3 Stift Ottobeuren, Andrea
Mairii und Werkstatt.
Stuckdekoratiorien im
mittleren Treppenhaus
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lastizität berühren. Hier wird der Zusammenhang
iit Carlones Stukkatur im Lambacher Ambulato-
um offenkundig. Man vergleiche das behandelte
Ietail des Stiches mit dem in Abb. 1 wiedergebenen
ituckdetail in Lambach. das die Verräumlichung
nd den Richtungswechsel des Girlandenmotivs
iittels eines das Rahmenprofil übergreifenden
kanthusblattes darstellt. Bei den Stukkaturen über
en Eckgemälden und den schmalseitigen Stuckre-
efs ist der Zusammenhang mit dem Stich noch en-
er, sodaß hier möglicherweise Diego Francesco
iarloneeinen derartigen Ornamentstich alsVorlage
enützt hat. Dies ist umso wahrscheinlicher, da er
ei Supraportenbekrönungen im Treppenhaus des
iesenbaus von Schloß Ludwigsburg (1723) diese
tichvorlage verwendet (Abb. 18)", Daraus ergibt
ich nun eindeutig. daB der behandelte Stich mit
einem Ornamentrepertoire motivisch und struktu-
zll die gesamte Entwicklung des Dekorationsstils
er Fischer v. Erlach-Carlone-Gruppe zwischen den
irazer Stukkaturen und jenen in Ludwigsburg, d.h.
wischen 1690 und 1720, zusammenfaßt. Hierin be-
tätigt sich auch die außerordentlich nachhaltige
Iirksamkeit der konstanten Grundstrukturen. wel-
he die Ausbildung des Generationsstils innerhalb
ieser Künstlergruppe bestimmen.
n Rückblick von der Lambacher Stuckdekoration
nd vom Emblemstich, dessen Vorzeichnung nur
urz vor dieserentstanden sein kann. wird die gene-
sche und generationelle Schichtung derbehandel-
in Stuckdekorationen deutlich. Der kompositionelle
rundtyp ist bei beiden von Barbarinos Stukkatur
m Chorgewölbe der Stiftskirche Kremsmünster
bhängig. Die rhythmische Auflockerung der Kom-
osition, die mit Alfieris Stukkatur in der Krems-
iünsterer Bibliothek zusammenhängt, weist stili-
isch auf die Generation nach Barbarino, der Fi-
zher v. Eriach angehört. Die Einbeziehung von Or-
.....-.........;...._ ......i ..A...I.A...._._ _._ 4., IN____
eine Synthese der generationell verwandten Stil-
richtungen der Barbarinoschule und Fischers v. Er-
lach zustrebt. Zugleich belegt dieser Vorgang die In-
tensität der Auseinandersetzung mit dem Dekora-
tionsstil Barbarinos und seiner Schule im Stilkreis
um Fischer v. Erlach und Carlone. Es darf selbstver-
ständlich nicht verkannt werden. daB Carlone in sei-
ner Lambacher Stukkatur durch die Einbeziehung
der schwebenden Ornamentstruktur von der Salz-
burger Kollegienkirche ein fortgeschritteneres Sta-
dium der Konvergenz als der Emblemstich vertritt.
Die Synthese dieser beiden Stilrichtungen tritt bei
der behandelten Ottobeurer Stuckdekoration in Er-
scheinung. Die rhythmische Anlage der Girlande,
die das Deckenzentrum umschließt. zeigt in ihrem
Verhältnis zu den architektonischen und figürlichen
Elementen die Generationsverwandtschaft zu den
gleichzeitigen Supraportenbekrcnungen im Rie-
senbau von Schloß Ludwigsburg. Auffälligstes
Merkmal der Ottobeurer Stuckdecke ist das Zurück-
treten der architektonischen Formen. Daraus ergibt
sich ein starkes gestaltendes Mitwirken der freien
Fläche, welche die räumlichen Beziehungen der
Girlande und der figürlichen Elemente wesentlich
mitbestimmt. Die Verwirklichung des Schwebeprin-
zips, das in den Adlern anschaulich gemacht wird.
definiert die freie Fläche mittels der zentralen Figur
und der Girlande als ein lichthaftes. bildräumliches
Medium. Die dem Schwebeprinzip innewohnende
licht- und bildräumliche Struktur verweist über Car-
lones Stuckdekoration im Lambacher Ambulato-
rium auf jene in den Seitenkapellen der Salzburger
Kollegienkirche als Stilquellen zurück. Der Einfluß
Fischers v. Erlach. der durch die Vermittlung von
Diego Francesco Carlone zustande kommt. erklärt
nun auch die Herkunft der Putten mit den senkrecht
erhobenen Armen. Durch diese Stellung stehen sie
in einer scharf akzentuierten Beziehung zur imma-
riick, wo die Aufgipfelung der Girlande um die En-
gelfiguren eine gleichartige bildräumlich kommu-
nizierende Funktion besitzt. Die scharf betonte Ak-
zentsetzung durch die Geste der Putten, deren an-
gedeuteter Durchbruch in den Bildraum einen laten-
ten lllusionismus zeigt, deckt sich strukturell vollig
mit der Kremsmünsterer Vorhallenstukkatur, wo die
Vasen über den Zwickelgemälden im gleichen Ver-
haltnis zur Girlande und zum Gemalderahmen wie
bei der Ottobeurer Stuckdekoration stehen. Das il-
lusionistische Motiv der Draperie tritt bezeichnen-
derweise beim abgebildeten Dekorationsdetaii aus
dem Ottobeurer Kanzleitreppenhaus auf. Auf-
schlußreich für die stilistische Genese der Stuckde-
koration von Flaum Nr. 189 sind die Stukkaturen an
den Schmalseiten der Decke. Hier steht die rhythmi-
sche Anlage der Girlande in engerem Zusammen-
hang mit den Profilsegmenten als an den Längssei-
ten. Die eckverschleifende Stellung der Adler ent-
spricht hier völlig jener im Kremsmünsterer Kapitel-
zimmer. Der Rhythmus der Girlande in ihrem eigen-
artigen Schwebezustand zwischen Bindung und
Freiräumlichkeit stimmt strukturell mit jener des
Emblemstiches überein. Die Verbindung des
Schwebeprinzips und der Bildräumlichkeit, die in
der rhythmischen Kommunikation der figürlichen
und pflanzlichen Formen und ihrer stufenweisen
Lösung von den architektonischen Motiven zum
Ausdruck kommt, weist mit derÖffnung des Raumes
durch den rhythmischen Wechsel der Putten und
Adler auf die gleiche Erscheinung bei der Kup-
pelstukkatur des Ehrenhausener Mausoleums zu-
rückzg. Die kontrastierende Flächenverfestigung
durch die Eckstukkaturen erfolgt mittels Muscheln
und Voluten, die über die Rahmenformen des Em-
blemstiches auf die Eckmotive in der Kremsmünste-
rer Bibliothek zurückgehen. Von diesen Dekora-
tionspartien am Deckenrand her gesehen, stellt sich