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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 157)

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hen in Deutschland bis ins 12. Jahrhundert zurück; 
war es zuerst Kupfer, so folgten dann Blei bzw. 
Bleilegierungen als beliebtestes Material. im 
16.Jahrhundert waren Zinnsärge große Mode, ob 
für Erzherzog Karl von lnnerösterreich (+ 1590), 
für dessen Beisetzung in Seckau der Grazer Zinn- 
gießer Ulrich Ferner den Sarg herstellte, ob für die 
verwitwete Königin Elisabeth von Frankreich, für 
die der Wiener Zinngießer Jacob Lehmann einen 
Sarg von 278 Pfund Gewicht anfertigte. In der Ka- 
puzinergruit in Wien sind die Särge der Stifter, des 
Kaisers Matthias (+ 1619) und der Kaiserin Anna 
(+ 1618), erst 1632 in der Kaiserkapeile aufgestellt 
worden, ein namentlich nicht genannter Zinngie- 
Ber erhielt damals Bezahlung für die aus Blei ver- 
fertigten (Außen-)Särge. 
Der Linzer Zinngießer Isaac Widemann lieferte für 
die (meist in Linz gestorbenen) Kremsmünsterer 
Äbte158B, 1600 und 1613 einfache, aus Zinntafeln 
aufgebaute Särge mit Ösen für eiserne Tragringe; 
gravierte Wappen, Wahlsprüche und längere in- 
schriften, ausnahmsweise ein Kruzifix sind der be- 
scheidene Schmuck. 
in der Kapuzinergruft in Wien ist erstmals der Sarg 
des römischen Königs Ferdinand IV. (+ 1654) aus 
Zinn, die Gestaltung wird immer prunkvoller und 
steigert sich zu künstlerischen Höchstleistungen, 
etwa bei den Bestattungen Leopolds l., Josefs l, 
und Karls VI. Das Material gilt als edel und war 
dementsprechend teuer. Oft ging die Herstellung 
über die Fähigkeiten des Zinngießers: Johann Phi- 
lipp Stumpf, der für die Kinder Kaiser Leopolds i. 
die Särge herstellte, beschäftigte dazu eigens ei- 
nen Bildhauer, für die Beisetzung des letzten 
Habsburgers, des jung verstorbenen Erzherzogs 
Leopold (+ 1716), und dessen Schwester, Erzher- 
zogin Maria Amalia (1724-1730), zog man den Salz- 
burger ZinngieBer Johann Georg Lehri heran. Bei 
der in den vergangenen Jahren erfolgten Restau- 
rierung stellten diese Särge große Probleme dar: 
die Oberfläche war durch Pusteln, Abblätterungen 
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und Lakunenbildung zerstört, an den Unterseiten 
von Kissen, Erzherzogshut usw. war das Zinn über 
größere Flächen buchstäblich zerfressen, die als 
Löwenpranken gebildeten Füße waren durch den 
feucht gewordenen Glpskern geborsten. Mühsam 
war der Ersatz zerstörter Stellen durch neues Ma- 
terial, das Schließen der Oberflächenschäden 
durch Plomben von Araldit und Zinngrus. Die da- 
bei vorgenommenen Untersuchungen ergaben, 
daB die Zinnsärge in Teilstücken in verlorener 
Form gegossen, dann mit Feile und Schabern 
überarbeitet worden waren. Um die blanke Ober- 
fläche wie Bronze wirken zu lassen, wurde ein dün- 
ner Anstrich von in Spiritus gelöstem Scheliack 
aufgebracht, manchmal mit Drachenblutextrakt 
leicht gelblich gefärbt. 
Balthasar Moll, der im Auftrage Maria Theresias 
einige ältere Särge seines Vorgängers (Johann 
Georg Pichler) ersetzen mußte, arbeitete zuerst In 
Zinn, dann aber verwendet er bei elf Särgen Bron- 
ze, die seinen künstlerischen Zielen wohl am be- 
sten entsprochen haben mag. Ab 1790 sind die 
Särge in der Kapuzinergruft aus Kupfer. 
Selbstverständlich folgte der Adel dem Brauch 
des Herrscherhauses. In der Gruft unter der Mi- 
chaelerkirche haben die Zinngießer Johann Bap 
tist Zacharias Lauffer (+ 1657) und Johann Peter 
Hauch (+ 1683) für die Familien Trautson und 
Werdenberg Zeugnisse hoher Kunstfertigkeit hin- 
terlassen. Für die Grazer Mlnoritenklrche hat Jo 
hann Bernhard Pfister 1711 einen Sarkophag Jo- 
hann Christian von Eggenbergs hergestellt. 
in der Wiener Kapuzinergruft hat man mit hohen 
Kosten die Bewahrung des kulturgeschichtlichen 
Denkmals erreicht, von den Wittelsbachern bei- 
spieisweise wurden zwölf Zinnsarge der Pfalz- 
Neuburger Linie aus der 1570 begonnenen Gruft in 
Lauingen 1877 in das Bayerische Nationalmu- 
seum nach München überführt. In Seckau aber, 
wo auch die Kinder und Verwandten Erzherzog 
Karls beigesetzt waren, hat man bei einer Umbet- 
Bibliographie 
BURGENLAND 
Hintze vll, s. 13111. mit den Marken von Eisenstadt (171-774 
Georg Wacha, Kuns1- und Kulturgeschlchte des Bezrrkes opa 
lrlI Burgenlandische Heirnatbiatter 39, 1911, s. 711. (zu 011 
1914) 
NIEDEROSTEHHEICH 
Hintze Vii, s. 12911. rnit den Marken von Baden (714). Horr 
905), Krems (1027-1057), Meik (1132), sz. Pölterl (1293- 
Scheibbs (13191. Spitz (1325), WaidhoienlYbbs (1394-1310), v 
Neustadt (1646-1691) und Ybbs (1594-1991) 
Krems; 
Ernst Engllsch, Zinn, in: 100D Jahr Kunst In Krems, Ausst 
Krems 1971. S. 35011. (Katalog S. 35411., bearbeitet von Hans- 
Haedeke). Äbb. 66-69 
St. Füllen 
Georg Wacha, ZinngieBer in St. Pölten, Mitteilungen des Kult 
tes der Stadt St. Pollen 26. Jg., 1977, Fclgea und 9, S. 3011. un 
Wiener Neusradl 
Josef Mayer, Gesthichte von Wiener Neustadt ll1, 1924, S. 39 
1121926, S. 427,llI1,1927, S. 446, ltI2, 1926, S. 161, 215 
WIEN 
Hlntze VII, S. 24511. mit den Marken von Wien (1392-1645) 
Adolf Mais, Die Zinngießer Wiens, in: Jahrbuch des Verein 
Geschichte der Stadt Wien 14, 1956. S 711 
OBEROSTERREICH 
Hintze vll. s, 13111. mit den Marken von Braunau (130136), E11 
(771), Enns (775792), Freistadt (799309), Grnunden (314927), 
(971, 372), Kremsmünster (1053, 1059), Lambacrt 11065-1037 
(1097-1122), Mattighofen (1129-1131), Neuieiden (1 142), Otten 
(1144), Ried (1104-1101), Schärding (1305-1319), Schwanel 
(1320). Steyr (1327-1352), Timeikam (1353), Vöckiabruck (1351 
und Wels (1371-1390) 
Freistadt: 
Gustav Brachmann, Das Zinngießerrlandwerk in Freistadt, i 
Heimatgau 1, 1930139, s. 133-141; Franz Dichtl, Das Handwe 
Goldschmiede, Zinngießer und Kupferschmlede, Kataio 
7.Sonderschau im Mühiviertier l-lairnatrlaus Freistadt, 
s.1311. 
Linz: 
Robert M, Vetter - Georg Wacha, Linzer Zinngießer, 1967; 
Zinngießer, Die Oberbank und LinZ 7 Präsentation im Jubil 
iahr 1959 (Stadtmuseum Llnl); Gertrud Smcla, Zlringetaß 
Stadt- und Landmelsterrl der Linzer Lade irl Graz und Rotten 
in: Kunst)ahrbuch der Stadt LlnZ 1974175, Wten 1975, S. 2511 
Schärding; 
Eduard Kyrie, Schärdinger Zinn, ln: lnnviertier Heimatkalend 
das Jahr 1917, S. 40ff. 
Steyr: 
Josef Ofner, Steyrer Zirlngieber, in: Amtsblatt der Stadt S1 
1965, S. 1261. 
Weist 
Kurt Holier, Das Weiser Kunstgewerbe (m Zeitalter des Baroc 
B. Jahrbuch des Museaivereines Wels 1961162, S. 11411. 
STEIERMARK 
Hintze Vll, S. 13511. mit den Marken von Eruck (760), Feldbaci 
795), Fürstenfeid (310312), Graz (923970), Haus (903), Irdnin( 
936), Judenburg (987-991), Leibnitz (1 D66. 10159), Leoben (1070- 
Murau (1133-1141), Oberwülz (1143), Fiadkersburg (1152, 115. 
Voitsberg (1393). Dazu (nach Waldacher) Hartberg, Rein, Sc 
berg, Mariazell und Knittelield 
Georg Wolfbauer, Die steirischen Zinngleßer und ihre M 
(Schriftenreihe des Grazer Kunstgewerberrluseurvls 1), Graz 
Friedrich Waidacher, Zinngießer in der Steiermark. in: Das 
sche Handwerk, Katalog Zur 5. Landesaussteilung 197D, ll. 
buch, S. 29911,; Genrud Srvloia, Steirische Melster, in: Altes 
Katalog Grill 1975, S. 2311. 
Lesben: 
Ferdinand Tremei, Das Gewerbe in Leoben um die Mltt 
t8..iahrt1ur1derts, in: Der Leobener Strauß 4, 1976. S 77, 79 
Familie: 
Die Zlnngießerfamiiie Zamponi, Ausstellung oraz 1997 
TIROL, (elnschl. Südtiroi) 
Hintze vll, s. 13411. mit den Marken von Bozen (115-729), 1 
(745-759), Bruneck (1e1-7e5), Glurns (913), Hall 1913-092), lmsl 
Innsbruck (907-994), Kitzoühei (992995), Kiausen (1025, 1029), 
(1095, 103a), Meran (1133-1131), Flattenberg (1155-1103). sr 
(1321-1324) und Sterzing (1320) 
Alfred Waicher-Moithein, Tiroler Zinngießer, in: Altes Kunsl 
werk 1, Wien 1927129, s. 22911.; Erich Egg, Tlrol, In: Edeizlnn a 
Sammlung Dr. Karl Fiuhmann, Katalog Innsbruck 1960, s. 17 
101-197, Abb. 103-109; s. Kierdorf-Traut, Südtlroier Zinngieä 
Schiern 39, 1905, s. 31311.; Erich Egg, Kunst in Tlrol (Malen 
Kunsthandwerk), 1912, s. 32211. 
Hall: 
Adaibert Koch, Hallerlinngleßer, in: Tiroler Halmalolaltsrao 
s. 4011. 
lmsl: 
Karl Moeser, Die Zlnngleßer in lmsl, in: lmster Buch (SC 
Schritten 110), lnrlsbruck1954, S. 309-316 
Innsbruck.- 
Konrad Fischnaler, lnnsbrucker Chronik, 1929, S. 20911. 
Kltlbünel: 
Erich E99, Kunst in Kttlbßhel, in: Stadtbuch Krtzbühel 3, 
5.2591" 283(l.1ber das Stadtrecht von 1338 ebd. 4, 1971, S. 2' 
Ralienberg: 
Konrad Fiscrtnaler, Die Feinmetallarbelter Zu Rattenberg, In 
burger Museurnsbläiter 1932, Heft 415 
VORARLBERG 
Hintze Vii, S. 12911. mit den Marken von Altenstadt (713), B1 
(737-774) und Feidkirch (799199) 
Bregenz: 
Georg Wache, Zinrlgießer in Bregenz (in Vorbereitung) 
KÄRNTEN 
Hintze vll, s. 14311. rnit den Marken von Friesisch (309), Klag 
(996-1024), St. Veit a. d. Gian (1299-1304), Vlllach (1354-1356 
kermarkt (1391, 1392) und Wolfsberg (1699-1693) 
Carl Lebmacher, ZinngieBer in Kärnten, Karntner Heimatt 
(Sonntagsbeilage zur r-Karntner VDlkszeitung-r) 2. Jg., Folge 1 
lach, 22.Juni 1935. S. 5111, 
SÄLZBURGI 
Hiritle Vii, S. 16011. milden Marken von Hailein (993-902), Ra( 
(1154), Salzburg (t 192-1291), St. Gllgen (1292) und Werten (11 
Altrsd Welcher von Moltheln, Das Zinngießerhandwerk der 
Salzburg, in: Kunst und Kunsthandwerk 12, 1909, S 520-542 
derholr Jahresbericht des städtischen Museums Cal 
Augusteum In Salzburg 1909. Salzburg 191D, S. 1-16); Franz 11 
Quellen Zur Geschichte des Saizburger Kunsthandwerks, In: 
Kunsthandwerk 1, 1927, S. 139; Franz Wagner, Goldschmiede 
in: Spätgotik in Salzburg, Skulptur und Kunstgewerbe 14011 
Katalog Salzburg 197a, s. 0411. (Meiailguß); Volker Liedke, zi 
ßer von Salzburg, in: Ars Eavarica 3,1975 und a, 19711 (irl Dr
	        
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