7 Französischer Meister im Stile Theoderichs. r-Le Roi Jean
Le Bon-r. Bildtalel. Paris, Louvre
Anmerkungen 17 - 32
" G. Schmidt. Peter Parler und Heinrich IV. Parler.
" Vgl. zunächst K. M. Swoboda, 1817.; dann: J. Homolka u.
Ä. Schädlsr, in: Parler-Katalog, Bd. lll 7 N.. bzw. S. 27 N; und-
H. Bachrnenn, in: Gotik in Bohmen, München 1969, S. 121 N.
" Parler-Katalog. 5d. . S. 515.
z" W. Pinder. 5.5 S. 9B. 103.
1' A. Friedl. a 8.0 S. 9.
u J. Homolka. In: Parler-Katalog, Bd. ll. S. 544.
u J. Homolka. In: Parler-Katalog. Bd. lll. S. 27.
i" H. Oertel, Die Frühzeit der italienischen Malerei, Stuttgart-Berlin
Köln-Mainz 1966. S. 201 N.
n G. Schmidt. Peter Parler und Heinrich IV. Parler . . .
n G. Schmidt, Das Theoderich-Problem. in: Kunstchronik, 1977.
S. 95 N
J. Pesina, Der Anteil Böhmens an der Entwicklung des Siillabans in
der Malerei des Spätmiltelalters, in: Festschrift Karl M. Swoboda
Zum 28..lanuar1959, Wien-Wiesbaden 1959. S. 223 N. V. Dvoräko-
ve. man.
v Vgl. L. Grodacki. Les peinturesdu chäteuu de Karlstein et Vartlran-
cais. in. Bulletin Moriurrlehtel, 1957, S. 207 N.
u Siehe Anmerkung 2. Tafel lll.
u Vgl. K. Oettinger. Wiener Hofmaler um 1360180. In Z Zeitschrift des
deutschen Vereines für Kunstwissenschaft. 1952. S. 137 N. Katalog
des Erzbischöflichen Dom- und Dlözesanmuseums Wien. Wien
1973. S. 3511.. Nr. 10.
G. Künstler. Das Bildnis Rudolfs des Stifters. in: Mitteilungen der
Österreichischen Galerie. 1972. S. 5 N.
H. Feuchtmüller, i ' Parler-Katalog. Ed. ll. S. 423 f.
3" E. Rettich, in: Parl -Katalog. Bd. l. S. 339 N.
" E. Frodl-Kralt. Die mittelalterlichen Glasgemttlde in Wien, Corpus
vllresrum rnedii eevi, Wien l. Graz-Wien-Koln 1962, Abb. a6, 9a.
S. 57 n
" Vgl. n. Feuchtmüller. Die wlmitnlio- Kerls lV. in den Stiftungen der
Hlbsbur er. in: Katalog r-Kurl iv.-, s. 37a H.
Für die berllssung von Fotos danke ich besonders Prof. Dr.
G. Schmidt. Wien
Nach Drucklegung meines Artikels erschien in der Kunstchronik
(Okloberheft 1979) eine bemerkenswerte und anregende Rezen-
sion zur Parler-Ausstellung, verfaBt von Renate Kroos.
10
wird die drei genannten Figuren wohl als Kern des
Oeuvres ansehen können". Eine Zuschreibung an-
derer Werke hätte sich an der Qualität der genann-
ten zu messen. Zu verschieden sind allerdings der-
zeit noch die Meinungen über Peter Parler und sei-
nen bedeutenden Anteil an der Entwicklung eines
spätmittelalterlichen Menschenbildes. Vieles wird
ihm noch zugeordnet. was vielleicht nur seinen
Geist atmet". (Die Frage etwa. in welcher Art sich
Peter-Parlersches an der Thorner Moseskonsole
tortsetzt. wäre noch weiter zu verfolgenlg.)
Zusammengefaßt, wo liegen Parallelen zwischen
Theoderich und Peter Parler? In kurzen Sätzen
wurde Verwandtschaftliches zwischen beiden ei-
nige Male schon angedeutet. niemals aber genauer
ausgeführt. was auch hier nur teilweise gelingen
kann. W. Pinder hat einmal folgendes gesagt: "Dies
aber ist wesentlich: aufdem gleichen Boden wie die
Malerei der Theoderich-Werkstatt wirkte in persön-
lich selbständiger. voikhaft nahe verwandter Art die
Dombauhütte des großen Peter Parlermu, der- das
muß hinzugefügt werden -. als der jüngeren Genera-
tion der Prager Künstler angehörend, zumindest seit
dem Jahre 1356 Theoderich gekannt hat. Dieses
Jahr ist gewissermaßen ein magisches Datum, denn
ab da beginnt Peter Parlers Prager Schaffenszeit.
Bei A. Friedi findet man folgende Meinung: "Stimmt
der Realismus der Gesichter auf den Gestalten
Theoderichs überein mit dem Realismus Parlers auf
den Premyslidengrabmälern von St. Veit in Prag, so
ist dies eine zeitliche Gleichläufigkeit. eine Wider-
spiegelung des gleichen Denkens, Fühlens und Se-
henszU- Etwas anders J. Homolka : v-Eine merkwür-
dige historische Erscheinung. der man auch beson-
dere Aufmerksamkeit widmen müßte, ist die tiefe in-
nere Affinität. aber auch der Unterschied zwischen
der Parlerschen Bildhauerei und der Kunst des Mei-
sters Theoderichn." J. Homolka schloß für sich. daB
in Prag Peter Parler wsichervon der höfischen Male-
rei beeinflußt-r worden ist". Probleme klingen in
diesen erwähnten Meinungen zur Genüge an. aber
die Parallelität der Stile Peter Parlers und Theode-
richs wird nicht genau definiert. Zeitlich betrach-
tet. befinden wir uns auf einem engen Raum. in den
Jahren zwischen ca. 1365 und 1377. Unsere genann-
ten Werke stehen eng beieinander. Generationsmä-
ßig freilich gehörten beide Künstler nicht zueinan-
der. Wahrscheinlich mag es sein, daß der erfahrene,
ältere Theoderich den jüngeren Peter Parler beein-
flußt hat. Noch einmal wäre auf den veristischen Stil,
die Wahrheits- und Naturnähe als Merkmale und
Zeichen ihrer in etwa gemeinsamen künstlerischen
Entwicklungsphase von 1360170. hinzuweisen. Ge-
rade diese Phase böhmischer Kunst unterscheidet
sich deutlich von der vorangegangenen. strenger
"byzantinischen- eines wHohenfurthers-x und steht
auch im Widerspruch zum beginnenden r-weichen.
internationalen Stils, der sich keineswegs logisch
daraus ergeben konnte. Nie im frühen 14. Jh. auch
hatte die Konzentration auf nnatürliche Auffas-
sungw, treue Naturnähe (gemessen mit allgemein
menschlichen Erfahrungswerten) eine so entschei-
dende Rolle gespielt wie bei Theoderich und Peter
Parler. Dies könnte sich wohl eher auf Italien als
auf westliche Vorbilder zurückführen lassen. denn
Tommaso da Modenas Beobachtungsrealismus er-
scheint mehr als eine zeitliche Parallele, ja hat
vielleicht doch einen entscheidenden Impuls gege-
benm. interessant ist. daß die Triforiumsbüsten des
Prager Veitsdomes in ihrer Auffassung deutliche
Unterschiede zu Theoderichs und Peter Parlers ge-
nannter Stilphase erkennen lassen. Sie sprechen
nämlich schon wieder eine idealistischere Sprache
und überwinden ihre Vorgänger. Kaum treffen sie
sich mit den porträtmäßig. individuell gestalteten
Figuren Theoderichs und Peter Parlers. in ihrer se-
rienhaften Zusammenstellung sind die Triforiums-
büsten eher Kopfreliquiaren vergleichbar. feierlich
und eindrucksvoll, abernicht von imposanter. direk-
ter Wirkung und Naturnähe, wie sie Theoderichs
und Peter Parlers Werken eigen ist. Bei Zuschrei-
bungsfragen der Triforiumsbüsten wird man noch
vorsichtiger vorgehen müssen. Die klarste Position
hat diesbezüglich u.E. nach nur G. Schmidt einge-
nommen".
Eine andere Frage, der hier leider nicht näher nach-
gegangen werden kann. ist die nach der künstleri-
schen Provenienz Theoderichs. Während die einen
vor allem im Westen nach Vorbildern gesucht ha-
benzs, sah zum Beispiel J. Pesina im Italiener Tom-
maso da Modena Ursprünge seines Stils". interes-
santer vielleicht als diese Frage wäre allerdings das
Problem des Weiterlebens und der Tradierung
Theoderichscher Formen. Dazu lieferte die Kölner
Ausstellung immerhin einige Ansatzpunkte. Be-
trachtet man den Profilkopf des sog. "Jean le Bon-t
im Louvre (um 1362163). so nimmt er zwar formal
eine eher traditionelle, konventionelle Haltung ein,
greift aber in der sehr prägnanten, detaillierten Wie-
dergabe einzelner Gesichtspartien Theoderich-
sches Vorstellungsgut auf (oder bildete es vom".
Zumeist wurde der Maler dieses Porträts als Fran-
zose deklariert. Es wird die Frage, 0b sich hier also
der Stil Theoderichs fortsetzt. ob es sich um eine
zeitliche Parallele handelt oder ob vielmehr Theo-
derich diesen Kopf gekannt haben könnte, schwer
zu beantworten sein. Man findet immerhin auch in
der Umgebung des Theoderich reine Profilköpfe.
etwa den hi. Hieronymus (Prag, Nationalgalerie)".
Ungeklärt ist der Einfluß des in Prag um 1360170
herausgebildeten Bildnisstils auf die österreichi-
sche Kunst des 3. V. des 14. Jh.s. Hiezu fällt uns das
Bildnis Rudolfs IV. in Wien ein". Es entfernt sich
sowohl formal als ausdrucksmäßig von Theoderichs
kräftigen, vitalen Bildern.
Theoderichs vorbildhafter Stil und Einfluß reicht bis
zu Darstellungen auf Altarretabeln. Als Beispiel da-
für drängt sich das heute in der Staatsgaierie in
Stuttgart, aus Mühlhausen stammende und um 1385
entstandene Altarretabel aufs". Die dargestellten
Personen, die Hll. Wenzei, Sigismund und Veit sind
in ihrer individuellen. voneinander porträtmäßig un-
terscheidbaren Wiedergabe ohne das Vorbild Theo-
derichs kaum denkbar. Die Liste von Werken ließe
sich weiter fortsetzen und sowohl auf Skulptur wie
Tafelmalerei und Glasmalerei ausdehnen. immerhin
sollte man nicht auf die um 1390 entstandenen
Habsburgerporträts von St. Stefanlwien vergessen.
die ursprünglich eine großartige Schauwand von
Glasgemälden ergaben, sich heute z. T. im Histori-
schen Museum der Stadt Wien befinden. Besonders
wäre vielleicht auf den Kopf König Albrechts I. hin-
zuweisen. E. FrodI-Kraft spricht hier von einer
"Schärfe der Charakterisierung-r und i-Steigerung
des Ausdrucks- ("zum Beispiel ins Finster-Hero-
ische bei Albrecht l.. ins Mystische bei Rudolf von
Böhmen-qm. Interessant ist. daß sich gerade zwi-
schen dem Habsburger-Stammbaum und dem ge-
malten, leider nicht erhaltenen Stammbaum der Lu-
xemburger in Karlstein bei Prag Zusammenhänge
zu ergeben scheinen." Jedenfalls geben die davon
erhaltenen Kopien in der Nationalbibliothek in Wien
den Eindruck, als habe es sich hier ursprünglich um
Individuelle, porträtartig erfaßte Darstellungen ge-
handelt, die Bildnisnähe zu lebenden Figuren scheint
ein künstlerisches Anliegen gewesen zu sein.
Eine Geschichte "individueller Bildnisgestaltung-
(wobei man unter windividuell-r besondere Charak-
terisierung und Ausdrucksformung verstehen muß)
wird man ohne den Maler Theoderich bzw. Peter
Parler wohl nicht schreiben können, zumindest
würde sie unvollständig sein. Beide Künstler stehen
sicher aufeinerentscheidenden Entwicklungsstufe.
an einem "Wendepunkt-r. der neue Möglichkeiten
spätmittelalterlicher figuraler Kunst eröffnete. Bei
beiden spürt man schon, auch wenn sie dies noch
nicht ganz zu realisieren vermochten. vModellnä-
heu.