deutenden heimischen Landschaften - mit Figu-
renstaffage - von Carl Hasch (1834- 1897) zu ho
hen Preisen fleißig gekauft (obwohl der Maler in
Händlerkreisen hinter vorgehaltener Hand ab
schätzig "Hascherlrr genannt wird).
Man wünscht Slaffage, redselige Bilder, heimi-
sche Landschaften, am liebsten aber Genrebilder.
Es ist wie in Nestroys Komödien; an den Wänden
des Herrn "Particulierii hängt dasselbe, heute wie
damals.
So steht man denn vor so einem geschwätzigen
Bild, vielfigurig, in Gebirgslandschatt. "Signiert
und datiert." (Der Maler, unbedeutend, ist in dem
für diesen Markt geschaffenen neuen Künstlerle-
xikon beflissen beschrieben.) Der Besitzer erklärt
voll liebenswerter Euphorie: "Fünfzig Figuren san
dargestellt, jed's Zahnderl sehgnslrr
Diese Form des Kunstgenusses hat in Österreich
höchste Tradition. Wie sagte doch Kaiser Franz zu
Beethoven nach einem Konzert: "Bravo, ich habe
schon viele spielen ghört, aber so wie Sie - so
wie Sie - wie Sie hat no kaner gschwitztu -
Zahnderln.
Damit haben wir mehrere wichtige Faktoren ken-
nengelernt, nach denen sich der Markt richtet, und
zwar:
1 Johann Georg Platzer, "Höfisches Fest-r, signiert 1736.
Ol auf Kupfer. Salzburger Privatbesitz
2 Josef Nigg, Blumenstilleben auf Porzellan, um 12:40, si-
gniert "Jos Niggu. Eingepreßt W. B21. Osterreichisches
Museum für angewandte Kunst, Wien - lnv. Nr. Ke113
(LiLI Falke Nr. 240, S. 83).
0 "Der Künstler soll für das Geld geschwitzt ha-
benki (Viele Figuren, viele Zahnderln, kurz, viel
Künstlichkeit.)
O "Häufig macht teuerkr (Das Einmalige bleibt
preiswert, das sich Wiederholende wird hinauflizi-
tiert.)
0 "Kunst darf nicht störenki (Möglichst kein her-
ausforderndes oder irritierendes Thema. Am lieb
sten Blumen oder zufriedene Bauern in heimi-
scher Landschaft oder eine möglichst vornehme
Gesellschaft, Genreszenen, Historienbilder.) -
Wenig Käufer gibt es für die so schicksalhafte
Kunst des Porträts, für Themen der Mythologie,
für die geistvolle Allegorie, für die Lebensgleich-
nisse des Alten Testamentes, für christliche The
men, für die reine Schöpfungslandschaft, kurz, für
alles, was in hohem Sinne abstrakt sein kann. Sol-
che Objekte wandern meist ins Ausland oder in
Museen. Der Handel engagiert sich ungern damit.
Er bemüht sich um die vom breiten Publikum er-
wartete Ware.
Wenn natürlich die iiZahnderln-r von Waldmüller
gemalt sind oder die Landschaft von Gauermann,
dann stimmt auch die hohe Rechnung, die da auf-
gemacht wird, harmonisch mit dem kulturhistori-
schen Rang überein.
Die Beliebtheit und teilweise Überbewertung des
19. Jahrhunderts ist schließlich kein nur österrei-
chisches Problem. Man denke nur, wie sehr unser
Nachbarland Bayern an der dort so beliebten
krachledernen Kunst seiner "Münchner Schulen
zu tragen hat.
Günstiger scheint dem Autor die Tendenz für das
späte 19. und das frühere 20. Jahrhundert. im Zu-
sammenhang mit der Aktualisierung des Jugend-
stils ergab sich die Wiederentdeckung mancher
Maler, die uns heute neue Erlebnisse schenken
kennen. Mit Vergnügen erinnert sich der Bericht-
erstatter an ein großes Blumenstück von Tina
Blau, das auf der letzten Salzburger Messe er-
schien und elwa um 1880 entstanden ist. Hier war
eine wahre neue lnvention dieses Bildtypus ent-
standen, sowohl in der Komposition als auch in ei-
ner poetisch-chinoisen Note. Der Preis dieser un-
gemein reizvollen und kunsthistorisch bedeutsa-
men Schöpfung lag nicht über den Preisen des
schematisch gemalten Kunstgewerbes älterer
Wiener Blumenmaler.
Das Angebot an Plastiken leidet am Material-
mangel. Auf diesem Gebiet sind die Probleme des
Absatzes und der Preisbildung etwas anders als
bei Gemälden, obwohl der Markt auch hier an der
gleichen Käufer-Mentalität krankt.
Es entfällt die ängstliche Frage nach der Signatur,
da der Bildhauer - vor allem bei der Holzplastik,
die den Hauptteil stellt - nicht signiert hat. Da
Private Skulpturen in erster Linie als Dekoration
erwerben, spielt das Sujet und die Größe die
Hauptrolle. Ausgenommen bleibt der spezielle
Skulpturensammler, der größere Räumlichkeiten
für die Aufstellung von Figuren besitzt. Dieser be
rücksichtigt eher künstlerische Kriterien.
Am gefragtesten ist die Madonna, möglichst
60 cm hoch. Hier tritt der häufigste und unerfreu-
lichste Skulpturenkäufer auf. (Das iiMadonnerl
fürs Nischerl vom Architekterlii, lieb soll es sein,
Qualität nebensächlich.) Von den übrigen Darstel-
lungen sind allenfalls noch Ritterheilige gefragt,
eine Pieta - davon kommen gelegentlich noch
Meisterwerke auf den Markt - kauft allenfalls
noch ein Spezialsammler, Sebastiane haben
kaum eine Chance. (Da hilft selbst die geflügelte
Beteuerung des Verkäufers nichts: iiSchauns, der
hat an Ausdruck, da kriagns an Schweißaus-
bruchß)
Auch das Material kann oft hinderlich sein, Terra-
kottaplastiken sind im Inland fast unverkäuflich
(sie könnten hinunterfallen und brechen), Eichen-
holz ist als "Galgenholzr- unbeliebt. So kehren
manche Plastiken aus dem Vorjahr in späteren
Messen wieder zurück als "Kehrwiederholzii -
sprich Bumerang.
Selbst Meisterwerke der Plastik geistern oft uner-
kannt längere Zeit durch den Markt, da sie zu groß
sind oder da sie dem eben festgestellten Ver-
kaufsgesetz "Kunst darf nicht störenu nicht ent-
sprechen. Der Autor erinnert sich an monumenta-
le Assistenzfiguren, vollrund, von geschlossener
Form, schweigend in Trauer gehüllt. Solche Werke
warten unterbewertet, bis ein Museum sie auf-
fängt und die Kunstgeschichte ihnen den Rang
weist.
interessant sind auch Geschmack und Käuferten-
denzen bei der Möbelkunst. Hier ist selbstver-
ständlich die Raumfunktion dominierend.
Befriedigt ist festzustellen, daß schreckliche
Geschmacksauswüchse der dreißiger Jahre jetzt
verschwunden sind. Heute wird kaum noch je
mand eine Kanzel in eine Hausbar umbauen oder
einen Beichtstuhl in einen Bücherschrank. Auch
die Tendenz, daB alle zwölf Stühle um einen EB-
tisch aus der Zeit sein müssen, ist abgeschwächt.
(Man fürchtet nicht mehr, daß ein Gast seinen
Stuhl umdreht und nach Holzwurmlöchern
forscht.)
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