MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 164)

Franz Matsche 
Ein Modell lgnaz Franz 
Platzers für das Nepomuk- 
denkmal am Prager Veitsdom 
von 1763 
Das Dummuseum zu Salzburg veranstaltet vom 
15. _Mai bis zum 15. Oktober 1979 anIäBIich des 
250. Jahrestages der Heiligsprechung des Johan- 
nes von Nepomuk eine Ausstellung, in der Ge 
schichte und Legende dieses böhmischen Märty- 
rers in Darstellungen der bildenden Kunst doku- 
mentiert werden. Eines dieser Meisterwerke wird 
hier ausführlich gewürdigt. 
dem Vasenkörper. Diese fünfzackigen Sterne zitie 
ren ein besonderes Symbol des Heiligen, das auf 
das Lichtwunder anspielt, das seinen auf der Mol- 
dau treibenden Leichnam glorifizierteß. 
Dieses Bregenzer Werk steht in enger Beziehung 
mit dem monumentalen Nepomukdenkmal an der 
Choraußenwancl des Prager Veitsdoms, das lgnaz 
Franz Platzer1763 geschaffen halt (Abb. 2). Im Ge 
samtaufbau entspricht es völlig der ursprüngli- 
chen Konzeption Platzers für dieses Denkmal, 
dessen Entwicklungsgeschichte in zwei unter- 
schiedlichen Vorstufen durch Zeichnungsentvlür- 
fe Platzers überliefert ist5. die dadurch bedingt 
waren, daB nach dem ersten Zeichnungsentwurf 
eine Veränderung des architektonischen Aufbaus 
sich als notwendig erwies, bedingt durch die äu- 
ßeren Umstände des vorgesehenen Aufstellungs- 
ortes des Denkmals. Der darauf geschaffene 
Zeichnungsentwurf Platzers bereitet die endgülti- 
ge Gestaltung vor. 
Zuerst plante Platzer ein Grabdenkmal 7 mit ei- 
nem Kenotaph -, das sich an dem Grabmaltypus 
orientiert, den Johann Bernhard Fischer von Er- 
lach in Prag eingeführt hatte, und zwar speziell an 
dem Grabmal des Johann Wenzel Wratislaw von 
Mitrowitz in St. Jakob in Prag, das der ausführen- 
de Bildhauer Ferdinand Maximilian Brokoff 1716 
vollendet hattes (Abb. 3). Diesem entsprechend 
sollte der Sarkophag mit der darauf liegenden Fi- 
gur Nepomuks von einem Obelisken bzw. einer 
Steilpyramide, dem Wahrzeichen der Gloria, das 
zur Verdeutlichung seiner Symbolik eine Posaune 
blasende Fama begleitete, überhöht werden. Fer- 
ner sah Platzer entsprechend dem Mitrowitz-Grab- 
mal eine trauernde Frauengestalt als Meditatio 
oder Contemplatio vor. Damit hielt er sich nicht 
nur an das Vorbild von Fischer von Erlach und Bro 
koff, sondern auch an ein eigenes, in deren Nach- 
folge gestaltetes Werk. nämlich das Grabmal der 
seligen Hroznata in der Klosterkirche in Tepl, das 
er zwei Jahre zuvor vollendet hatte7. 
Aus Rücksicht auf die Bedingungen des vorgese- 
henen Standortes des Denkmals mußte Platzer in 
einem zweiten Entwurf eine einschneidende Ver- 
änderung im Architektonischen vornehmen, die 
auch Folgen für die Figurenkompositlon hatte. Er 
muBte die hohe Pyramide weglassen, weil sie das 
hinter ihr liegende Chorfenster des Veitsdoms ver- 
deckt und damit die Beleuchtung des Nepcmuk- 
grabmals im Inneren des Chores beeinträchtigt 
In Bregenzer Privatbesitz befindet sich ein relativ 
kleinformatiges Bildhauerwerkt (Abb. 1), das wie 
ein Devotionsobjekt, ein Nepomukaltärchen für 
privat-intime Andachtszwecke wirkt. Es ist über ei- 
nem altarmäßigen zweistufigen Podest als Grab 
denkmal gestaltet und besteht aus einem, enta 
sprechend dem Stufenpodest mensaartig wirken- 
den Sarkophag und einer Steilpyramlde bzw. ei- 
nem Obelisken, die mit Fignrchen dekoriert slnd. 
Als Hauptgruppe befindet sich auf dem Sarko 
phagdeckel eine Grablegung oder Aufbahrung des 
hl. Johannes von Nepomuk durch Engel. Ein Po- 
saune blasender Engel, Putti und Engelköpfchen 
mit Wolkenbändern sind an der Pyramide ange- 
bracht. tm vertieften Spiegel der Frontfläche der 
Pyramide ist eine hochovale, mit einem Lorbeer- 
kranz gerahmte Öffnung eingelassen, in der eine 
Strahlenmonstranz mit der Zunge des Heiligen zur 
Verehrung "ausgesetzt" ist. Dieses Ostensorium 
ist nach dem Zungenreliqular des Helllgen im Pra- 
ger Veitsdom gebildet. Der oberste Putto hält In 
den über seinen Kopf erhobenen Händen Hosen 
empor, die den Geruch der Heiligkeit symbollsie 
renz. Auf der abgestumpften Spitze der Pyramide 
steht eine Flammenvase mit Sternenmuster auf 
22
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.