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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXIV (1979 / Heft 166 und 167)

3 Stift Ottobeuren, Andrea 
Mairii und Werkstatt. 
Stuckdekoratiorien im 
mittleren Treppenhaus 
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lastizität berühren. Hier wird der Zusammenhang 
iit Carlones Stukkatur im Lambacher Ambulato- 
um offenkundig. Man vergleiche das behandelte 
Ietail des Stiches mit dem in Abb. 1 wiedergebenen 
ituckdetail in Lambach. das die Verräumlichung 
nd den Richtungswechsel des Girlandenmotivs 
iittels eines das Rahmenprofil übergreifenden 
kanthusblattes darstellt. Bei den Stukkaturen über 
en Eckgemälden und den schmalseitigen Stuckre- 
efs ist der Zusammenhang mit dem Stich noch en- 
er, sodaß hier möglicherweise Diego Francesco 
iarloneeinen derartigen Ornamentstich alsVorlage 
enützt hat. Dies ist umso wahrscheinlicher, da er 
ei Supraportenbekrönungen im Treppenhaus des 
iesenbaus von Schloß Ludwigsburg (1723) diese 
tichvorlage verwendet (Abb. 18)", Daraus ergibt 
ich nun eindeutig. daB der behandelte Stich mit 
einem Ornamentrepertoire motivisch und struktu- 
zll die gesamte Entwicklung des Dekorationsstils 
er Fischer v. Erlach-Carlone-Gruppe zwischen den 
irazer Stukkaturen und jenen in Ludwigsburg, d.h. 
wischen 1690 und 1720, zusammenfaßt. Hierin be- 
tätigt sich auch die außerordentlich nachhaltige 
Iirksamkeit der konstanten Grundstrukturen. wel- 
he die Ausbildung des Generationsstils innerhalb 
ieser Künstlergruppe bestimmen. 
n Rückblick von der Lambacher Stuckdekoration 
nd vom Emblemstich, dessen Vorzeichnung nur 
urz vor dieserentstanden sein kann. wird die gene- 
sche und generationelle Schichtung derbehandel- 
in Stuckdekorationen deutlich. Der kompositionelle 
rundtyp ist bei beiden von Barbarinos Stukkatur 
m Chorgewölbe der Stiftskirche Kremsmünster 
bhängig. Die rhythmische Auflockerung der Kom- 
osition, die mit Alfieris Stukkatur in der Krems- 
iünsterer Bibliothek zusammenhängt, weist stili- 
isch auf die Generation nach Barbarino, der Fi- 
zher v. Eriach angehört. Die Einbeziehung von Or- 
.....-.........;...._ ......i ..A...I.A...._._ _._ 4., IN____ 
eine Synthese der generationell verwandten Stil- 
richtungen der Barbarinoschule und Fischers v. Er- 
lach zustrebt. Zugleich belegt dieser Vorgang die In- 
tensität der Auseinandersetzung mit dem Dekora- 
tionsstil Barbarinos und seiner Schule im Stilkreis 
um Fischer v. Erlach und Carlone. Es darf selbstver- 
ständlich nicht verkannt werden. daB Carlone in sei- 
ner Lambacher Stukkatur durch die Einbeziehung 
der schwebenden Ornamentstruktur von der Salz- 
burger Kollegienkirche ein fortgeschritteneres Sta- 
dium der Konvergenz als der Emblemstich vertritt. 
Die Synthese dieser beiden Stilrichtungen tritt bei 
der behandelten Ottobeurer Stuckdekoration in Er- 
scheinung. Die rhythmische Anlage der Girlande, 
die das Deckenzentrum umschließt. zeigt in ihrem 
Verhältnis zu den architektonischen und figürlichen 
Elementen die Generationsverwandtschaft zu den 
gleichzeitigen Supraportenbekrcnungen im Rie- 
senbau von Schloß Ludwigsburg. Auffälligstes 
Merkmal der Ottobeurer Stuckdecke ist das Zurück- 
treten der architektonischen Formen. Daraus ergibt 
sich ein starkes gestaltendes Mitwirken der freien 
Fläche, welche die räumlichen Beziehungen der 
Girlande und der figürlichen Elemente wesentlich 
mitbestimmt. Die Verwirklichung des Schwebeprin- 
zips, das in den Adlern anschaulich gemacht wird. 
definiert die freie Fläche mittels der zentralen Figur 
und der Girlande als ein lichthaftes. bildräumliches 
Medium. Die dem Schwebeprinzip innewohnende 
licht- und bildräumliche Struktur verweist über Car- 
lones Stuckdekoration im Lambacher Ambulato- 
rium auf jene in den Seitenkapellen der Salzburger 
Kollegienkirche als Stilquellen zurück. Der Einfluß 
Fischers v. Erlach. der durch die Vermittlung von 
Diego Francesco Carlone zustande kommt. erklärt 
nun auch die Herkunft der Putten mit den senkrecht 
erhobenen Armen. Durch diese Stellung stehen sie 
in einer scharf akzentuierten Beziehung zur imma- 
riick, wo die Aufgipfelung der Girlande um die En- 
gelfiguren eine gleichartige bildräumlich kommu- 
nizierende Funktion besitzt. Die scharf betonte Ak- 
zentsetzung durch die Geste der Putten, deren an- 
gedeuteter Durchbruch in den Bildraum einen laten- 
ten lllusionismus zeigt, deckt sich strukturell vollig 
mit der Kremsmünsterer Vorhallenstukkatur, wo die 
Vasen über den Zwickelgemälden im gleichen Ver- 
haltnis zur Girlande und zum Gemalderahmen wie 
bei der Ottobeurer Stuckdekoration stehen. Das il- 
lusionistische Motiv der Draperie tritt bezeichnen- 
derweise beim abgebildeten Dekorationsdetaii aus 
dem Ottobeurer Kanzleitreppenhaus auf. Auf- 
schlußreich für die stilistische Genese der Stuckde- 
koration von Flaum Nr. 189 sind die Stukkaturen an 
den Schmalseiten der Decke. Hier steht die rhythmi- 
sche Anlage der Girlande in engerem Zusammen- 
hang mit den Profilsegmenten als an den Längssei- 
ten. Die eckverschleifende Stellung der Adler ent- 
spricht hier völlig jener im Kremsmünsterer Kapitel- 
zimmer. Der Rhythmus der Girlande in ihrem eigen- 
artigen Schwebezustand zwischen Bindung und 
Freiräumlichkeit stimmt strukturell mit jener des 
Emblemstiches überein. Die Verbindung des 
Schwebeprinzips und der Bildräumlichkeit, die in 
der rhythmischen Kommunikation der figürlichen 
und pflanzlichen Formen und ihrer stufenweisen 
Lösung von den architektonischen Motiven zum 
Ausdruck kommt, weist mit derÖffnung des Raumes 
durch den rhythmischen Wechsel der Putten und 
Adler auf die gleiche Erscheinung bei der Kup- 
pelstukkatur des Ehrenhausener Mausoleums zu- 
rückzg. Die kontrastierende Flächenverfestigung 
durch die Eckstukkaturen erfolgt mittels Muscheln 
und Voluten, die über die Rahmenformen des Em- 
blemstiches auf die Eckmotive in der Kremsmünste- 
rer Bibliothek zurückgehen. Von diesen Dekora- 
tionspartien am Deckenrand her gesehen, stellt sich
	        
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