Für den Kunstsammler
Christian Witt-Dorring
Der Tischlermeister Franz Matthias
Podany (1819-1892)
Gründer eines Wiener Kleinbetriebes
mit Weltgeltung
Ein vom Sammler ganz zu Unrecht vernachlassigtes Ge-
biet ist in Osterreich bis heute das Kunstgewerbe aus der
zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts. einer Zeit, die ge-
rade in dieser Hinsicht Spitzenleistungen erbracht hatte.
Durch die Gründung der Kunstgewerbeschule am Öster-
reichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien so-
wie durch die Errichtung einer großen Anzahl über den
gesamten Bereich der Osterreichisch-Ungarischen Mo-
narchie verteilten Fachschulen. war eine gezielte fachli-
che und zeichnerische Ausbildung der Handwerker er-
moglioht worden. Sie führte zu einer Wiederbelebung der
künstlerischen und handwerklichen Kratte im österreichi-
schen Kaiserstaat, deren Erfolg in einer wachsenden
Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie gegen-
über dem Ausland bei den ab 1850 stattfindenden Welt-
ausstellungen zum Ausdruck kam.
Ein typischer Vertreter dieser Handwerkergeneration war
Franz Matthias Podany. Im Jahre 1819 in Böhmen gebo-
ren, erlernte er das Tischlerhandwerk und übersiedelte
spater nach Wien, wo er als angehender bürgerlicher
Tischlermeister am 30. Dezember 1843 mit seinem An-
weisungsdekret auch die Zeichnung seines praktischen
Meisterstückes zur Beschau vorwies, Dieses bestand aus
"einem Kanape Tisch von Nußbaumholz mit gleichen
Holz verziehrt. das Blindholz Eicheni- (1). Er versprach
diesen bis 30.Janner1844 zu verfertigen. Am 2. August
1844 war es schließlich soweit. daß F. M. Podany vom
Wiener Magistrat die Gewerbs- und Burgerrechtsverlei-
huhg erhielt (2). Mit dem gleichen Tag wurde er ebenfalls
Mitglied der Genossenschaft der Tischler Wiens (3).
Seine erste eigene Tischlerwerkstatt konnte er schließlich
1846 in der Wiener Vorstadt Breitenfeld. Albertgasse 45.
eröffnen (4). In den beiden folgenden Jahren wechselte
seine Werkstatt insgesamt dreimal ihre Adresse und
wurde von Breitenfeld in die Alservorstadt und in die Jo-
sefstadt verlegt (5). An der letzten Station dieser beiden
bewegten Jahre, in der Josetstadt. Herrngasse 203, ge-
lang F. M. Podany die Entwicklung eines Verfahrens, das
zur weltweiten Verbreitung seines Namens und zu be-
scheidenem materiellen Erfolg führte.
Die sensationelle Neuartigkeit seiner Erfindung bestand
in der Herstellung papierdünner (02-1 mm stark) Holz-
schnitte und Holzmosaikturniere, deren einzelne, bunt
gefärbte Mosaikteilchen oft nicht größer als einen halben
bis einen Quadratmillimeter groß waren. Erst vor vier
Jahren gelang es Anton Cihlar dieses spezielle Blockmo-
saikverfahren zu rekonstruieren (S). Verloren und verges-
sen aber ist bis heute wie der eigens von F. M. Podany
zur Erzeugung der hauchdünnen Furniere ersonnene
Messerschnittapparat beschaffen war und funktionierte.
Die Abbildung 1 zeigt einen solchen Mosaikblock, von
dem die dünnen Furniere nach dem Verleimen der ein-
zelnen Schichten abgeschnitten wurden Hier wird nun
auch deutlich. daß erst bei der Erzeugung einer größeren
Anzahl von Mosaikturnieren ein wirtschaftliches Arbeiten
möglich war.
Im Jahre 1858 sicherte Podany ein k.k. Privilegium die
Erzeugung seiner Holzmosaik-Furniere für alle Arten von
Tischlerarbeiten (Abb. 7), Podanys Betrieb beschränkte
sich nicht nur auf die Erzeugung seiner Dunnschnittfur-
niere, sondern verarbeitete diese auch zu den verschie-
densten Galanteriewaren, wie Zigarren- und Zigaretten-
etuis. Schatullen und ganzen Zimrriereinrichtungen
(Abb. 2, 3). Bei der Londoner Weltausstellung 1855 war
er mit Parkettafeln in Holzrnosaiktechnik vertreten; dies
bedeutete fur Podany den Beginn seiner weltweiten Ge-
schäftsverbindungen. die seine Produkte nach England
(Abb. 4), Ägypten (Abb. 10) und sogar bis nach Amerika
(Abb. 5) brachten. Für den amerikanischen Markt wurden
vor allem Krawatten und Maschen aus hauchdünnem
Holzfurnier hergestellt. Podany war mit seinen Produkten
an allen größeren Ausstellungen seiner Zeit beteiligt und
wurde für diese auch mit Preisen und Auszeichnungen
pramiert. Der Pariser Weltaussteliungsbericht von 1857
hob Podanys Arbeiten ganz besonders hervor: rEine
Specialität in der osterreichischen Ausstellung waren die
eingelegten. glatten und gepressten, papierdijnnen Holz-
fourniere fur Lithographie, Cartonnage und Ledergalan-
terie, Mosaik-Fourniere für Tischlerarbeiten etc. Bekannt-
lich hat eine hiesige Fabrik diese dunnen Fourniere zur
Erzeugung eines eigenen Genre von Holzgalanterie-Waa-
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