Waltraud Neuwirth
Anton Kling (1881-1963)
Das Österreichische Museum für angewandte Kunst in
Wien plant vom 10. Mai bis 2B. August 1979 die Ausstellung
eAnton Kling (1881-1963) und sein Freundeskreis. Ein Wie-
ner Künstler der Klimi-Gruppe in Wien, Hamburg, Pforz-
heim und Karlsruhe". Zur Vervollständigung des geplanten
Oeuvrekataloges werden Besitzer von Werken Klings gebe-
ten, sich mit Dr. Waltraud Neuwirth (Stubenring 5,
A-1010 Wien) in Verbindung zu setzen,
1 Anton Kling: Knabe mit Spielzeug; monogrammiert;
aus: "Schwarz auf Weiß. Wiener Autoren den Wiener
Kunstgewerbeschülern zu ihrem Feste am 6. Februar
1902", S. 17. 12,9 x 6,9 cm,
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Anton Kling gehörte jener Künstlergeneration an,
der es selbstverständlich war, nicht nur auf einem
Gebiet tätig zu sein, sondern den gesamten Lebens-
raum des Menschen zu gestalten. Kling war Maler,
schuf Buchillustrationen, war Mitarbeiter von Zeit-
schriften. entwarf Möbel, Keramiken, Glasfenster,
Schmuck, Bucheinbände, Exlibiris und vieles an-
dere.
Wie die meisten seiner Alters- und Schicksalsge-
nossen ist auch Anton Kling zu wenig bekannt; zwar
fanden noch zu seinen Lebzeiten Einzelausstellun-
gen statt, zwar gelangten mehrere seiner Werke in
Museen und in Privatsammlungen, doch wurden
viele seiner Arbeiten in Karlsruhe im Jahre 1944
durch Kriegseinwirkung zerstört. Damit ist ein gro-
ßer Teil seines Oeuvres unwiederbringlich verloren.
Das Leben desKünstlers darzustellen und sein Werk
zu erfassen, wäre jedenfalls unmöglich, wäre nicht
Rechtsanwalt Anton Kling aus Karlsruhe, der Sohn
des Künstlers, in umsichtiger, liebevoller und
kennfnisreicher Weise um das Andenken seines Va-
ters bemüht. Herrn Kling verdanke ich unzählige
Hinweise und Unterlagen zu nachstehendem Bei-
trag, der ohne ihn wohl kaum zustande gekommen
wäre. Dieser Beitrag kann das Werk Klings nur an-
deuten; es sei auch nicht geleugnet. dal! aus nahe-
liegenden Gründen der Schwerpunkt auf seine
frühe Schaffenszeit in Wien und auf seine Entwürfe
für Kunstgewerbe gelegt wurde.
Anton Kling, Leben und Werk
Das Leben Anton Klings ist eng verbunden mit den
Stätten seines Wirkens. Demzufolge sind seine Le-
bensabschnitte von den Aufenthalten in Wien
(1881-1908), Hamburg (1908-1923), Pforzheim
(1923-1927) und Karlsruhe (1927-1963) bestimmt.
Wien 1881 -1908
Anton Kling wurde am 26. November 1881 in Wien
als Sohn des Klavierbauers Anton Kling und dessen
Frau Maria Hochegger geboren. Nach dem Besuch
von Volks-, Bürger- und Oberrealschule trat Kling in
die Wiener Kunstgewerbeschule ein. Hier studierte
er von 1898-1903 bei Willibald Schulmeister (Orna-
mentales Zeichnen), Ludwig Minnigerode (Figura-
les Zeichnen), Alfred Roller (Figurales und orna-
mentales Zeichnen) und Josef Hoffmann (Fach-
klasse für Architektur). Ferner besuchte er den Un-
terricht bei Kajetan (Technisches Zeichnen), Ginzel
(Architektonische Stil- und Formenlehre), Leisching
(Kunstgeschichte), Groll (Aktzeichnen), Heller (Ana-
tomie) und Linke (Gewerbliche Chemie).
ln der summarischen Aufstellung seiner biographi-
schen Daten (Abb. 2) ist Kling bei seiner Studienzeit
bei Roller und Hoffmann ein Irrtum unterlaufen, da
sein Abgangszeugnis, das noch erhalten ist, den
eindeutigen Abschluß seines Studiums mit 1903
festlegt.
In diesem Abschlußzeugnis finden wir ein hochin-
teressantes Y-Gesamturteil über die Leistungsfähig-
keit des Schülers-i. Josef Hoffmann beurteilt Kling
folgendermaßen:
"Anton Kling besuchte meine Schule durch ein Jahr
hindurch. Sein Talent und seine Findigkeit zeigte
sich im Entwurf verschiedener architektonischer
Aufgaben als hervorragend, ebenso sein Ge-
schmack und seine Auffassung."
Von Kling ist eine Reihe architektonischer Entwürfe
erhalten, die diese Beurteilung durchaus rechtferti-
gen (der Entwurfeines Landhauses. um 1908, bestä-
tigt dies: Abb. 3),
Noch aus seiner Zeit an der Wiener Kunstgewerbe-
schule stammt die Darstellung eines Knaben mit
Spielzeug, links oben mit einem charakteristischen
Monogramm Klings versehen (Abb. 1), aus dem
1902 erschienenen Katalog "Schwarz auf Weiß.
Wiener Autoren den Wiener Kunstgewerbeschülern
zu ihrem Feste am 6. Februar 1902". Bereits 1903
war Kling Mitarbeiter der satirischen Zeitschrift
"Lucifer", von der nur mehrwenige Nummern erhal-
ten sind; die im Besitz Klings befindlichen Beleg-
exem plare sind verbrannt. Ein Jahr später gestaltete
Kling das Buch "Ein Abenteuer" von Maxim Gorki],
das 1904 als Band 13 der im Wiener Verlag erschie-
nenen Sonderserie r-Bibliothek berühmterAutoren"
veröffentlicht wurde. Der Buchgestaltung konnte
sich Kling in seiner Wiener Schaffensperiode offen-
bar besonders widmen: im Jahre 1908 zeichnete er
für den Buchschmuck des Ausstellungskataloges
der Wiener Kunstschau verantwortlich. Außerdem
war er im Ausstellungskomitee neben Klimt, Böhm.
Cizek, Hoffmann, Larisch, List, Löffler, Moll, Moser,
Prutscher, Roller, Schmidt, Schönthal und Wimmer
vertreten und schuf einige Exponate für die Ausstel-
lung: "Je drei dekorative Wandbilder zu beiden Sei-
ten des Vestibüls mit Leimtempera an die Wand ge-
malt, zum Teil schabloniert" (Katalog Kunstschau
1908, S. 11), ferner noch ein Plakat, Buchschmuck
und Exlibris, einen Entwurf für ein Gartenhaus, Fi-
guren für ein Kasperltheater, ein Wandbild in Majo-
lika, ausgeführt von der Firma Sommerhuber in
Steyr. Der Empfangsraum mit Blick aufeines der de-
korativen Wandbilder Klings ist im Katalog der
Kunstschau abgebildet, und eine Doppelseite des
Katalogs sei zum besseren Verständnis von Klings
frühem Stil hier wiedergegeben (Abb. 5).
Auf der Kunstschau 1909 sind die dekorativen
Wandbilder des Empfangsraums natürlich wieder
erwähnt, außerdem präsentierte Kling, nun schon in
Hamburg ansässig, einen Marmorkopf (Katalog
Kunstschau 1909, S. 54).
Neben den im Ausstellungskomitee zur Kunstschau
1908 bereits genannten Künstlern zählten noch fol-
gende Persönlichkeiten zu Klings Wiener Freundes-
und Bekanntenkreis: die Maler Hans Kalmsteiner,
Alfred Gerstenbrand und Franz von Zülow, der Ar-
chitekt Franz Tominschek, die Tänzerin Grethe
Wiesenthal, die Malerin Magda Mautner von Mark-
hof sowie Professor Gustav Jäger und Herta Jäger
(geb. Mautner von Markhof). Auch (3.0. Czeschka
hat wohl diesem Kreis angehört; er schrieb an Kling
am 25. Juli 1908 einen Brief, der sich mit dessen Be-
rufung nach Hamburg befaßte (Abb. 6)
Engen Kontakt mit Josef Hoffmann und der Wiener
Werkstätte hatte Kling durch seine Mitarbeit am
Theater und Kabarett "FIEGSFFHBUS", wo er als "de-
korativer Mitarbeiter" galt. Kling entwarf für die
Wiener Werkstätte auch zwei Schmuckplatten (als
Haarschmuck), vermutlich 1907108, die aber wahr-
scheinlich nie ausgeführt worden sind.
Mit der wWienerKeramik" von Michael Powolny und
Berthold Löfflerstand erebenfalls in gutem Kontakt,
entwarf er doch Keramiken, die anläßlich der "Aus-
stellung österreichischer Kunstgewerbe 1909-
1910ß im Österreichischen Museum für Kunst und
Industrie präsentiert wurden. Die Entwürfe dazu
stammen aller Wahrscheinlichkeit nach noch aus
seiner Wiener Zeit.
Der Katalog zu dieser Ausstellung führt an: "Uhr mit
Säulen, K 70,-", hßlumenbecher, K 12,-" und
wRunde Dose, K 25,-". Die "Uhr mit Säulen" ist of-
fensichtlich identisch mit einer heute in der Samm-
lung des Österreichischen Museums befindlichen
Uhr (Katalog wösterreichische Keramik des Ju-
gendstils" von W. Neuwirth, Wien 1974, 5.229,
Nr. 101). Sie ist mit dem Monogramm A K versehen,
was diese Annahme noch bestärkt. Daß dieselbe Uhr
in späterer Ausformung das Monogramm Michael
Powolnysträgt, ist aufdie Tatsache zurückzuführen,
daß die Handhabung von Signaturen bei spateren
Ausformungen nicht immer sehr korrekt war.
Einen Plakatentwurf Klings finden wir in der von
Myrbach, Hoffmann, Moser und Roller herausgege-
benen Zeitschrift "Die Fläche" (Verlag Schroll,
Wien).