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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 159)

rei. Carl Unger war es auch, der nach 1945 entscheidend 
an der Neuartikulierung der österreichischen Malerei der 
Nachkriegszeit, - mitbegründend den legendären Wiener 
Art-Club - mitbestimmte und mitformte. Die Teilnahme an 
Biennalen, Triennalen und anderen oflentlichen Konkur- 
renzen sowie etliche Kunstlerreisen und viele Ausstellun- 
gen. die Carl Unger sowohl als Künstler wie auch als Ju- 
ror, Kommissar und Organisator bestritt und durchführte. 
machten ihn als Mann und Kunstler voller Tatkraft und 
Energie bekannt. 
Ungers Malerei ist wie er selber: Produkt einer kraftstrot- 
zenden Physis, dynamisch, die Furce rnajeure der Ur- 
chromatik erkennen lassend, bisweilen stark graphisch 
gestrafft, von gekonnter Reduktion. Er hat sich stets in 
der Gewalt, kann sich in der Beherrschung malerischer 
Mittel beweisen. Da ist sein "Bahnhof Unterpurkersdorfu. 
voll bezwingender Dichte und Spannung. lrn Verzicht auf 
wesentliche Strukturen deutet er hierin mittels sparta- 
nisch gesetzter farblicher Nuancierung das ganze Wesen 
seiner Malerei. Unger erreicht hier früh schon einen ma- 
lerischen Hohepurikt. der Navigation und kreative Gravi- 
tation für spaterhin bedeutet. Hier hat der wSchüler" Un- 
ger seinen Lehrer Boeckl erreicht, ruckt an Oezannsche 
Große. Dieses Werk ist ein bildnerisches Absolutorium, 
zeitlos dazu. Das gleisgebundene Vorbeiwischen und 
Rattern der Züge schwingt geisterhaft lautlos zwischen 
dem strengen Dunkelviolett des Bahnhofes über der ock- 
rigen Zentralperspektive, Der "Atterseea, zeitlich nahe, 
eine gekonnte malerische Bandigung von Himmel, Was- 
ser, Bergen und Strand, bekront von pastoser Wolkenkal- 
ligraphie im Duktus japanischer Meister. Auch wenn es 
ihn in die Abstraktion drangt. malt Unger rvon der Natur 
ausi, "Kreta llrr. eine gelauterte. gesinterte Substantialitat 
par excellence. Die erdgewacnsenen Formen und Forma- 
tionen im Kolorit mediterran-insular. Kraftvolles Wechsel- 
spiel gesetzter Vorstellungen in absoluter malerischer 
Hoheit. Unger gelingt es daher muhelos sich aus dem 
Realistischen. der Natur, in die Abstraktion zu wenden, 
weil er sich stets in alle Natur vertiefen kann, aus der er 
auch alle bildnerische Aussage bezieht. Auch ein nur ein- 
faches Publikum wird darum seiner Abstraktion lolgen 
konnen. Man konnte ihn auch den Maler einer kreativen 
Ratio nennen. Letztlich sein "Sommer am Fluß-r. eine 
sichergetügte Demonstration in Gelb, Ftot und Blau. ge- 
halten von schwarzen Strukturen und hohendem Weiß 
akzentuiert. Dominant die gleichsam symbolisch immer 
wiederkehrenden Ungerschen Elemente Brucke, Lande. 
Wasser, Zug in die Ferne, 
Carl Unger hat außer seiner Malerei auch großere offent- 
liche Auftrage, Werke der Glasmalerei, Glasfenster, ke- 
ramische Fleliels u.a.m.. zum Teil in monumentalster 
Form. durchgefuhrt. Er erweist sich auch hierin als Mei- 
ster In der Ausstellung zeigte er davon Entwürfe und 
Skizzen. 
Aufbau der Schau: denkbar einfach, ohne JSÜBS (stören- 
de) ambiente Beiwerk ein gutes Bild gebend 
Furs erste eine eigenwillige Anordnung der Werke im 
freien Spiel auf den hohen Wanden. Dabei das Bemühen 
erkennbar. eine Herstellung von Bezugen einzelner op- 
tisch gebundener Werkgruppen selbst in der Disparitat 
des Dimensionalen erkennbar zu setzen. Eingangs eine 
sperrige hohe Tafel, eher Wand mit einer dichten Fülle 
- Rahmen an Rahmen - kleinere Werke. Selektive Klein- 
formate aus der Mappe der skizzierenden Spontaneität: 
Fragmentarisches, flüchtig wesentliche Natur, Land- 
schaft, schon in abstrakte Bezirke weisend; Reduktoren 
zum Großen, zum Monumentalen. 
Carl Unger krempelte- nichts von Rektor und Lehrer - 
die Hemdsärmel auf. als er seine gelungene Ausstellung 
abraumte. Allein, als ein Mann der gewohnt ist. selbst an- 
zupacken. sich selbst zu genugeri. wenns ums schnellere, 
problemlosere Weiterkommen geht, Ein gutes, ein echtes 
Vorbild fur seine Schuler, die man scilcherarts maßgeb- 
lich zu befruchten imstande ist, leopold netopil 
Kommende Ausstellungen: 
"Design aus Schweden" (seit 22. 9.) noch bis 12. 11, 
1978, iiEntwicklungen - 10 Jahre Experimentelle Photo- 
graphie von Wladimir NäfDUlt-LIGVEFIK (seit 29. 9.) noch 
bis 12. 11. 1978, "Keramik des Jugendstils (ll)w 1.12. 
1978 - Februar 1979 und i-Bildteppiche von Friedens- 
reich Hundertwassera 7, 12. t978 - Februar 1979. l.n. 
i Franka Lechner. Olpheus, 1976. Bildteppich. iso X 100 crn. 
Franka Lechner irn Atelier 
2 Franka Lechner. Zerstorte Stadt 191a. Galltiik-Collage. 
43 X 54 crn 
a Marianne Maderna. Fsi-Etfekt - gepreßtcs Werden. sien Zwlrl- 
gend zu verharren 
4 Marianne Maderna. Bale Agurlg - Sammelplatz der weisen (ba- 
llnESiSCtl) 
s cari uriger, Bahnhof Unterpurkersdorf, 1949 ÖllLwd. 
E0 x 80 cm, Historisches Museum der Stadt Wien 
Carl Unger 
s cari Unger, Erinnerungen an Kreta ii. 1962, OllLwd, 
100 X 110 Cm. eiinriesrriinistsriiini lur unierricnr und Kunst. 
1 cari Unger, Entwurf fur das große Glasfenster der Zentralspar- 
kasse der Gemeinde wien t Wipplingcrsttaße AquarelllKreide 
tAusschnltt) 
s Dr Angela Volker setzt irn Herbst inre erfolgreichen kinaeriuri- 
rurigen mit aktuellen Trierneri Ion 
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