modeschau der Meisterklasse für Modi
o. Prof. Fred Adlmüller
und der Meisterklasse für
dekoratives Gestalten und Textil
o. Prof. Margarethe Rader-Soulek
Hochschule für angewandte Kunst
Altes Haus, Säulenhof. Wien 1, Stuben
29.11.1977.18 Uhr 30
Vor mehr als zwei Jahren war es das erste Mal. d
beiden Meisterklassen Adlmüller und Rader-Souli
nebenan. der Hochschule für angewandte Kunst,
gemeinsame Modeschau veranstaltet haben. Was
wissen, ist. daß es bereits zu Zeiten der Wiener in
statte Veranstaltungen ähnlichen Charakters. "da
führen von Kleidern-c gegeben hat, daß Wien mit
sozusagen Ausgangspunkt der Präsentationen de
schlechthin gewesen ist. Wenn man heute Alben
deentvvürfen von Max Snischek, E, Wimmer-Wisg
Mela Köhler, Maria Likarz. Dagobert Peche u.a. d
blättert. überrascht die Fülle der Ideen. der Einfal
tum der Künstler. So hat das Museum nichts als I
Tradition aufgegriffen, die eine Pioniertat der ers
Hälfte dieses Jahrhunderts neuerlich, in der Gegt
zum Tragen bringt. Der Siegeszug der Mode, übe
weite Verbreitung eines zum Teil exklusiven Stan
stimmt ganz entscheidend Existenz und Dasein d
schen rund um den Erdball. Selbstredend ist die
in erster Linie Sache der Frau, sozusagen ihr sie
nierendes Element. ohne das ihr Leben schal ver
der vormaligen Modeschau der beiden Klassen h
wir festgestellt, daß das anwesende Publikum - e
deite sich zwar um eine Generalprobe - vorwiegi
Jeans erschienen war. Nichts gegen Jeans. aber
blick auf die -femininere-- Frau haben wir damals
Gedanken geaußen. sie sollte wieder mehr Frau
modischen Empfinden und Tragen sein. Siehe d:
wollten nicht prophetisch sein. die diesmaiige Mr
schau war auf den ersten Blick her das genaue (
teil. Man trug, und das spürbar gerne, wieder Kit
Nun zur Modeschau.
Das Museum stand 1977 ,ab Herbst' im Zeichen
"Kunst des lslamk. Unwiilküriich kam einem beir