Franz Matsche
Ein Modell lgnaz Franz
Platzers für das Nepomuk-
denkmal am Prager Veitsdom
von 1763
Das Dummuseum zu Salzburg veranstaltet vom
15. _Mai bis zum 15. Oktober 1979 anIäBIich des
250. Jahrestages der Heiligsprechung des Johan-
nes von Nepomuk eine Ausstellung, in der Ge
schichte und Legende dieses böhmischen Märty-
rers in Darstellungen der bildenden Kunst doku-
mentiert werden. Eines dieser Meisterwerke wird
hier ausführlich gewürdigt.
dem Vasenkörper. Diese fünfzackigen Sterne zitie
ren ein besonderes Symbol des Heiligen, das auf
das Lichtwunder anspielt, das seinen auf der Mol-
dau treibenden Leichnam glorifizierteß.
Dieses Bregenzer Werk steht in enger Beziehung
mit dem monumentalen Nepomukdenkmal an der
Choraußenwancl des Prager Veitsdoms, das lgnaz
Franz Platzer1763 geschaffen halt (Abb. 2). Im Ge
samtaufbau entspricht es völlig der ursprüngli-
chen Konzeption Platzers für dieses Denkmal,
dessen Entwicklungsgeschichte in zwei unter-
schiedlichen Vorstufen durch Zeichnungsentvlür-
fe Platzers überliefert ist5. die dadurch bedingt
waren, daB nach dem ersten Zeichnungsentwurf
eine Veränderung des architektonischen Aufbaus
sich als notwendig erwies, bedingt durch die äu-
ßeren Umstände des vorgesehenen Aufstellungs-
ortes des Denkmals. Der darauf geschaffene
Zeichnungsentwurf Platzers bereitet die endgülti-
ge Gestaltung vor.
Zuerst plante Platzer ein Grabdenkmal 7 mit ei-
nem Kenotaph -, das sich an dem Grabmaltypus
orientiert, den Johann Bernhard Fischer von Er-
lach in Prag eingeführt hatte, und zwar speziell an
dem Grabmal des Johann Wenzel Wratislaw von
Mitrowitz in St. Jakob in Prag, das der ausführen-
de Bildhauer Ferdinand Maximilian Brokoff 1716
vollendet hattes (Abb. 3). Diesem entsprechend
sollte der Sarkophag mit der darauf liegenden Fi-
gur Nepomuks von einem Obelisken bzw. einer
Steilpyramide, dem Wahrzeichen der Gloria, das
zur Verdeutlichung seiner Symbolik eine Posaune
blasende Fama begleitete, überhöht werden. Fer-
ner sah Platzer entsprechend dem Mitrowitz-Grab-
mal eine trauernde Frauengestalt als Meditatio
oder Contemplatio vor. Damit hielt er sich nicht
nur an das Vorbild von Fischer von Erlach und Bro
koff, sondern auch an ein eigenes, in deren Nach-
folge gestaltetes Werk. nämlich das Grabmal der
seligen Hroznata in der Klosterkirche in Tepl, das
er zwei Jahre zuvor vollendet hatte7.
Aus Rücksicht auf die Bedingungen des vorgese-
henen Standortes des Denkmals mußte Platzer in
einem zweiten Entwurf eine einschneidende Ver-
änderung im Architektonischen vornehmen, die
auch Folgen für die Figurenkompositlon hatte. Er
muBte die hohe Pyramide weglassen, weil sie das
hinter ihr liegende Chorfenster des Veitsdoms ver-
deckt und damit die Beleuchtung des Nepcmuk-
grabmals im Inneren des Chores beeinträchtigt
In Bregenzer Privatbesitz befindet sich ein relativ
kleinformatiges Bildhauerwerkt (Abb. 1), das wie
ein Devotionsobjekt, ein Nepomukaltärchen für
privat-intime Andachtszwecke wirkt. Es ist über ei-
nem altarmäßigen zweistufigen Podest als Grab
denkmal gestaltet und besteht aus einem, enta
sprechend dem Stufenpodest mensaartig wirken-
den Sarkophag und einer Steilpyramlde bzw. ei-
nem Obelisken, die mit Fignrchen dekoriert slnd.
Als Hauptgruppe befindet sich auf dem Sarko
phagdeckel eine Grablegung oder Aufbahrung des
hl. Johannes von Nepomuk durch Engel. Ein Po-
saune blasender Engel, Putti und Engelköpfchen
mit Wolkenbändern sind an der Pyramide ange-
bracht. tm vertieften Spiegel der Frontfläche der
Pyramide ist eine hochovale, mit einem Lorbeer-
kranz gerahmte Öffnung eingelassen, in der eine
Strahlenmonstranz mit der Zunge des Heiligen zur
Verehrung "ausgesetzt" ist. Dieses Ostensorium
ist nach dem Zungenreliqular des Helllgen im Pra-
ger Veitsdom gebildet. Der oberste Putto hält In
den über seinen Kopf erhobenen Händen Hosen
empor, die den Geruch der Heiligkeit symbollsie
renz. Auf der abgestumpften Spitze der Pyramide
steht eine Flammenvase mit Sternenmuster auf
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