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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 157)

Georg Wacha 
Zinn und Zinngießer in 
Osterreich 
Zinn wird im Gebiet des heutigen Österreich nicht 
gefördert. Seit der Verwendung von Metallen in ur- 
geschichtlicher Zeit mußte es aber dem Kupfer 
beigegeben werden, um durch Legierung (Bronze) 
die bessere Bearbeitung zu ermöglichen. Für Ver- 
zierung von Gefäßen, als Gewandbesatz, für 
Schmuckstücke wurde Zinn gelegentlich auch 
rein verwendet (oder vermischt mit Blei, welche 
Verbindung damals schwer zu trennen war). Als 
Beispiele seien Zinnblattchen aus hallstattzeitli- 
chen Bestattungen, ein Steckkamm aus einer 
frühgeschichtlichen Beisetzung im Donauraum 
(BH. Perg) genannt. 
Seit der Antike wurde Zinn von den britischen ln- 
seln in den Mittelmeerraum gebracht. Der Seehan- 
del der Phönizier war dem begehrten Metall gewid- 
met, auch der beschwerliche Landweg wurde 
nicht verschmäht. Der berühmte Krater von Vix 
soll als Ablöse für den Zinnhandel oder als Gebühr 
für den Transport vom Lauf der Seine zur Rhone 
nach Frankreich gekommen sein. Als im 13.Jahr- 
hundert auf deutschen, speziell auf rheinischen 
Märkten Rohmaterial aus anderen Gegenden auf- 
tauchte, brach für Bühmen eine neue Blüte im 
Bergwesen an. Aus Graupen, Kaiserwald, Schön- 
feld, aus Joachimsthal, aus Gottesgab, aus 
Schlackenwald und anderen Orten wurde Zinn 
nach Nürnberg gebracht, es wurde auf dem alten 
Salzhandelsweg nach Süden verhandelt, Polen 
und der Balkan wurden damit versorgt. 
Silbernes Tafelgeschirr sollte im Mittelalter den 
Besitzer als reichen und mächtigen Mann auswei- 
sen. Das Silber des Bürgers aber war das Zinn. Es 
war preiswerter als das aus Edelmetall hergestell- 
te Gerät und ließ sich besser reinigen. Das Essen 
wurde im 15.Jahrhundert in Zinnschüsseln aufge- 
tragen, gegessen wurde von Zinntellern oder von 
flachen Zinnplatten. sogenannten Planen. Fisch 
und Fleisch wurden auf großen Planen aufgetra- 
gen. lm Inventar des Schlosses Freundsheim von 
1476 werden 20 Schüsseln, drei Plan und 18 Teller 
aus Zinn angeführt, der Pfarrer Hans Pranger in 
Flaurling besaß 1478 16 Schüsseln und eine Plan 
aus Zinn, der Zöllner Leonhard Brotlieb aus Lueg 
20 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 
am Brenner 1483 13 Schüsseln und zwei Plan. In 
Tirol (die Belege hat E. Egg zusammengetragen) 
gab es silberne Schüsseln und Teller nur am lan- 
desfürstlichen Hof. Daneben fand man auf den Ti- 
schen des Spätmittelalters Salzfässer und Senf- 
schüsseln, da man scharf gewürzte Speisen 
schätzte; auch diese Behälter waren meist aus 
Zinn, Konfekt (Süßigkeiten) wurde auf Zinntellern 
angeboten. Als Besteck verwendete man bloß Lüf- 
fel und Messer. Die Löffel hatten eine runde Laffe, 
einen kurzen Stiel und wurden mit der Faust ge 
halten. Auch hier war bei den Vornehmen der Löf- 
fel aus Silber, häufiger aber aus Zinn. 
Das zinnerne Trinkgefäß hielt den Inhalt kühl, es 
waren keine Gesundheitsschäden durch Oxyda- 
tion zu befürchten. Man unterschied streng nach 
den örtlichen Maßeinheiten, z. B. im Inventar von 
Sigmundsberg in Tirol 1462 eine Viermaßkandel, 
zwei Zweimal}, zwei Maßkandel und ein Seidel- 
kandel. Große Zinnflaschen wurden in Wasser- 
becken kühl gehalten. Im 16.Jahrhundert war das 
Bild in Tirol zwar reicher an Zahl, aber nicht grund- 
legend verschieden. Die Künigl auf Ehrenburg be 
saßen 1553 46 Schüsseln, 21 Mahlschüsseln, 56 
Teller, eine Plan, sechs Salzschüsseln, im Nach- 
laß des Brixner Bürgers Konrad Feidele befanden 
sich 1542 vier Flaschen, ein Gießfaß, vier geschla- 
gene und zwölf gegossene Schüsseln, zwei Plan, 
eine Tischplan, vier Salzschüsseln und zwei Salz- 
büchsen. Bei den TrinkgefäBen ist wiederum zwi- 
schen dem Gebrauch des einzelnen und den Vor- 
ratsgefäßen zu unterscheiden. Maßkannen und 
Seidelkannen einerseits stehen Schenkkannen 
(zum Nachschenken) und Flaschen gegenüber. 
Das große Umtrunkgefäß, der i-Willkommu, tritt 
auf, die steigende Bedeutung der Zünfte vermehrt 
den Bedarf. 
Sieht man in lnventaren des bürgerlichen Haus- 
rats in Niederösterreich nach, so ist das Bild den 
Tiroler Beispielen ähnlich. Im 16. Jahrhundert hat- 
te man beispielsweise im Waldviertel ein vzinen 
gießvaßtl (Wasserbehälter), dann viele verzinnte 
Gegenstände, so iiüberzinte leichter", wuberzints 
pfanneisnn, nuberzinter pfannhalteru, nuberzinter 
trifues auf den lischu, schließlich aber Zinngefaße 
wie iiAchtering-Kannenrr, wZwi- und Drei-Achtering- 
Kannen-A, ferner npauchete Dreiseitl-Khandl, Dry- 
seitlflaschen und Seytlflaschen mit einem Khett- 
len, Halbseytl-Khandl, Halbkhandl, Halbflaschenu 
(auch mit einem Kettlein), "gestochen Khandlu 
 
	        
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