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einen Vorsprung auf dem Sammelgebiet der ba-
rocken Keramik, den das Germanische Museum
nach dem äußeren Umfang nie wieder einholen
konnte, zumal ein öffentlicher Erwerbungsetat
nicht vorhanden war und es in seiner Erwerbstä-
tigkeit in erster Linie - wie noch heute - auf die
Spenden der Mitglieder und Förderer sowie auf
Geschenke und Leihgaben angewiesen war. Erst
in der Zeit, als August von Essenwein (geb. 1831,
Direktor 1866-92) dem Germanischen Museum vor-
stand, wurden außer Fayencen auch Porzellane
erworbeni. In diesen Jahren ging es mehr um das
Sammeln von charakteristischen Hausgeräten,
die als kulturhistorisch belangreich angesehen
wurden, als etwa um die für die einzelnen Manu-
fakturen wichtigen künstlerischen Service oder Fi-
guren. Ein Grundstock in dieser Hinsicht wurde
erst 1885 mit der großen Schenkung des Indu-
striellen und Sammlers Adaibert Freiherr von Lan-
na (1836-1909) gelegt, der dem Museum seit 1883
bis zu seinem Tode als Verwaltungsratsmitglied
mit Fiat und Tat zur Seite stand. Unter den zahlrei-
chen Objekten dieser Schenkung befinden sich ra-
re frühe Erzeugnisse sowohl der Meißner wie der
Wiener Porzellanmanufaktur. Leider ist der Be-
stand dieses Legats später dezimiert worden - in
den zwanziger Jahren durch Tausch und im Zwei-
ten Weltkrieg durch einige Verluste. Weder die
Porzellane des Freiherrn von Lanna noch die einer
späteren Schenkung, die der Herzoginwitwe Maria
von Sachsen-Coburg im Jahre 1901, sind bisher
veröffentlicht worden.
insgesamt ist die Porzellansammlung des Germa-
nischen Nationalmuseums gegenüber seiner
Sammlung an Fayencen und Steinzeug zahlenmä-
ßig recht klein geblieben, doch befinden sich nicht
wenige Stücke von besonderem Rang und großer
Seltenheit darunter. Während aber die Hausmaler-
porzeilane von G.E. Pazaurek zum Teil beschrie-
ben und die frühen Meißner Porzellane auf der gro
ßen Münchner Ausstellung von 1966 gezeigt wur-
den, sind allein die Wiener Porzellane des Germa-
nischen Museums bisher - mit wenigen Ausnah-
men - unbeachtet und nahezu unveröffentlicht
geblieben.
Unter den im Germanischen Museum mit zahlrei-
cheren Beispielen vertretenen Porzellanmanufak-
turen nimmt die zweite große europäische Manu-
faktur, die Wiener, einen verhältnismäßig breiten
Raum ein, wobei die hier vorzusteilenden Objekte
wenigstens in einzelnen Punkten die Kenntnis der
Wiener Manufakturerzeugnisse wie jene der Wie-
ner Hausmaler erweitern und in bescheidenem
Umfange die künstlerische Entwicklung markie-
ren helfen.
Wenn es richtig ist, daß die frühesten Porzellane
der 1718 in Wien von Claudius lnnocentius DuPa-
quier gegründeten Manufaktur vunübertrefflich
reizvoll durch ihre edle Unvollkommenheit-r? sind,
so trifft dies wohl am ehesten auf die flache Terri-
ne mit den beiden Volutenhenkeln zu (Abb. 2)3.
Das Gefäß, von noch unbeholfener, sonst nicht be
legter Form aus gelblich-blasenreicher Masse,
zeigt eine farbenreiche, an japanischen Vorlagen
orientierte Blütenranke in Gelb, Grün, Rot, Blau
und Eisenrot, im Innern einen Strauß deutscher
Blumen. Wie die meisten DuPaquier-Porzellane
hat die Terrine weder Marke noch Ritzzeichen. Die
blauen Streifen auf Wandung und Lippe sind nicht
in Unterglasurblau, sondern in Muffelfarbe
gemalt. Auch dieser Umstand dürfte darauf hin-
weisen, daß es sich um eines der frühesten Stücke
der Manufaktur handelt, denn die Verwendung von
Unterglasurblau ist bereits für die Frühzeit nach-
gewiesen.
Die reiche Farbpalette, den großen Zierformenvor-
rat und die variationsfreudigen Bildinhalte der frü-
hen Zeit bringt die große Schauplatte, deren Rand
über pastosem Unterglasurblau Eisenrot und
Goldmalerei zeigt (Abb. 3)4. Aus der bisher be
kannt gewordenen Reihe ähnlich dekorierter,
meist kleinerer Platten stellt er mit dem Vogel zwi-
schen den vexierbildartigen Chinoiserien auf zwei
Blättern wohl die reizvollsten Motive v0r5.