I Aktuelles KunstgeschehenlÖsterreich
Wien
Museum des 20. Jahrhunderts
Surrealismus
Es handelt sich um eine Wanderausstellung des Mu-
seums of Modern Art New York. die in Wien ihre erste
Station macht und dann nach Düsseldorf. Brüssel.
Zürich und Oslo weitergeht. Für Wien besonders wichtig
scheint uns diese Schau, weil sich hierzulande in breiten
Kreisen ein falsches Bild vom Surrealismus eingebürgert
hat. an dem die Forcierung der Gruppe der Phanta i-
schen Realisten nicht unwesentlichen Anteil hat. Diese
Ausstellung machte nun die Besucher mit der ganzen
Breite der surrealistischen Bewegung. allerdings nur
im Raume der bildenden Kunst. bekannt. Sie zeigte
wichtige Werke sowohl des reinen psychischen Automa-
tismus. der spater zu Action Painting und lnformel
führte, als auch die durch Traumerlebnis und Tiefenpsy-
chologie angeregte phantastische Malerei. Wichtig
für die erstere Art sind die gezeigten Beispiele von
Hans Arp. Andre Breton, Andre Masson. Joan Miro,
Man Ray. Die großen Männer, die mit einer sehr realisti-
schen Wiedergabe arbeiten, sind Giorgio de Chirico.
Salvador Dali. Paul Delvaux, Max Ernst und Rene Magrit-
te. Schöne Beispiele waren auch von Beilmer. Brauer
und Matta zu sehen. Gerade bei den beiden letzteren
wird uns aber bewußt. weich großartige Sammelausstel-
lungen bekannter Meister der Moderne wir schon vor
Jahren in diesem Museum gesehen hatten, Der sehr
umfangreiche. von Dr. Otto Breicha zusammengestellte
Katalog ist eine ebenso wichtige Ergänzung der vom
Modern Art Museum gezeigten Bilder wie die vom
Wiener Museum aus eigenen Bestanden ergänzten
Exponate. (8. 2. - 27. 3. 1978) - (Abb. 1)
Secession - Kunstmesse 78
Diese Kunstmesse wurde vom Verband österreichischer
Galerien moderner Kunst veranstaltet und sollte, so
erklarte der Sprecher des Verbandes. auch eine kunster-
zieherische Aufgabe haben. Gerade dadurch, daß nicht
die letzten Entwicklungen oder Moden im Kunstbetrieb
präsentiert werden, soll einem noch ungeschulteren.
breiteren Publikum der Weg zur Moderne erleichtert
werden. ln 21 Boxen (wobei 3 im Keller den Kunstbü-
chern und Editionen vorbehalten waren) zeigten die
Galerien sehr Unterschiedliches, durchwegs aber fast
alles von hoher Qualität und mit manchem vor einem
Jahr im Palais Liechtenstein Gesehenen nicht zu verglei-
chen. Die Spannweite ist vielleicht mit den Beiträgen
der Galerie Curtze, die A.P. Gütarsloh-Blätter, und
der Galerie Würthle, die Zeichnungen von F.v. Herzma-
novsky-Orlando ausstellte, und der Galerie am Graben
gekennzeichnet, die Montagen von Wolfgang Rates
aufliegen hatte, bei deren Anblick sich der Beschauer
erst (geistig) auf den Weg zu den ausgestellten Werken
machen sollte. Es waren wichtige Künstler, wie A, Froh-
ner, A. Wickenburg, K. Korab. W. Thöny. S. Poliakoff
vertreten. Die Orientierung war gut und der Katalog
übersichtlich. Der Besuch war außerordentlich stark.
(11. 7 19. 2. 1978) - (Abb. 2)
Künstlerhaus -
internationale Kunstmesse K 45
Hier waren es 27 Aussteller. zum Teil Galerien, die
in der Secession auch vertreten waren, auch 10 deut-
sche; eine italienische und eine Schweizer Galerie.
Neben diesen waren verschiedene Kunstvereine oder
-gesellschaften, Zeitschriften und Kulturzentren aktiv.
Auch hier ist eine sehr große Spannweite zwischen
den ausgestellten Objekten der Galerie Ariadne und
den Obstkistenstapeln der Galerie Kunst-Kontakte,
der Galerie Pellegrino und der Werkstatt Breitenbrunn.
Allgemein waren hier sicher die neueren Strömungen
des Kunstgeschehens vertreten. Besonders fiel uns
die Galerie Ferdinand Maier. Kitzbühel. mit den Objekten
von K.F. Dahmen. einige Serien der Niederösterreichi-
schen Gesellschaft für Kunst und Kultur und die Münch-
ner Galerie Walter Storms auf. Sie hätten sich aber
auch genauso gut in das Programm der Seccesiorv-
gefügt. Wirklich Neues, weil Mut zum Bekenntnis von
Überliefertem, zeigte die Schweizer Galerie Vogelsperger.
Ein Vorteil hat das Künstlerhaus auf alle Fälle: Hier
ist mehr Platz. weder die Aussteller noch die Besucher
sind so gedrängt wie im Haus in der Friedrichstraße.
(16. L 2D. 1978) - (Abb. 3)
Galerie am Graben -
Künstler aus Polen
Schmuck aus Silber und Keramik sowie Tapisserien
waren hier zu einer eindrucksvollen Schau vereint.
Jacek Byszewskis Armreifen zeigten mit ihren geometri-
schen Verschiebungen in der Musterung ebenso strenge
Formen wie die Entwürfe der Brüder Zaremski. Die
keramischen Schmuckstücke von Ewa Franczak und
RR
Stefan Okalwicz beweisen ein außerordentlich feines
Farbempfinden ihrer Schöpfer und vermitteln etwas
von der Wärme des Brennofens. Die Tapisserien Sewe-
rina Gugala-Stolarskas lassen Florales empfinden,
oft etwas Märchenhaftes, selbst noch in den abstrakten
Formen. (30. 1. - 1B. 2. 1978) - (Abb. 4 )
Galerie am Rabensteig -
Erna Frank
Dicke. sehr dicke Weibspersonen, ihre Fülle darbietend,
in ihrer Leiblichkeit förmlich arstickend, zeigen uns
die großen Oibilder der 1942 geborenen Wienerin.
In manchem an Herzig erinnernd. sind diese Frauen.
bei allen zur Schau gestellten kleinbürgerlichen Ver-
schonerungseffekten oder gerade wegen dieser, von
einer umwerfenden Antiasthetik geprägt. Die Künstlerin
macht uns auf einen verwaschenen. einzig in ihrem
Fleisch gefangenen, zur Lust gepflegten Teil der
Menschheit aufmerksam. Von einer Lyrik des Banalen
kann vielleicht gesprochen werden. aber auch von
der Trostlosigkeit geistigen Vakuums. (20. 2. - 1. 3. 1978)
- (Abb. 5)
Galerie Alte Schmiede -
Monika Bauer
Marmor. Bronze und Granit sind vor allem die Materia-
lien. die wir hier von der Künstlerin geformt sahen.
Es sind Figuren. die durchwegs vollrunde weibliche
Formen zeigen. Doch hier ist alles natürlich gesund,
hier ist auch das Pralle des Leibes keine Falle. sondern
eine Entwicklungsstufe. Die oft zur Haptik anregenden
Plastiken sind in ihrer Geschlossenheit logische Form-
entwicklungen. Neben vollkommen abstrakten Kürzun-
gen von einer an Brancusi gemahnenden Strenge.
wie die -Linsenform-, waren auch neue Variationen
in der Ausstellung zu sehen. die sehr starke naturalisti-
sche Anklänge zeigten. Wir denken da besonders an
zwei schöne Torsi. Die Künstlerin. die vor kurzem mit
dem Förderungspreis des Landes Niederösterreich
ausgezeichnet wurde, hat sich in kurzer Zeit mit ihren
Arbeiten einen beachtenswerten Platz innerhalb der
österreichischen Plastik erobert. (18. 1. - 18. 2. 1978)
- (Abb. 6)
Ernst Skricka
Großformatige Zeichnungen und Radierungen in einem
sehr deutlichen Gegensatz zu den Skulpturen der Monika
Bauer. ist bei diesen eine in sich ruhende oder aus
sich queliende Geschlossenheit zu finden, so hier eine
expressive Zerreißprobe. eine Gespaltenheit organischer
und anorganischer Elemente. Skricka läßt infolge seiner
außerordentlichen Beherrschung der Techniken oft
mit wenigen Tönungen. mit einigen Strichlagen eine
Hintergründigkait erstehen. die den Betrachter der
Blätter erschauern läßt. Es ist packend, wie hier oft
mit Fragmenten, mit röntgenartigen Durchleuchtungen
die Nöte des Menschen festgehalten werden. Die Zyklen
-Private Apokalypsek und r-Seiltänzer- weisen schon
durch ihre Namen auf die gefährdete Situation des
Menschen hin. (15. 1. -1B. 2. 1978) - (Abb. 6)
Galerie Basilisk -
Tra-ra. die Post ist da!
6 Künstler. die in ihrem Brotberut bei der Post angestellt
sind (oder waren), hatten hier gemeinsam ausgestellt.
im Formaten freilich sind sie sehr verschieden. Da
ist einmal Franz Luby, den man mit seinen Bildern
den Phantastischen Realisten zuordnen kann. In seinen
Bildern finden wir auch die Beziehung zur Post ange-
schlagen: im posthornblasenderi Amtsschimmel und
in der k.k. Amtstracht. Am nächsten im Formaten steht
ihm Erich Fischer in seinen Zeichnungen. Auch hier
ist eine Fülle von visicnären Erscheinungen festgehalten.
Beeindruckend sind die Skizzen. wo der einfache Strich
spricht. Sepp Pechte macht es naiv. Er schlägt dabei
manchmal auch kritische Töne an. die aber immer
humorvoll garniert sind. Von Franz Zadrazil sahen
wir erst eine große Ausstellung im Nachbarhaus in
der Alten Schmiede. (Wir brachten im vorigen Heft
einen Bericht darüber. Es ist dem nichts hinzuzufügen.)
Fritz Wondrak ist der jüngste der Aussteller. er hat
bei dem sechsten. Hubert Fischelhammer. der wohl
auch die treibende Kraft dieser Schau war. gelernt
und ist in seinen Arbeiten auch noch von diesem Her-
kommen erkenntlich. Fischelhammers Blätter zeigten
wieder seine exakten Formen. abstrakte Kombinationen
in kalten Farben, mit (seit einigen Jahren) gegenstand-
lich-figuraien Einschüben, quasi sinnliche Montagen
oder Einsprengungen in kühle rationale Fiächenpropor-
tionen. (18. 1. - 10. 2. 1978) - (Abb. 7)
Zentralsparkasse der Gemeinde Wien
Hauptanstalt -
Franz Anton Coufal
im großen Kassensaal stehen die Skulpturen und Plasti-
ken ja ganz gut gruppiert und an den aufgestellten
Wänden sind die Graphiken und Aquarelle gut zu be-
trachten, doch haben wir fast nichts Neues gesehen.
Da sind die Bronzen, die schon vor Jahrzehnten im
Ausstellungsraum der Staatsdruckerei gezeigt wurden.
die kleinen Güsse. die Coufai später auf der Lerchenfel-
der Straße präsentierte und die in der Zwischenzeit
nicht besser geworden sind, sowie die Skulpturen.
die man im Niederüsterreichiscfien Museum in der
Herrengasse sehen konnte. Auch die Graphiken waren
mit wenigen Ausnahmen schon ausgestellt. Einzig
einige wenige Aquarelle waren neu. Sicher. sie waren
ein erfreulicher Akkord. Doch wozu diese Schau. in
diesem großen Rahmen, fragt man sich?
(15. 2. - 10. 3. 1978) 7 (Abb. B)
Historisches Museum der Stadt Wien
Vindobona - die Römer im Wiener Raum
Eine umfangreiche und nach strengen wissenschaftli-
chen Maßstäben zusammengestellte Schau. die aber
doch auch dem Laien und kunstgeschichtlich. bzw.
geschichtlich interessierten viele Einblicke in das Leben
der Menschen im Wiener Raum in den Jahrhunderten
um die Zeitenwende bot. Der großte Teil der ausgestell-
ten Objekte stammte aus inländischen, ja aus Museums-
beständen. es waren aber auch einige sehr orientierende
oder repräsentative Stücke aus dem Ausland, so aus
Budapest, München. Oxford und Rom. zu sehen. Han-
delte es sich bei fast allen Kunst- und Handwerksgegen-
standen auch um provinzielle Erzeugnisse, so ist gerade
an ihnen. durch die bodenständige Einwirkung der
wbarbarischenß Einflüsse, viel von den Lebensumständen
der Menschen in diesem Raume zu ersehen. Sehr wichtig
für alle an der Frühgeschichte Wiens Interessierten
ist der reiche Katalog der Ausstellung, (13.12.1977
bis 9.4. 1978) Alois Vogel
Salzburg
Kunstverein
Rudolf Szyszkowitz
Dem Gedenken an den langjährigen Lehrer an der
Salzburger Sommerakademie war im Künstlerhaus
eine Ausstellung gewidmet. die die Entwicklung des
Künstlers deutlich veranschaulichte: Ausgehend von
einem Stil. der dem von Egger-Lienz nicht unähnlich
ist. über die Beschäftigung mit Tachismus und lnformel
bis zu den wohl von Glasgemälden beeinfluliten Olbil-
dern der letzten Zeit bezeugten die künstlerischen
Dokumente ein reiches erfülltes Leben. (13.1. bis
a1. 1. 197a)
Ausstellungsvorhaben wPaiette 78K
Der großen Zahl der aktiven Mitglieder des Salzburger
Kunstvereins stehen nur zwei wenn auch für das Kultur-
leben dieser Stadt wichtige Räumlichkeiten (im Künstler-
haus und im Trakl-Haus) zur Verfügung - Grund genug
wohl für manchen. sich zurückgesetzt zu fühlen. Um
Abhilfe zu schaffen. ersann die Leitung des Vereins
eine Neuerung: Jeweils im Janner und Februar eines
jeden Jahres werden pro Woche Arbeiten von drei
oder vier Mitgliedern in einer Ausstellung gezeigt. Der
Titel des Vorhabens rechtfertigt es, viele der möglichen
Stilrichtungen und wlsmenß nebeneinander zu zeigen.
Arthur und Friederike Sühs. Peter Klingler, lrma Toledo,
Erna Pliem. Richard Hirschbäck, Anton Thuswaldner,
Beate Eßl. Martin Rasp, Dorothea Weißensteiner. Wai-
traut Macke-Brüggemann, Alice Cermak, Eva Riegger,
Hannes Baier und andere bestimmten mit ihren Werken
das Geschehen. (Janner und Februar 1978)
Galerie in der Goldgasse
Peter Bischof
Nach einem für die Galerie wichtigen Umbau wurden.
sinnvoll gehangt. die Werke eines Malers gezeigt. der
in den spaten fünfziger Jahren zu den Leuten um die
Wiener w-Galerie nachst St. Stephanu gehörte. Dann
aber wandte er sich der Physis wie der Psyche des
Menschen zu und fand in ebenso überlegten wie kühnen
Deutungen eine persönliche Sprache.
(13. 1.-12.2. 197a)
Galerie Academia
Anton Fiaidei
Keramik, Objekte und Zeichnungen machten erneut
auf diesen bedeutenden Künstler aufmerksam, dessen
Gefäße Kunsthandwerk im besten Sinne des Wortes
sind. (Dezember 1977) - (Abb. 9)