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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 160 und 161)

die Seitenaltarbilder; das Glasgemälde Kupelwiesers 
entstand 1840. Bezeichnend für die ideale Gesin- 
nung dieser religiösen Künstler ist die Tatsache. daß 
sie bereit waren.fürihre Gemälde nichtmehr als200 
Gulden zu verlangen. Das nächste Projekt für die 
Ausstattung einer Kirche, für die Ansgarkirche in 
Kopenhagen. lag bereits zur Gänze in Händen der 
Akademie. Der Bau ist bezeichnenderweise ein Klo- 
ster der Redemptoristen. Er wurde von dem Stutt- 
garter Gustav Friedrich Hetsch. Professor derArchi- 
tektur in Kopenhagen, geschaffen. Zur Ausstattung 
wurden Führlch. Rieder. Ludwig Schnorr, Leopold 
Schulz und Leopold Kupelwieser. Joh. Ender und 
Josef Danhauser eingeladen. wobei. gemäß der 
Ausschreibung. die Themen den Malern überlassen 
waren". Eine weitere Station auf diesem Weg, der in 
der Wiener Altlerchenfelder Kirche ihren Höhepunkt 
hatte. war die Johann-Nepomuk-Kirche in der Pra- 
terstraße. die Karl Rösner baute. Leopold Kupelwie- 
ser und Josef Führlch mit Fresken schmückten. Be- 
denkt man, daß die Johanneskirche in ihrem 
Schmuck bereits 1841 konzipiert und 1846 abge- 
schlossen wurde und daB der Schmuck der Altler- 
chenfelder Kirche bereits 1846 geplant. 1854 be- 
gonnen und 1858 vollendet wurde. dann sieht man 
die Arbeit am Gebetbuch der Kaiserin nicht nur als 
Ausdruck dieser hier nur kurz angedeuteten Ent- 
wicklung. sondern auch in dem entsprechenden 
zeitlichen Rahmen. 
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Um die begeisterte Aufnahme dieses Werkes in sei- 
ner Zeit zu veranschaulichen. sei wieder ein Bericht 
in Eggers Deutschem Kunstblatt zitiert. der am 
21. Dezember 1854 erschien und vermutlich auch 
von Eitelberger stammen dürfte; er ist Leitartikel 
dieser Weihnachtsnummers. 
--Am 7. Dezemberu. so beginnt der Artikel. "über- 
reichte der gesammte Lehrkörper der Kaiserl. Aka- 
demie der bildenden Künste in Wien ein Gebetbuch, 
das sie auf Anregung und Antrag ihres Direktors G. 
Ruben zur Erinnerung an die Vermählungsfeier aus 
eigenen Mitteln und ausschließlich mit den künstle- 
rischen Kräften der Akademie anzufertigen be- 
schloß. Es ist wohl kaum ein zweites Werk zu nen- 
nen, das von Wiener Künstlern ausging und mit so 
einstimmigem und verdientem enthusiastischen 
Lobe aufgenommen worden wäre. als dieses Gebet- 
buch. Es schwebte den Künstlern. welche es anreg- 
ten und dabei mitwirkten. derGedanke vor. etwaszu 
leisten. was neben den bedeutendsten ähnlichen 
Werken der christlichen Kunst des Mittelalters ge- 
stellt werden kann. und an und für sich eine. den 
Kräften der Akademie und der deutschen Kunst der 
Gegenwart würdige Leistung wäre. DerZweck ister- 
reicht worden. wie in unseren Tagen kaum in einem 
ähnlichen Falle. Es ist in gar keiner Weise ein Copie 
alter Werke; in den zahlreichen Illustrationen. den 
figuralischen wie ornamentalen. in der Schrift. wie 
in dem prachtvollen Einbande. nirgend zeigt sich. 
wie dies bei religiösen Werken unsererTage 
fig der Fall ist. eine mehr oder minder deutli 
innerung an irgend ein altes Vorbild. das 
nicht vollkommen wieder verarbeitet. nicht 
sten Sinne eine neue Schöpfung gewordei 
Glauben Sie ja nicht. daß meine lebender 
durch einen in diesem Falle gewiß entschul 
Patriotismus einen wärmeren Ausdruck ani 
men haben. als es sonst der Fall gewese 
Wenn ich der Wahrheit nicht vollkommen n 
kommen bin. so ist es sicher nur, weil meint 
vielleicht zu kalt. zu gemessen, zu wenig be 
sind." 
Das Gebetbuch und sein Schmuck 
Die Deckel des Buches, eine kunstgewerbli 
beit aus Gold. vergoldetem Silber. Email. Per 
Edelsteinen, sind ebenso wie der Rücken au 
befestigt und kunstvoll gebunden. Der Einba 
25.3 x 19.5 cm. Der Rücken ist ohne die 
19.5 cm breit. Die 84 Pergamentblätter (es 
164 Seiten zur Verfügung) haben ein Forn 
23.7 x 18,6 crn. Das Gebetbuch gliedert sich 
satzblatter, in das siebenteilige Offizium un 
nen Kalender, der den zwölf Monaten e 
chende Andachtstexte beigibt. Gehen wir z 
zelnen Teile dieses Gebetbuches kurz durcl 
Der Bucheinband ist "ein wahrerTriumpf. dei 
und Handwerk in vereintem Maße gefeiert l' 
schreibt das zitierte Deutsche Kunstblatt am 
1854. Die beiden Deckel wurden von Eduard 
Nüll entworfen. die Reliefs schuf Karl Radnit: 
Emaillierung und Steineinfassung stammi 
dem Juwelier Emil Rothe. Die Vorderseite z 
Mittelschild den sterbenden Heiland am Krei 
ria und Johannes links und rechts davon. üb 
Kreuz Sonne und Mond. links und rechts get 
Engel. in den Ecken dieses Mittelschildes iml 
erkennen wir die vier Evangelistensymbols 
die Worte voblatus estu. unten wquia ipse vc 
Eristdargebrachtworden. weil eres selberw 
der Zierleiste sehen wir Kreuze, Edelsteii 
Gemmen mit dem Monogramm Mariens. AI: 
ment wurden durchwegs Weintrauben und 
blätter als Sinnbilder des ewigen Lebens g 
Mittelschild und Randleisle sind blau. die Sc 
sten grün hinterlegt. Die Farben Ftot. Weiß un 
die im Perlen- und Edelsteinzierat dominieri 
len auf die Landesfarben Österreichs und E 
anspielen. Der Bauchrücken und die Randlei 
6 Carl Blaas, Anbetung der Hirten und Könige: i 
blatt zur Prim, 4. Kapitel. S. 85. 
7 Leopold Kupelwieser. Initiale. Zweiter Nocturn, 
8 Carl Roesner: wDas kleine Ollicium der allers 
Jungfrau Maria". Titelblatt 
Anmerkungen s. 9 
' R Feuchlrviuller. Leopold Kupelwieser. 1970. s 54 163 
riaririeskircne und Alllerchenlelder Kirche siehe das v 
zeichnls S 272. 284. 
g Deutsches Kunstblatt, Berlin 1854. Nr. 51. S 447i
	        
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