ge strengaufgebaute ikonographische Programm
fortführende Idee, derzufolge einerseits nach dem
Zeitalter der Heroen das 5. Weltzeitalter gezeigt
werden muß, das des eisernen Geschlechtes, das
ietzt lebt und das nach Hesiod (106-201) im Zu-
stand völliger Flechtslosigkeit enden wird.
Andererseits muß die antike Endvision mit der
christlichen, der apokalyptischen, verbunden wer-
den, um die vorletzte Stufe der Ordnung alles
Seins, das Ende des Menschen zu zeigen, nach
dem nichts anderes als die reine Materie bleibt,
die dann in der 11. Kugel dargestellt werden
müßte.
Am oberen und unteren Scheitel der 10. und letz-
ten erhaltenen Kugel sind kreisförmig vier Engel
angeordnet mit Winden (Abb. 14):
Apok. 711: "Danach sah ich vier Engel an den vier
Ecken der Erde stehen; sie hielten die vier Winde
der Erde fest, auf daß kein Wind wehe über das
Land noch über das Meer noch über irgendeinen
Baums.
In der darunterliegenden Bildzone ist links ein an
sich wieder mit dem Engel in Verbindung stehen-
des bzw. von ihm ausgehendes Feuerbündel zu se
hen (Abb. 14):
Apok. 8l7: "Und der erste stieß in die Posaune.
Und es entstand Hagel und Feuer mit Blut ge-
mischt und wurde auf die Erde geworfen, und der
dritte Teil der Erde verbrannte, und der dritte Teil
der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras ver-
brannte-r.
Demgegenüber auf der anderen Halbkugel die
Darstellung eines merkwürdigen feurigen, kegel-
förmigen Gebildes (Abb. 19):
Apok. 818 "Und der zweite stieß in die Posaune,
und es wurde etwas wie ein großer, feuerglühen-
der Berg ins Meer geworfen."
Unter dem zweiten Engel der oberen Kugelhälfte
eine seltsame Erscheinung fallender Sterne mit
Flammenkreisen und Schweifen (Abb. 14):
Apok. 8l10: „Und der dritte Engel stieß in die Po
saune. Und es fiel vom Himmel ein großer Stern,
brennend wie eine Fackel. Er fiel auf den dritten
Teil der Flüsse und auf die Wasserquelien."
Die Art der Darstellung des fallenden Sternes erin-
nert sehr stark an Nebensonnenerscheinungen,
wie sie als vorbedeutende Wunderzeichen oder
als Ausdruck von Endzeiterwartungen, vor allem
aber gelegentlich des Todes eines Herrschers in
der populären Druckgraphik seit dem 16. Jh. viel-
fach dargestellt wurden. Unter der Himmelser-
scheinung, über den "Montes Phlegreirr kreisen
Adler (Abb. 15):
Apok. 8113: "Und ich sah und ich hörte einen Adler,
der hoch oben am Himmel flog, mit mächtiger
Stimme rufen: wWehe, wehe, wehe den Bewohnern
der Erde ob der übrigen Pcsaunenstöße der drei
Engel, die noch blasen werdemr
Inmitten der Adler, ausgehend vom vierten Engel,
fällt ein als Feuerball verglühender Stern zur Erde.
Der fallende Stern und die Solfataren der Montes
Phlegrei haben in Apok. 9112 ihre textliche Grund-
lage: "Und der fünfte Engel stieß in die Posaune.
Und ich sah einen Stern; der war vom Himmel auf
die Erde herabgefallen; und es wurde ihm der
Schlüssel zum Brunnen des Abgrundes gegeben.
Und er schlcß den Brunnen des Abgrundes auf; da
stieg aus dem Brunnen Rauch auf, wie der Rauch
eines großen Ofens, und die Sonne und die Luft
wurden verfinstert vom Rauch des Brunnens-t
Neben den r-Montes Phlegreia ist der ausbrechen-
de Vesuv (Abb. 16) dargestellt, neben dem sich
mächtig ein Regenbogen spannt, sonnendurch-
gltlhte Wolken umschließend (Abb. 17).
Apok. 1011-2: "Und ich sah einen andern gewalti-
gen Engel aus dem Himmel herabsteigen. Er war
in eine Wolke gehüllt, der Regenbogen (stand)
Ober seinem Haupte und sein Antlitz war wie die
Sonne . . .44
Sowohl hier wie auch an der anderen Abhanqseite
des "Vesuvlusu taucht ein Tier aus dem Meere auf.
Apok. 13, 1: "Und ich sah aus dem Meere ein Tier
auftauchen; das hatte zehn Hörner . . ß
Die untere Kugelhälfte dominiert der Aethna (Ab_b.
18'), der schon in Picinellis "Mundus Symbolicus-t
(i.(öln 1972, S. 137) als "damnatorum symbolo-t,
das Symbol der Verdammten, nach Apok. 14111
angesehen wurde:
"Und der Qualm ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit
zu Ewigkeit; und keine Ruhe haben sie Tag und
Nacht, die das Tier anbeten und sein Bild, ebenso
jeder, der das Malzeichen seines Namens an-
nimmt."
Von den Zeichen, die die vier Engel der unteren
Kalotte über der Erde ausgießen, fand der feurige
Berg oder Kegel nach Apok. 818 (Abb. 19) bereits
Erwähnung. Unter dem zweiten Engel ist ein Feu-
erbündel zu sehen, während der dritte zwei Ströme
von Blut über die Erde ausgießt. Es handelt sich
hier um wohl um eine etwas bereicherte Wiederhe
lung der bereits zitierten Stelle 8l7 aus der Apoka-
lypse, vielleicht unter Hinzuziehung von 16, 8-4
nUnd der zweite (Engel) goß seine Schale auf das
Meer aus, da wurde es zu Blut und der dritte
goß seine Schale aus über die Flüsse und Wasser-
quellen, da wurde Blut darausß Zwischen diesen
beiden dargestellten Plagen steht mächtig die
Sonne in einer Art Dunstwolkenkranz über einer in
der Hitze verglühenden Landschaft (Abb. 20):
"Und der vierte goß seine Schale über die Sonne
aus, da wurde ihr gegeben, die Menschen mit Glut
zu versengen." (Apok. 1618.)
Direkt über dem Aethna und unter dem vierten En-
gel schwebt mächtig der apokalyptische Drache
(Apok. 1213) "Und ein anderes Zeichen erschien
am Himmel, ein großer feuerroter Drachem
Die letzte der endzeitlichen Strafen aber, die die
Engel ausgießen (Abb. 21) fand wiederum auf der
oberen Kalotte Flaum: "Und der siebte goß seine
Schale in die Luft aus; da kam eine mächtige Stim-
me aus dem Tempel, die rief: "Es ist geschehemt
Und es entstanden Blitze und Getöse und Donner,
und es entstand ein großes Erdbeben, derart, wie
noch keines entstanden ist, seit es Menschen auf
Erden gibt, ein so gewaltiges Erdbeben, so groß.
Und die große Stadt fiel auseinander in drei
Stücke, und die Städte der Heiden stürzten ein.
Und des großen Babylon wurde vor Gott gedacht,
um ihm den Becher des Weines seines grimmen
Zornes zu reichen." (Apok. 16117-19.)
Zusammenfassend läBt sich sagen, daß die 10.
Kugel die apokalyptische Endvision in den Zusam-
menhang jener geographischen Gegebenheiten
stellt, die die Verbindung von oben und unten auf-
weisen. Der Darstellung der Erdoberfläche wird
der Blick in das brodelnde, brennende, vernichten-
de Innere gegenübergestellt.
Gleichzeitig wird aber der Blick auch hingerichtet
auf das Kommen Christi, des Erlösenden, der
dann ewig für die Auserwählten da ist. Dem hinter
den Bergsymbolen der 9. Kugel nicht ganz leicht
zu erfassenden Hercules antlquus Ist dadurch der
am Ende der Zeiten erscheinende Hercules Chri-
stianus gegenübergestellt.
Auch von selten der ikonographischen Betrach-
tung fehlt die innerste Kugel, die weine Materie"
nach Dionysius Areopagita.
Mit ihr erst findet die nach Hierarchien geordnete
Darstellung des Seins ihren Abschluß, die Zahl der
Kugeln - zählt man die rein ornamental gestalte
te Behälterkugel hinzu - käme auf insgesamt 12,
was den zahlreichen symbolischen Spekulationen
entspräche.
Insgesamt ist das Programm des Gerätes merk-
würdig, sicherlich in einem Kloster von einem ge-
lehrten Mönch entworfen; möglicherweise im Zu-
sammenhang mit dem Tode Kaiser Karls VI., der
sich selbst so gerne als Hercules Christianus dem
Hercules antiquus gegenüberstellte, dessen
Denkweise der hierarchischen Seinsordnung ent-
spräche und dessen Tod durchaus die merkwürdi-
gen Kometenformen und Himmelserscheinungen
erklären würde.
Dann wäre die Ordnung des Seins und der Natur
dem Schicksal des Monarchen, der der Lenker des
irdischen Geschehens ist, eng verbunden.
Schon bei Plinius heißt es (Liber sec. Frankfurt
1552, S. 179 ff.) uMeistenteils ist der Komet ein
schreckenerregendes und nicht leicht zu versöh-
nendes Gestirn . . . Nur an einem einzigen Orte der
Erde, nämlich zu Rom, wird ein Komet in einem
Tempel verehrt, weil ihn der göttliche Augustus
als ein günstiges Zeichen ansah Dieses er-
schien . . . kurz nach dem Tode seines Vaters Cae
sar. . . Es entstand um die elfte Tagesstunde, war
klar in allen Ländern sichtbar. Das Volk glaubt, es
bedeute auf die Aufnahme der Seele Caesars un-
ter die unsterblichen Götter."
Stellen wir das Gerät in die Fleihe mit zeitgleichen
Erd- und Himmelsgloben, so können wir festhal-
ten, daß das Kartenbild der Erde sich in diesen
Jahrzehnten bereits konsolidiert hatte: Von Aus-
tralien waren Teile bekannt, auf deutschen und
holländischen Globen (Doppelmayr und Valck) ist
der große Südkontinent bereits vollständig ver-
schwunden, denn es sollten noch Jahrzehnte ver-
gehen, bis Cook auf seinen kühnen Forschungs-
reisen an die Eisgrenze der Antarktis vorstieß. Der
Himmelsglobus lag fest; jedes Jahrhundert wur-
den einige neue Sternbilder eingefügt, andere
weggelassen, aber es war dem jeweiligen Autor
überlassen, eine größere oder kleinere Zahl von
Sternbildern auf einem Himmelsglobus zu ver-
zeichnen, so wie die gängigen Sternkataloge je
nach Lust herangezogen werden konnten, aber
sonst fehlen auf Erd- und Himmelsgloben zusätzli-
che Erklärungen.
Offensichtlich wurde das kopernikanische Welt-
system bei dem beschriebenen Gerät anerkannt,
dennoch belremdet die Reihung der Planeten und
der Sonne sowie des Mondes, wohl noch eine
Nachwirkung des ptolemaeischen Systems oder
besser und dem ideellen Gehalt des Gerätes mehr
angepaßt: die Sicht der Dinge von der Erde aus. In-
teressant ist allerdings eine Erwähnung der Astro-
nomen, die sich mit der Erforschung des Sternen-
hlmmels beschäftigt haben, wiewohl gerade um
die 2. Hälfte des 18. Jh.s eine Neubenennung ei-
nes Sternbildes - Herschels Teleskop" auf-
scheint, die nun auf dem Himmelsglobus den Na-
men eines Forschers zu verewigen trachtet.
Der Himmelsglobus selbst wird noch einige Jahr-
zehnte in der in dem Gerät vorgefundenen Form
erzeugt werden; dem ausklingenden 18. und frü-
hen 19. Jh. (in Deutschland) war es vorbehalten,
die schönen Vorzeichnungen der Sternbilder weit-
gehend zurücktreten zu lassen - nur noch strich-
lierte Verbindungslinien zwischen den Hauptster-
nen geben die Sternbilder an, ihre Namen dane-
benstehend. So geartet wird der Himmelsglobus
auch heute noch hergestellt.
Anmerkungen 1Zk14
" Muris-Sunnnnn 3.8.0. S. l97 und 202
" D8! Globuslround Nr. 24. S. 56
1 Anschrill der Autoren:
Gewerke Rudolf Schmidt
Vorsitzender des CoronelIi-Weltbundes der
Globusfreunde
Salesianergasse 31, A-1030 Wien
Dr. Hanna Egge!
Bibliothek und KunstbIatter-Sammlung das Öster-
reichischen Museums für angewandte Kunst
Stubenving 5. 1010 Wien
12