Paulo 1963 dar. Osterreich war hier ausschließlich
mit Wandteppichen vertreten. Die zwanzig Objek-
te waren sowohl in der Wiener Manufaktur als
auch von webenden Künstlern hergestellt worden.
Webende arbeiteten aber auch mit entwerfenden
Künstlern zusammen9. Die Beteiligung an einer in-
ternationalen Kunstbiennale ausschließlich mit
Tapisserien zeigt das Interesse Österreichs an
diesem für das Land relativ neuen Kunstzweig.
Das internationale Niveau der österreichischen
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Textilkunst beweist der Grand Prix, der in diesem
Jahr in Sao Paulo Fritz Fiiedl zuerkannt wurde.
Das für die internationale Textilkunst wichtigste
Ereignis der sechziger Jahre war 1962 die Einrich-
tung der iiBiennale internationale de la Tapisse-
rieu in Lausanne, an der Jean Lurcat maßgebli-
chen Anteil hatte. Von Anfang an ist sie Indikator
der neuesten Tendenzen innerhalb der Textil-
kunst. Den Lurcatschen Prinzipien entsprechend
repräsentiert Österreich bei der ersten Biennale in
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Lausanne ein Entwerler: Herbert Boeckl stellte
die große (260x 1200 crn) Tapisserie vMensch und
Weltu aus, die Fritz Riedl und Josef Schulz -
selbst eigenständiger Textilkünstler - gewebt
haben"! Bei den nächsten beiden Biennalen -
1965 und 1967 - ist Österreich durch Maria Plach-
ky, Edda Seidl-Reiter und Fritz Ftiedl vertreten,
Künstler, die ihre Entwürfe selbst ins textile Mate-
rial übertragenlßi. Mit den Biennalen in Lausanne
ist für die Textilkunst ein Forum geschaffen wor-
den, in dem sie - gleichberechtigt mit anderen
Bereichen der bildenden Kunst - als "freie
Kunstu erscheint. Die iiEmanzipationw äußert sich
auch in der stilistischen Entwicklung. Ein Teil der
mit textilen Materialien arbeitenden Künstler löst
sich von der überlieferten Form - der am Web-
stuhl entstandenen, zweidimensionalen Wandde-
koration -, Reliefs und schließlich vollplastische,
dreidimensionale i-textile Objekteu sind die
Folge". Die Neuerungen kommen vor allem von
Künstlerinnen aus Polen, Jugoslawien und den
USA. Andere Länder nehmen die Anregungen
rasch auf; auf der letzten Biennale 1977 hat vor al-
lem Japan vielbeachtete und interessante Lösun-
gen angeboten. Hand in Hand mit formalen Verän-
derungen geht der Gebrauch neuer Materialien
und Techniken: Jute, Hanf, Sisal, synthetische Fa-
sern, Metallfäden und schließlich auch nichttexti-
le Materialien werden verwendet. Der Webstuhl
spielt nicht mehr die Hauptrolle, man entdeckt al-
te Knüpftechniken wie Makramee neu und strickt
oder häkelt mit der Hand oder der Maschine. Viele
Künstler arbeiten in der sogenannten Mischtech-
nik, ein unpraziser Terminus für informelle, vom
Künstler spontan erfundene, vfreieu Techniken
der Faserverbindung.
Zu den österreichischen Künstlern, die sich der
neuen Entwicklung in der Textilkunst verbunden
fühlen, gehören Edda Seidl-Reiter, Beatrix Kaser,
die junge Atanaska. Sebastian Holzhuber und
Friedrich Schiehsl. Sie beschäftigen sich vor al-
lem mit plastischen Formen und verwenden Na-
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