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Gruppe III. Chemische Industrie.
Verfahren wird, wie es scheint, in Frankreich ausgeführt, da mehrere
Fabrikanten darauf Patente genommen haben 1 ).
Der Gesammtbedarf an Phosphor wird gegenwärtig, so weit der
Berichterstatter hierüber unterrichtet ist, nur. von zwei Fabriken ge
liefert, nämlich von der Firma Albright und Wilson in Oklbury
bei Birmingham und von Coignet & Sohn in Lyon. 0. Pauli,
der früher die Fabriken des Herrn Schattenmann in Buxweiler bei
Strassburg leitete, hat zuerst dort und später in seiner eigenen Fabrik
in Karlsruhe Phosphor von vorzüglicher Qualität erzeugt, wo er auch
das sinnreiche Seubert’sche Verfahren, den Phosphor in Stangen zu
ziehen, anwandte. Nach neueren Mittheilungen ist jetzt diese Fabri
kation dort aufgegeben worden und auch sonst soll gegenwärtig in
Deutschland kein Phosphor erzeugt werden, was offenbar nur in den
Preisverhältnissen der Eohmaterialien seinen Grund haben kann.
In Oesterreich wird gegenwärtig ebenfalls kein Phosphor mehr
gewonnen. Ploy hatte früher in Obernberg in Oberösterreich, seit 1849
in Manning ebendaselbst, eine Phosphorfabrik eingerichtet, die Erzeugung
aber, die sich auf 250 Ctr. pro Jahr belief, im Jahre 1865 eingestellt.
Eine zweite Fabrik wurde zu Wranowitz im Pilsener Kreise in Böhmen
im Jahre 1853 von Baron R ie s e-S tallb u r g errichtet, in welcher
jährlich etwa 180 Ctr. Phosphor producirt wurden. Aber auch dieses
Etablissement ist im Jahre 1865 ausser Betrieb gesetzt worden.
Leider hat auch die Firma Joh. Dav. Stark, welche im Jahre
1847 die Phosphorfabrikation im grossen Maassstabe auf dem Werke
zu Kasnau in Böhmen einführte, dieselbe im Jahre 1868 eingestellt.
Als Grund wird in der bei Gelegenheit der Ausstellung vertheilten
Schrift „Die Firma J. D. Stark und ihre Berg-Mineral-Werke etc.“,
zusammengestellt von A. Prochaska, Director der Werke in Kasnau,
der hohe Preis der Knochen angegeben, der durch den grossen Auf
schwung der Zuckerfabrikation in Oesterreich, namentlich in Böhmen,
und durch deren Verbrauch für die Landwirthschaft theils als Knochen
mehl, theils zur Erzeugung von künstlichem Dünger, bedingt wurde.
Eine weitere Ursache, dass die Fabrik nicht leicht mit England imPreise
des Phosphors concurriren konnte, möchte vielleicht auch darin gelegen
haben, dass sie aus 25 bis 26 Ctr. Knochen nur 1 Ctr. Phosphor, d. i.
4 p. C., ausbrachte, während man, wie angegeben wird, in England
8 p.C. davon gewinnt. Der Grund dieses Verlustes lag vielleicht nur
in dem Umstande, dass die Gase beim Austritt aus der Retorte einen
wenn auch nur geringen Druck zu überwinden hatten, der aber genügte,
das Entweichen des Phosphordampfes durch die jedenfalls poröse Re
tortenwand zu erleichtern (s. o.). Bei den riesigen Mitteln, welche der
berühmten Firma J. D. Stark zu Gebote stehen, ist es sehr zu be-
0 Zeitschr. f. Ch. 1870; Journ. f. prakt. Cli. IV, 67, 1870.