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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 162)

Für den Kunstsammler 
Varia, Aufrufe 
diesen Jahren Erzbischof Graf Tarnoczy und der Abt von 
St. Peter, Albert Eder, aber auch Baron Schwarz, der die 
Salzburger Neustadt plante, sowie Redakteur Mlelichs- 
hofer, der 1870 einen ersten umfassenden Artikel über 
unseren Künstler für Wurzbachs i-Biographisches Lexi- 
kon des Kaiserthums Österreich-i verfaßte7, den Pezolt 
als trschwülstig-x bezeichnete, wohl deshalb, weil Pezolt 
etwas einseitig als Landschafter gewürdigt wird. 1873 
reiste Pezolt im Gefolge des Baron Schwarz erneut nach 
Italien und nahm an der Wiener Weltausstellung mit ei- 
nem Motiv aus der Fürstenstube der Festung Hohen- 
saizburg teil, das unbewußt seiner Sehnsucht nach ge 
sicherter bürgerlicher Existenz Ausdruck verleiht: ttErzbi- 
schof Leonhard von Keutschach (unterstützt) die durch 
den Bergbau herabgekommene Familie der Gasteiner 
Gewerken Erasmus Weitmoser-tß Pessimismus, aber 
auch die klare Erkenntnis, daß seine Kunst aus der Mo- 
de gekommen ist, stehen bei der Lektüre seines Tage 
buches im Vordergrund: ttDie Nazarener schmecken 
süßlich, wenn ich an (Anselm) Feuerbachs Pietä erinne- 
re... Die Cartone des großen Cornelius sind zu tei(gig) 
gemalt9... Die (Neo)Gotik in Deutschland ist jetzt aus 
der Mode  (ich habe) die Erlaubnis erhalten, in der 
Nonnbergkirche malen zu dürfen. Es geht nicht anders. 
Ungeachtet niemand mehr dem Kirchlichen zugeneigt 
ist, so muB ich gestehen, ich bin zu nichts anderem 
tüchtig"... (und) hätte ich nur ein bißchen Bares, ich 
würde etwas vom historischen Genre versuchen, wenig- 
stens kann man damit auf einer Ausstellung durchbre- 
chen..An Landschaften hat man übersatL-ti? 
Vor allem die beiden letzten Aussagen sind bezeich- 
nend für die Krise, in die Pezolt geraten ist. Er hängt an 
Kirchlichem, d.h. an den von den Nazarenern als einzig 
wahres Sujet gepriesenen Motiven, und ist als Land- 
schafter Spätromantiker, der erkennen muß, daß Feuer- 
bachs pathetischer Historismus und Anton Hanschs 
Naturalismusiß ihn überflügelt hatten. Sein letztes Bild 
ist eine Allegorie (heute verschollen), die unvollendet 
bleibt. Georg Pezolt stirbt arn 28. Oktober 1878 um 4 Uhr 
nachmittags ttplötzlich am Herzschlag-r in seiner Woh- 
nung in der Kaigasse. Sein Grab findet sich, wie das 
vieler Künstler, am Petersfriedhof in Salzburg vis-a-vis 
der Gruft Nr. 41. 
Die Art der Publikationen, in denen Georg Pezolt seine 
Landschaften einem breiteren Publikum vorlegt, ist in 
seiner Zeit viel genützt. Da gab es die frühen Litho- 
serien des Jakob Alt (264 Donauansichten) (1819-1826) 
und schon sehr bald die nach der neuen Technik des 
Stahlstiches gearbeiteten Lieferungen von i-Meyers Uni- 
versumv im Bibliographischen Institut in Hiidburghau- 
sen (ab 1834), da gab es das repräsentative Werk von 
Max von Chlingensberg vDas Königreich Bayern in sei- 
nen aiterthümlichen, geschichtlichen, artistischen und 
malerischen Schönheiten-i (1840- 54), wDas Kaiserthum 
Österreich" von A. A. Schmidt (Stuttgart 1841) und ein 
Werk mit demselben Titel von Carl A. Schimmer (Darm- 
stadt 1840), die rrGallerie Europäischer Städten von Pop 
pei und Kurz (München 1845) und manche andere von 
ähnlichem Zuschnitt. 
Die Wandlung, die Pezolt zwischen 1839 und 1851 
durchmacht, sagt, zieht man den Zeichenstll der nur z.T, 
erhaltenen Originalvorlagen in Betracht, ein gewisses 
Abrücken von penibler Detaillierung zugunsten einer 
großformatigen Gesamtkomposition aus. (Insofern ist 
die Umsetzung der Vorlagen durch Oberer-Stiessberger 
ein stilistischer Rückschritt, der Pezolt dem Werk eines 
J. Alt naherbringt; die späte Kritik Pezolts an den köst- 
lich naiv anmutenden Salzburgbiattern, die auch seine 
eigenen Vorlagen mitverdammt, ist nur relativ richtig.) 
Geht man davon aus, daß das Lithowerk von 1851, die 
dem Autor des Artikels nur zum geringsten Teil bekannt 
gewordenen Vorlagen so umgesetzt hat, daß der Künst- 
ler zufrieden war, so können sie in Ermangelung der Ori- 
ginale zum Ausgangspunkt unserer Kritik werden. 
Ausgewählt wurden fünf Landschaften der 1. Abteilung, 
alle von Leopold Rottmann in München als Tonlithogra- 
phie um 1850 ausgeführt und bei J. B. Kuhn gedruckt (im 
Format 28x 22 cm): Nr. 6 Domkirche, gesehen von der 
Höhe der Maximushöhle, Nr. 30 Gletscher in der 
Kolowrats-Höhle am Untersberg, Nr. 74 Wiesbachhorn, 
Nr. 76 (GroßWenediger, Nr. 80 Zeller See, alles Ansich- 
ten von Stadt und Land Salzburg. 
Einem altertümlichen Schema verhaftet ist Nummer 6. 
Hier vignettiert ein fiktiver Rahmen den ungewohnten 
Ausblick auf die Barockarchitektur des Domes. Schon 
Danreiter hat bei seinen Salzburg-Ansichten (Mirabell, 
Heiibrunn, Kirchen Salzburgs, Hohenfestung) solche 
kleine Vordergrundszenen erfunden, um die Vedute 
gleichsam als Bühnenbild erscheinen zu lassen, die die 
Unwirkiichkeit einer Fata morgana hat". Pezolt wlll hier 
weniger Theater spielen, als eine historische Dimension 
beschwören. Er bildet die Maximushohle (heute bekannt 
unter dem Begriff der ttKatakomben-i) fiktiv im ttUrzu- 
standtt ab, zu Zeiten des Heiligen, der durch das in den 
Felsen gesteckte Kreuz beschworen wird. Er erblickt 
 
ER 
das barocke Salzburg als Vision. So entsteht 7 über 
die formalen Mittel hinaus - Spannung im Bild: Da das 
Wirkliche, das wir sehen, Dom und Peterskloster, glaub- 
haft zur Vision wird, muß das Überwirkliche, die Anwe- 
senheit des Heiligen, die wir glauben, im Grunde realer 
sein. 
Nr. 30 ist in gewisser Weise ein Pendant zu Nr. S. Der 
domartige Innenraum der auf zwei Fiuchtpunkte ange- 
legten Höhle bewirkt Bedrohung durch hermetisches 
Geschiossensein. Ameisenkleine Staffagefiguren fühlen 
nicht die Beklemmung. Das Motiv der stürzenden Tiefe 
- etwa wie auf C. D. Friedrichs t-Kreidefelsen auf Rü- 
gentr - ist hier in die Horizontale gekippt. Der Höhlen- 
eingang wird als Beginn eines gekrümmten, unbestimm- 
baren, nach innen und unten nunendlich-r tiefen Raumes 
empfunden, aus dem es kein Zurück gibt. 
G. Dore hat in solcher Weise Szenen aus Dantes Inferno 
(1861) gestaltet. - Nr. 74 Das Wiesbachhorn verzichtet 
auf jeden Vordergrund. Über den Wolken und Nebeln 
ragt der schneebedeckte Gipfel empor. Man wird an 
C. D. Friedrichs i-Wanderer über dem Nebelmeert- erin- 
nert. Hler wird der Bildbetrachter zum imaginären Wan- 
derer. Das Spannungslose des Bildes wird zum Symbol 
für die Ruhe und Dauer des Ewigen in der Natur. Anders 
und weit konventioneller ist Nr. 76 aufgebaut. Es erin- 
nert an eine Begebenheit, die Pezolt erlebt hat, als er 
mit Domherrn Stolz einige Tage im Pinzgau zubrachte. 
Die Vordergrundszene ist breit erzählt und in dunklen 
kräftigen Schattierungen zum verschwimmenden Hinter- 
grund angelegt. 
Nr. 80 zeigt ein Bild des Zeller Sees im Pinzgau, das be 
wußt von Pezolts Komposition für die Oberer-Serie ab- 
rückt. in beiden Fällen ist der Blick gegen Süden. Aber 
während das frühere Bild eine Vordergrundszene mit 
Strauchwerk und Kühen, fast in Gauermannscher Ma- 
nier einbaut, die den See lieblich begrenzt, erscheint 
hier der Zeller See groß und tief, der den Menschen, die 
ihn beschiffen, nur ein Ziel offenläßt, die nahe Stadt ei- 
iends zu erreichen, indes die Ferne sie bedroht. 
Mielichhofer, Pezolts Freund, schildert ihn als einen 
poetischen Realisten, als einen Mann, der zwischen der 
Romantik (die in Österreich nur in der religiösen Malerei 
der Nazarener Eingang gefunden hat) und den frühen 
Realisten steht (natürlich ohne diese modernen Termini 
zu gebrauchen): t-Was den Charakter seiner Bilder be- 
trifft, so bezeichnet ihn die Kunstkritik nicht als Copi- 
sten der Natur (Naturalisten), vielmehr beweist Pezolt in 
-selnen Gemälden, daß er die Kunst der Landschaftsma- 
lerei bei weitem geistvoller erfaßt, als dies bei vielen an- 
deren Landschaftern der Fall ist. in Pezolts Gemälden 
ist Naturwahrheit mit dem Ausdruck seines individuel- 
len Gefühls zu einem einheitlichen Ganzen geprägt; er 
entwickelt die strengste Charakterwahrheit der Linien in 
allen Formen der vorliegenden Natur, wobei jedoch die 
Einzelheiten und Details der poetischen Auffassung 
des Gegenstandes untergeordnet erscheinen. Dann legt 
er In Stil, Colorlt und Staffage den Ausdruck der Stim- 
mung, die der Charakter der Landschaft in ihm hervor- 
bringt, oder poetische Empfindungen oder historische 
Reminiscenzen...tt15 
Pezolt ist Generationsgenosse der Spatromantiker (nach 
W. Pinder), der zwischen 1800 und 1810 Geborenen 
(Richter und Schwind), der mit dem älteren Fischbach 
(geb. 1797) und mit den jüngeren Salzburger Zunftgenos- 
sen Mayburger (geb. 1814) und Stiel (geb. 1811), aber 
auch mit den Naturalisten Anton Hansch und Pausinger 
ln künstlerischem Konflikt lebte. Pezolt war zeitlebens 
einem harten Konkurrenzkampf ausgesetzt, blieb sich 
aber in seinem künstlerischen Ringen trotz vielseitiger 
Aktivitäten treu. Seine Bedeutung liegt vor allem darin, 
daß er Salzburg in der Mitte des 19. Jh.s in der Ausein- 
andersetzung mit Wien und München, den alten Gravita- 
tionsfeldern, zu einer künstlerischen Selbstbesinnung 
verhalf und selber mit seinen großen Lithowerken ein 
gültiges Bild seiner geliebten Heimat statuierte. Mit Pe- 
zolt scheint nach so manchem Wanderkünstler und 
Wahlsaizburger wieder ein Sohn dieser Stadt auf, der 
die österreichische Kunst der Mitte des vorigen Jahr- 
hunderts um eine liebenswerte Variante bereichert. 
l l Anschrift des Autors: 
Dr. Adolf Hahnl, Kunsthistoriker, 
Postfach 113, 5010 Salzburg 
Anmerkungen 7-15 
s. 
er. 
er s. 129 
er . 
G.P ,s1 
l3 nlm Kunstverein behauptet sich Hansch vor allen, der Proto 
typ der Naturaiisten..." G.P. s, 22a 
'4 Vgl. Fuhrrrtann, Franz: Salzburg tn alten Ansichten. Die 
Stadt. - Sbg. 2. Aufl. 1970 
T5 Wurzbach, Konstant von: Biographisches Lexikon des Kaiser- 
thums Österreich, au. 22, Wien 1870. s. 157-159 
  
FEE] 
Bundesministerium für Wissenscha 
und Forschung 
Besucherstatistik der staatlichen 
Museen und Kunstsammlungen 
1978 
Das Bundesministerium für Wissenschaft 
und Forschung gibt bekannt, daß in den ihm 
unterstehenden staatlichen Museen und 
Kunstsammlungen in den Monaten 
Oktober 1978 
November 1978 
170.744 
111.03E 
Besucher gezählt wurden. 
(J 
Albertina Wien 
Oskar Laske - Ludwig Heinrich Jung 
- Franz von Zülow 
im Untertitel stand: Drei österreichische Künstler 
Jahrhundertwende und Zwischenkrlegszeit. Die J 
derfwende und ihr Stil ist es auch, die allen drei l 
lern ihre wesentlichen Impulse gab. Das Schwer; 
der Ausstellung lag auf der Präsentation von O. L 
und hier überraschend auf der Gestaltung der Lat 
schalt und weniger auf dem von ihm sehr bekann 
vGewurrl-r von Figuren, obwohl auch dieses, das j 
sonders in seinem Spätwerk nicht wegzudenken l 
sehen war. Das mit so unendlicher Leichtigkeit u 
doch so viel spezifischer Atmosphäre ausgezeich 
Aquarell tVorfrühltng bei Wiäitu (1909) zeigt uns s 
den Meister. Bei den Radierungen aus dieser Zeil 
i-Schnee und Nebel" (1908- 1910) kommen noch i 
stark Jugendstilelemente zum Tragen. Die Schau 
aber deutlich die Weiterentwicklung Laskes. Ein ' 
ges Bild auf diesem Weg das Aquarell "Neuwaidt 
aus den 30er Jahren. Auch von LH. Jungnickel vt 
nicht nur die für ihn so bezeichnenden und mit ih 
fort in Verbindung gebrachten Tierbiider ausgeste 
gab es auch Landschaften, die trotz ihrer starken 
bundenheit an Jugendstil und damit an die Flach 
sehr viel Raum und Tiefe zeigen. Besonders intert 
waren die Menschendarsteiiungen, wobei die "St: 
ner sitzenden Frau in Volkstrachtv (1917) stark an 
E. Schiele denken litßt. Bei den sehr realistischen 
verniedlichenden weiblichen Akten kommt er Koko 
nahe. F. v. Zülow ist stark von Folkioristischem b 
stimmt. Er ist am wenigsten deutlich dargeboten. 
leicht weil seine Stärke eher in der Malerei zu fin- 
Doch sind auch seine hier gezeigten, oft humorvc 
Blätter sehr wesentliche Zeugnisse seiner Zeit. 
(24. 10.1975 bis 14. 1. 1979) - (Abb. 2, 3 s. s. 45) 
Alois 
Aufrufe + Anfragen 
Über das Werk des Malers Max Pfeiffer-Waten 
wird ein OeuvreKatalog vorbereitet; Eigentümer v 
Gemälden und Aquarellen werden gebeten, sich t 
Schwester des Künstlers, Frau Grace Pasdualuoc 
Watenphul, via Savoia 39, l-00198 Roma, zu meide 
Frau Ulrike Müller. Arnold-Luschin-Gasse 8125, 
8020 Graz, arbeitet an einer Dissertation über den 
Franz lgnaz F I irrer (1saa-1742) und erbittet Mit 
über Besitz von Werken dieses Malers. 
Die neue Galerie im Landesmuseum Joanneum b: 
eine Ausstellung des Malers und Grafikers Oari Re 
(1836 Wien- 1918 Graz) vor. Sie bittet alle Privatb 
von Olgemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Dr 
graphlken des Künstlers mit Frau Ruth Binder, Nr 
Galerie, A-8010 Graz, Sackstraße 16Ili, Tel.: O3 161". 
oder 79186 (oder privat Tel.: 03161747425) zur Er: 
iung eines möglichst vollständigen Kataloges Ver 
dung aufzunehmen. Private Sammler bleiben 
auf Wunsch ungenannt.
	        
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