ranken mit kleinen Blüten und spitzen Blättern. die
in versetzten Reihen angebrachte Palmetten um-
schreiben. Diese besitzen einen geflammten Blatt-
kranz und einen geschuppten Kern, den italienische
lnventare des 14. Jahrhunderts mit dem Terminus
"ad pineas- belegten".
Völlig gleiche Stoffe, die übereinstimmend mit Bock
in das 14.Jahrhunderteingeordnetwurden, sind ein
Fragment ebenfalls aus der Sammlung Bock im Vic-
toriaand Albert Museum" und ein Seidenbrokatdes
Berliner Kunstgewerbemuseums". wobei lediglich
Dorothee Klein, die u.a. das Berliner Exemplar er-
wähnte. eine Entstehung in China ablehnte". lhrAr-
gument, daß -die streng sti sierte Blütenpalmette-
in Ostasien, selbst in der Yüan-Epoche (1271-1368)
nnicht zu belegen- sei, widerlegte M. Feddersen
ganz allgemein". im Falle unseres Gewebes müssen
freilich schon die Ranken mit den
"Wolkenköpfchenr-(yün-t'ou)-ähnlichen Blüten
eindeutig als chinesisch angesprochen werden;
nicht minderdas Motivdes von Flammen gerahmten
ßPinienzapfens-i. für das Pauline Simmons und Bri-
gitta Schmedding chinesische Stoffe aus derselben
Zeit in der Kirche von Eskilstuna" und in der Kathe-
drale von Sittenß zum Vergleich herangezogen ha-
ben. Schuppenpalmetten tauchen zwar in Varianten
auch auf gleichzeitigen persischen Textilien auf.
dort allerdings in Anlehnung an chinesische Vorbil-
der, nicht aber die rahmenden Flammenblätter,
worauf bereits J.H. Schmidt aufmerksam machte".
Weit frühere Voraussetzungen für die Palmette rnit
geschupptem Kern dürften freilich - hiefür sei ein
syrischer Stoff des 8. bis 9. Jahrhunderts in der Pier-
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pont Morgan Library in New York angeführt" - im
vorderorientalischen Raum zu suchen sein, ähnlich
wie für die wSpitzovalgliederungß aus Ranken, die
auf den Stoffen im islamischen Bereich und in Italien
ebenfalls erst wieder durch den Einfluß der mittelal-
terlichen chinesischen Textilien Eingang fand. Das
hatte schon 0.v. Falke erkannt, der das sehr charak-
teristische Dekorelement mit syrisch-byzan-
tinischen Atlasstoffen der Willigisgruppe in Zusam-
menhang brachte", für die Sigrid Müller-Christen-
sen" und Agnes Geiler" auf ältere Vorwegnahmen
in der syrisch-byzantinischen, der islamischen - zu
ergänzen wären Stuckverkleidungen aus Khirbat
al-Mafjar" - und in der sassanidischen Ornamentik
verwiesen. Daß das Spitzoval noch während der
Tang-Dynastie (618-907) auf chinesische Muster-
gebungen einwirkte, bestätigt ein Stoff des 7. Jahr-
hunderts aus den Höhlen von Tun-huang".
Ein typischer Vertreter des genannten Schemas ist
der zweite aus der Sammlung Bock stammende und
von ihm in das 13. Jahrhundert angesetzte Stoff
(Abb. 2), ein hellgrüner Seidensatin mit einem Bro-
katschuß aus Riemchengold, Kat. Nr. 150 (inv.
Nr. 4150, Te. 873). Ihn ziren große stilisierte, von
Blattkränzen umschlossene Lotospalmetten inner-
halb symmetrisch aufgebauter Spitzovalran ken. von
denen stehende und hängende Blattmotive nachin-
nen gerichtet sind. An den Berührungsstellen bilden
die Ranken über einer Lotosblattbasis von flattern-
den Bändern zusammengefaßte Blattkandelaber,
die von spezifisch chinesischen Blütendolden" be-
krbnt werden.
Bock verglich zu einem "Goldstoff", den er in seiner
"Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittel-
alters-t abgebildet hattezä. Ein vollkommen überein-
stimmendes Gegenstück, das um 1300 oder in das
14. Jahrhundert datiert wird, gelangte jedoch aus
Halberstadt in das Kunstgewerbemuseum in Ber-
lin".
Beim dritten Brokat, Kat. Nr. 160 (lnv. Nr. 4160,
Te. 883, Abb. 3), bei dem die den Fond abgebenden
Kettfäden in Atlasbindung hellblau. Iichtgrün und
hellrot gehalten sind, während für den Ziereintrag
Goldriemchen und schwarze Seide verwendet wur-
den, handelt es sich um ein Fragment, das mit den
Stoffen einer Tunicella und einer Dalmatik (Abb. 4)
aus der alten Kapelle in Regensburg identisch ist,
die fälschlicherweise auf Heinrich VI. (gest. 1197)
bezogen und daher als wHeinrichsgewänder-t be-
zeichnet wurden". Stücke des gleichen Stoffes be-
wahren das Victoria-and Albert Museum -ebenfalls
aus der Sammlung Bock" - und das Kunstgewer-
bemuseum in Berlin".
Die komplette Komposition besteht aus zwei brei-
ten, von schmaleren Bändern getrennten Streifen,
deren Felder Fo-Löwenpaare und Medaillons mit
arabischer Schrift, bzw. in Art eines Baumes zu-
sammengestellte Halbmondmctive mit Rosetten,
geometrische Muster und Lotospalmetten enthal-
ten. ln den Schmalstreifen wechseln längsrechtek-
kige Felder, die von Hunden verfolgte Böcke, Fisch-
und Entenpaare schmücken, sowie kleine Kompar-
timente mit Stern- und Ftosettenornamenten einan-
der ab.
Das Wiener Beispiel bringt nicht das ganze Muster,
sondern beschrankt sich nur auf einen Ausschnitt,