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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 162)

deutenden heimischen Landschaften - mit Figu- 
renstaffage - von Carl Hasch (1834- 1897) zu ho 
hen Preisen fleißig gekauft (obwohl der Maler in 
Händlerkreisen hinter vorgehaltener Hand ab 
schätzig "Hascherlrr genannt wird). 
Man wünscht Slaffage, redselige Bilder, heimi- 
sche Landschaften, am liebsten aber Genrebilder. 
Es ist wie in Nestroys Komödien; an den Wänden 
des Herrn "Particulierii hängt dasselbe, heute wie 
damals. 
So steht man denn vor so einem geschwätzigen 
Bild, vielfigurig, in Gebirgslandschatt. "Signiert 
und datiert." (Der Maler, unbedeutend, ist in dem 
für diesen Markt geschaffenen neuen Künstlerle- 
xikon beflissen beschrieben.) Der Besitzer erklärt 
voll liebenswerter Euphorie: "Fünfzig Figuren san 
dargestellt, jed's Zahnderl sehgnslrr 
Diese Form des Kunstgenusses hat in Österreich 
höchste Tradition. Wie sagte doch Kaiser Franz zu 
Beethoven nach einem Konzert: "Bravo, ich habe 
schon viele spielen ghört, aber so wie Sie - so 
wie Sie - wie Sie hat no kaner gschwitztu - 
Zahnderln. 
Damit haben wir mehrere wichtige Faktoren ken- 
nengelernt, nach denen sich der Markt richtet, und 
zwar: 
1 Johann Georg Platzer, "Höfisches Fest-r, signiert 1736. 
Ol auf Kupfer. Salzburger Privatbesitz 
2 Josef Nigg, Blumenstilleben auf Porzellan, um 12:40, si- 
gniert "Jos Niggu. Eingepreßt W. B21. Osterreichisches 
Museum für angewandte Kunst, Wien - lnv. Nr. Ke113 
(LiLI Falke Nr. 240, S. 83). 
0 "Der Künstler soll für das Geld geschwitzt ha- 
benki (Viele Figuren, viele Zahnderln, kurz, viel 
Künstlichkeit.) 
O "Häufig macht teuerkr (Das Einmalige bleibt 
preiswert, das sich Wiederholende wird hinauflizi- 
tiert.) 
0 "Kunst darf nicht störenki (Möglichst kein her- 
ausforderndes oder irritierendes Thema. Am lieb 
sten Blumen oder zufriedene Bauern in heimi- 
scher Landschaft oder eine möglichst vornehme 
Gesellschaft, Genreszenen, Historienbilder.) - 
Wenig Käufer gibt es für die so schicksalhafte 
Kunst des Porträts, für Themen der Mythologie, 
für die geistvolle Allegorie, für die Lebensgleich- 
nisse des Alten Testamentes, für christliche The 
men, für die reine Schöpfungslandschaft, kurz, für 
alles, was in hohem Sinne abstrakt sein kann. Sol- 
che Objekte wandern meist ins Ausland oder in 
Museen. Der Handel engagiert sich ungern damit. 
Er bemüht sich um die vom breiten Publikum er- 
wartete Ware. 
Wenn natürlich die iiZahnderln-r von Waldmüller 
gemalt sind oder die Landschaft von Gauermann, 
dann stimmt auch die hohe Rechnung, die da auf- 
gemacht wird, harmonisch mit dem kulturhistori- 
schen Rang überein. 
Die Beliebtheit und teilweise Überbewertung des 
19. Jahrhunderts ist schließlich kein nur österrei- 
chisches Problem. Man denke nur, wie sehr unser 
Nachbarland Bayern an der dort so beliebten 
krachledernen Kunst seiner "Münchner Schulen 
zu tragen hat. 
Günstiger scheint dem Autor die Tendenz für das 
späte 19. und das frühere 20. Jahrhundert. im Zu- 
sammenhang mit der Aktualisierung des Jugend- 
stils ergab sich die Wiederentdeckung mancher 
Maler, die uns heute neue Erlebnisse schenken 
kennen. Mit Vergnügen erinnert sich der Bericht- 
erstatter an ein großes Blumenstück von Tina 
Blau, das auf der letzten Salzburger Messe er- 
schien und elwa um 1880 entstanden ist. Hier war 
eine wahre neue lnvention dieses Bildtypus ent- 
standen, sowohl in der Komposition als auch in ei- 
ner poetisch-chinoisen Note. Der Preis dieser un- 
gemein reizvollen und kunsthistorisch bedeutsa- 
men Schöpfung lag nicht über den Preisen des 
schematisch gemalten Kunstgewerbes älterer 
Wiener Blumenmaler. 
Das Angebot an Plastiken leidet am Material- 
mangel. Auf diesem Gebiet sind die Probleme des 
Absatzes und der Preisbildung etwas anders als 
bei Gemälden, obwohl der Markt auch hier an der 
gleichen Käufer-Mentalität krankt. 
Es entfällt die ängstliche Frage nach der Signatur, 
da der Bildhauer - vor allem bei der Holzplastik, 
die den Hauptteil stellt - nicht signiert hat. Da 
Private Skulpturen in erster Linie als Dekoration 
erwerben, spielt das Sujet und die Größe die 
Hauptrolle. Ausgenommen bleibt der spezielle 
Skulpturensammler, der größere Räumlichkeiten 
für die Aufstellung von Figuren besitzt. Dieser be 
rücksichtigt eher künstlerische Kriterien. 
Am gefragtesten ist die Madonna, möglichst 
60 cm hoch. Hier tritt der häufigste und unerfreu- 
lichste Skulpturenkäufer auf. (Das iiMadonnerl 
fürs Nischerl vom Architekterlii, lieb soll es sein, 
Qualität nebensächlich.) Von den übrigen Darstel- 
lungen sind allenfalls noch Ritterheilige gefragt, 
eine Pieta - davon kommen gelegentlich noch 
Meisterwerke auf den Markt - kauft allenfalls 
noch ein Spezialsammler, Sebastiane haben 
kaum eine Chance. (Da hilft selbst die geflügelte 
Beteuerung des Verkäufers nichts: iiSchauns, der 
hat an Ausdruck, da kriagns an Schweißaus- 
bruchß) 
Auch das Material kann oft hinderlich sein, Terra- 
kottaplastiken sind im Inland fast unverkäuflich 
(sie könnten hinunterfallen und brechen), Eichen- 
holz ist als "Galgenholzr- unbeliebt. So kehren 
manche Plastiken aus dem Vorjahr in späteren 
Messen wieder zurück als "Kehrwiederholzii - 
sprich Bumerang. 
Selbst Meisterwerke der Plastik geistern oft uner- 
kannt längere Zeit durch den Markt, da sie zu groß 
sind oder da sie dem eben festgestellten Ver- 
kaufsgesetz "Kunst darf nicht störenu nicht ent- 
sprechen. Der Autor erinnert sich an monumenta- 
le Assistenzfiguren, vollrund, von geschlossener 
Form, schweigend in Trauer gehüllt. Solche Werke 
warten unterbewertet, bis ein Museum sie auf- 
fängt und die Kunstgeschichte ihnen den Rang 
weist. 
interessant sind auch Geschmack und Käuferten- 
denzen bei der Möbelkunst. Hier ist selbstver- 
ständlich die Raumfunktion dominierend. 
Befriedigt ist festzustellen, daß schreckliche 
Geschmacksauswüchse der dreißiger Jahre jetzt 
verschwunden sind. Heute wird kaum noch je 
mand eine Kanzel in eine Hausbar umbauen oder 
einen Beichtstuhl in einen Bücherschrank. Auch 
die Tendenz, daB alle zwölf Stühle um einen EB- 
tisch aus der Zeit sein müssen, ist abgeschwächt. 
(Man fürchtet nicht mehr, daß ein Gast seinen 
Stuhl umdreht und nach Holzwurmlöchern 
forscht.) 
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