vermehren ließen - vor allem um die ob des Dekora-
tionsreichtums geschätzte Palette orientalischer
Anregungen.
Die eigentliche Wiener Ausformung des Jugendsti-
les. die Wiener ß-Secessionu, dagegen hat einen viel
strengeren Charakter demonstriert. der sich im
Werke Otto Wagners und einiger seiner Schüler bis
zu einem Protokubismus steigern konnte. Zu diesen
gehörte etwa Max Fabiani mit dem Haus Fix 8- Patois
von 1897 (Abb. 5). Die Bemühung. die historische
Signalwirkung historisierender Fassaden abzustrei-
fen, läßt hier die Fläche. die klardefinierbare geome-
trische und stereometrische Form dominieren - wie
dies seil dem sogenannten Revclutionsklassizismus
des späten 18. Jahrhunderts möglich war. Das Or-
nament. sich gern auch im Material-etwa in Metall-
deutlich absetzend. hat Applikationscharakter, wäh-
rend es bei den anderen Bauten viel stärker inte-
griert ist. Keine Frage. daß jene Werke. die man der
Wiener Secession zurechnen kann, weitaus radika-
lerjenem Drange des Jugendstiles entsprachen. der
der erdrückenden Fülle der Geschichte. "der Schlaf-
losigkeit. dem Wiederkäuenw entrinnen wollte. als
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die dem gleichen Zeitstil verpflichteten späthistori-
stischen Bauten.
Was hat dieser Stilpluralismus für Hintergründe und
warum dehnt sich zwischen dem Jugendstil bezie-
hungsweise der Secession und seiner späthistori-
stischen Variante eine solche Kluft, daß man letztere
nur selten zu würdigen bereit ist?
Zunächst wird man für den Stilpluralismus gesell-
schaftliche Spannungen ins Treffen führen können.
Nicht nur in Wien waren die Verfechter des Ju-
gendstils in seiner reinen Ausprägung beziehungs-
weise der Secession Mitglieder einer intellektuellen
und künstlerischen Elite. einer Avantgarde. der es
um einen esoterischen Lebensstil und das Ausbre-
chen aus der als Fessel empfundenen Tradition und
Geschichte ging. Dieser Gruppe standen als Antipo-
den die Träger der offiziellen Kunsttätigkeit gegen-
über, die vom Kaiser über den Thronfolger abwärts.
weiters von Beamten und Bürgern gepflegt wurde
und die sich an die verschiedenen Variationen des
Historismus hielten. Der wkleine Manne konnte sich
beider Möglichkeiten erst in dem Moment bedienen.
wo sie aus der elitären Isolierung der Einzelanferti-
4 Georges Chedanne. Französische Botschaft. Wien 4.
Schwarzenbergplatz, Balkon der Beletage, 1906-1909.
(Foto Fiegl Nr. B40)
5 Max Fabiani. Haus Fix B. Patois. Wien 3. Ungargasse 59.
1597-1900. (Foto Fiegl)