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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIII (1978 / Heft 160 und 161)

halb geschlossen, wobei der Kopf leicht zur Seite 
gedreht ist (Abb. 2). Durch die Adaption der halbfi- 
gurigen Darstellung in das Halbrund der etwa in 
Schulterhöhe endenden Mondsichel erhält die ih- 
resgleichen suchende Gesamikomposition etwas 
Schwebend-Erscheinungshaftes. 
Bei der Hausmadonna Asams finden sich einige 
recht bedeutsame ikonographische Hinweise. Auf 
dem Haupt trägt Maria eine barocke Kaiserkrone. In 
solcher Form gekrönt wurde sie in der bayerischen 
Kunst häufig seit dem 17. Jahrhundert dargestellt. 
Durch Kurfürst Maximilian I. wurde Maria zurbayeri- 
schen Landespatronin, d.h. zur Schutzfrau Bayerns 
erklärt. Der sie wie eine Sonne umgebende breitge- 
facherte Strahlenkranz, der Zwölf-Sterne-Kranz um 
ihr Haupt: vsine capite eius corona stellarum duo- 
decimw, wie die Mondsichel zu ihren Füßen sind als 
persönliche Marianische Kennzeichen auf den Ty- 
pus der Darstellung des Apokalyptischen Weibes im 
Sinne von Geh. Offenbarung 12. 1 zurückzuführen. 
Hier heißt es wörtlich: nUnd es erschien ein großes 
Zeichen im Himmel: Ein Weib mit der Sonne beklei- 
det, den Mond zu ihren Füßen und aufihrem Haupte 
eine Krone mit zwölf Sternen." J.F. von Allioli (1855) 
gab dazu folgende Exegeses: "Das Weib heißt ein 
großes Zeichen, weil ein großes Zeichen dadurch 
gesinnbildet wird. Es ist mit der Sonne bekleidet, 
d.h. es ist von hellem Sonnenglanz umgeben, weil es 
im Besitze der wahren Gotteserkenntnis. der göttli- 
chen Flatschlüsse und Offenbarungen ist. Es hat den 
Mond zu Füßen. weil es über alles Wandelbare erha- 
ben ist. Auf dem Haupte trägt es eine Krone von 
zwölf Sternen, hinzudeuten auf die zwölf Stamme. 
aus denen sich die Gemeinde bildete, und auf die 
zwölf Apostel. die sie nachher zu Hauptern erhalten 
hatß Ganz im Sinne barockerZahlensymbolik ist die 
Beschäftigung mit derXinhaItlichen Ausdeutung der 
16 
oben genannten zwölf Sterne. Nach dem Speculum 
Carmelitanum, Antwerpii 1680, Tom, I. num, 1793 
von Daniela Virgine Maria (einem Ordensnamen) 
wurde entgegen der oben zitierten Exegese eine an- 
dere lnterpretation vorgeschlagen. Nach dieser An- 
sicht sind die zwölf Sterne gleichbedeutend mit den 
zwölf Hauptvorzügen Marias. 
Entsprechend der bekannten Stelle im Hohen Liede 
2,1 und 2 sind voll erblühte Rosen und Lilien, die zu- 
gleich im formalen Sinn die Seitenbegrenzung des 
querrechteckigen Flacherkerfeldes sind, die Sym- 
bole der Reinheit Mariä. Welch alte Tradition hinter 
dem eben genannten Motiv steht. zeigen die wie zu 
einem Stilleben vereinigten Blumen gleicher Be- 
nennung, die in einem irdenen Krug zu Fiißen der 
von Matthias Grünewald gemalten berühmten 
Stuppacher Madonna (1517-1519) stehen. 
Ein anderes Marianisches Symbol zeigen lateini- 
sche Worte auf dem mehrfach gewundenen 
Spruchband unterhalb der Hausmadonna. Hier 
steht die (durch eine inzwischen vorgenommene 
Restaurierung wieder zum Vorschein gekommene) 
Inschrift: "PULCHRA ES MARIA-i (Hohes Lied 1,14). 
Es sind jene berühmten Worte. die der Braut Christi 
- als einer Allegorie auf die christliche Kirche - in 
den Mund gelegt werden. Allegorisch-symbolisch 
wird seit jeher unter der Schönheit der Braut Christi 
ihre innere Herzensschönheit, mit anderen Worten 
der Gnadenstand verstanden. womit sie Gott ge- 
schmückt hat? 
Darstellungen von halbfigurigen Mondsichel-Ma- 
donnen haben eine lange typusmäßige Tradition, 
wie beispielsweise der bekannte Dürer-Holzschnitt 
in Gestalt des Titelbildes zum Marienleben (1511) 
ebenso wie die große t-Cortcepcicnu von Murillc im 
Prado lehrt. 
Als Schüler von Andreas Faistenberger (1 647-1736), 
der von A.F. Oefele als v-discipulus Laurentii 
niu bezeichnet wurde, besuchte E.Q. Asam 
Jahren 1712-1713 die Accademia di S. Lucai 
unter Pierleone Ghezzi, Auf vielfältige Art n 
Kunst des barocken Rom verbunden. die für il 
zentrale Bildungserlebnis wahrend seinerges 
Schaffenszeit war, gehört es zur charakterist 
Eigenart der von E.Q. Asam geschaffenen l 
daß sie stets von echt religiosem Gefühl ge 
sind. Die äußere und innere Verwandtschaft 
Werke zur Kunst des barocken Florn ist der: 
dent, daß man ihn mit Recht als Enkelschül 
großen G.L. Bernini bezeichnen kann. Die e 
"Bilderwand" des Asamhauses gleichsam n 
schneiderte Hausmadonna hat einen derart 
Ien Charakter. daß es vergebliche Mühe wäre. 
nem Werk nach anderen mit ihrvergleichbare 
spielen zu suchen. Daß sie absichtlich an die 
der von uns zu besprechenden Münchener 
madonnen gestellt wurde, hat insofern B91 
gung, weil die von ihm hinterlassenen Werke 
lem in ausdrucksmäßiger Hinsicht die der ne 
genden Münchener Rokokobildhauer stark 
flußt haben. 
Die gleiche Zweckbestimmung wie das ebr 
sprocheneWerk hatteeine wesentlich spaterz 
führte Plastik. Siewurdejedoch aus Holz gesc 
Abgesehen von dem ihnen beiden zugrundel 
den Thema ist das Tertium comparationis de 
stand, daß sie beide zugleich auch eFirmens 
waren, wie sich A. Feulner einmal ausdrück 
sprechen ist anschließend von der Hausmac 
die der Bildhauer Johann Baptist 2 
(1704-1784) schnitzte (Abb. 3). 
Wie sein später so beruhmt gewordener S 
Franz lgnaz Gunther (1725-1775), auf den no 
rückzukommen sein wird, trug auch J.B. Strai
	        
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