Auch erenivähnt dabei die Wasserzisternen und gibt
an. -es ist leicht zu denken. daß es allezeit besser
sey. man mache sie zu dicke als zu dünne-i. Ein sel-
tenes Stück ist wohl ein Sammelbehälter für den
Regenwasserabfiuß. aus Blei geformt und mit der
Jahreszahl 1732 versehen".
Von einem Bleidecker Gerhar von Köln erfahren wir
aus einem Urfehdebrief in Regensburg 1414. Er war
mit anderen Kölner Meistern Begleiter des ungari-
schen Steinmetzen Dietrich und begab sich wohl zu
einer größeren Bauführung donauabwärts".
Seit wann kannte der Mensch überhaupt Blei? Wahr-
scheinlich gehört es zu den ältesten überhaupt ver-
wendeten Materialien. nimmt man doch an, daB Blei
und Kupfer in unbearbeitetem Naturzustand ver-
wendet worden sind. ln Catal Hüyük. der Stadt aus
der Steinzeit. wurden Perlen aus Kupferblech und
Blei gefunden, während die Waffen damals noch aus
Feuerstein, Silex und Obsidian hergestellt werden
sind". In einer Gegend. die durch ihren Bleibergbau
bis heute Bedeutung hat", hat man dieses Metall
zum künstlerischen Schmuck von Keramik. aber
auch zur Bildung von kleinen Figuren. Wagen. V0-
gelprotomen herangezogen: aus dem Gräberfeld
von Frög (Hallstattzeit) sind die Funde nach Wien.
Klagenfurt und Villach (Abb. 2) gekommen". Leopold
Schmidt hat betont". daii es sich dabei um einen To-
tenkult handelte. er hat das gelegentlich auftretende
Motiv des acht- oder sechzehnspeichigen Rades
herangezogen, um Beziehungen zu der frühen Me-
tallzeit, ja der --Bleizeit- und dem Kultzeichen der
ischtar und derVenus aufzudecken. Vor Überschät-
zung des Ornaments wird man insofern warnen
müssen. als eine derartige Gliederung durch Unter-
teilung des Kreises an verschiedenen Orten entste-
hen kann, ohne daß Abhängigkeiten angenommen
werden müssen, doch steht die Stcffheiligkeit von
Blei mit der Tatsache der leichten Bearbeitungs-
möglichkeit. mit der Urform des Fruchtbarkeitskul-
tes usw. sicher in Relation.
Nach dem kurzen Abstecher in die Urgeschichte zu-
rück zur historischen Zeit: Der Metallgießer im Römi-
schen Reich hat sicher auch Arbeiten aus Blei her-
gestellt. in Regensburg wurden kürzlich Abfallpro-
dukte gefunden. die einer eisen-, bronze- und blei-
verarbeitenden Werkstatt zugeordnet werden kön-
nen: Schmelztiegel. Tcndüsen. Halbfertigfabrikate.
wie Fibeln. Ringe, Bronzebleche u.e.. eine große
Bleiluppe und einige fertige Erzeugnisse". Auch der
Sammeifund aus Detzem im Landesmuseum Trier
verwahrt Bleireste aus der Werkstatt eines Metall-
gießers". Was waren nun die Produkte aus dem
Werkstoff Blei? SicherGewichte, wiesie in der Form
eines Topfes mit dem Tragring in verschiedenen
Sammlungen verwahrt werden". Auch Bronzege-
wichte. etwa in der Form der Halbfigur einer Kaise-
rin. hat man mit Blei gefüllt". Ringe sind aus Blei
hergestellt worden - vielleicht waren es Liebesringe
und die alte i-Stoftheiligkeit-i setzte sich auch hier
noch fort"? Eine Bleihand mit apotropäischem
Handgestus gehört dazu", aber auch Leuchter oder
Spiegelrahmen". Bleigewichte für eine Pumpe"
und sicher auch die Rohformen für die Plomben, in
welchem Namen sich ja noch die lateinische Be-
zeichnung für Blei bis heute erhalten hat. Schon in
römischer Zeit dienten sie als Zollmarken. und der
Fundort von 44 Siegeln und Plomben in der Nähe der
Trierer Moselbrücke könnte darauf hindeuten, daß sie
eben dort - bei einer Zollstelle - gelost wurden; eine
stammte aus Ephesos!" Bleietiketten. wie sie im Vor-
arlberger Landesmuseum verwahrt werden, gehörten
zu Lieferungen von Mänteln und enthalten die An-
gabe des Schneiders und des Lohnes". verschiedene
Bleianhänger für Waren enthält auch die neu einge-
richtete Schausammlung fürdie Römerzeit der Prähi-
storischen Staatssammlung in München.
Römische" und byzantinische" Bleisiegel aus Öster-
reich wurden kürzlich in umfangreichen Publikatio-
nen vorgestellt. auch in anderen Ländern geben sie
52
wertvolle Hinweise auf Handelsbeziehungen". Dali
die im antiken Mittelmeerraum verwendeten Bleibul-
len in der päpstlichen Kanzlei bis heute gebraucht
werden. ist bekannt.
Das Rohmaterial für den Guß von Bleiobjekten war
ursprünglich nicht vorgeformt - es sind Bleifladen
aus urnenfelderzeitlichen Depotfunden erhalten e.
später haben sich Ftundbarren ausgebildet. im Mit-
telmeerraum und im gesamten römischen Gebiet war
das Ausgießen in offenen Kastenformen üblich.
Funde aus Matlock in England zeigen bei sechzig
Bleibarren bis zu dreißig Schichten! Auch Fabrikan-
tenmarken sind nachgewiesen", wohl die r-plumba-
riiüg. Auch auf dem Magdalensberg. also im bleirei-
chen Kärnten. ist ein importierter Barren mit Marke
gefunden worden".
Sicher werden in erster Linie Wasserleitungsrohre
produziert worden sein. dann auch Dachziegel und
Gewichte. dünne Bleiplatten, mit denen Schiffs-
rümpfe benagelt wurden", für die Anker. die im Mit-
telmeerraum ebenso wie an der Atlantikküste gefun-
den wurden. benötigte man Querstäbe aus Blei zur
Beschwerung". Besonders wichtig aber war Blei für
Bestattungen.
Da sind in erster Linie die schweren Bleisärge oder
die Bleideckel für Steinsärge zu nennen. schließlich
ganze Bleisarkcphageü, es wurden auch Bleidosen
in einer Bestattung gefunden". ja es gehört eigent-
lich zu den Seltenheiten. daß größere Bleigefäße des
Altertums für einen Alltagszweck gedacht waren55.
Bleitäfelchen dienten als Beschreibstoffss - aber
auch da hatten sie meist eine abergiäubische Be-
deutung. einen magischen Sinn. Aus der Schilde-
rung vorn Tode des Germanicus bei Tacitus
(Anm. 1169) sind die Bleitäfelchen (ndefixionum ta-
bellaeir) bekannt. die man in Gräbern den Unterirdi-
schen übergab. Fluchtafeln konnten sich gegen den
Dieb richten. der ein Gefäß gestohlen hatte (21 Zei-
len Text. gefunden beim Amphitheater in Carnun-
tum"). sie richteten sich gegen eine Frau oder ein
Mädchen. dem die Ehefähigkeit genommen werden
sollte (Vorarlberger Landesmuseum"). ein Blei-
streifen mit Liebeszauber wurde in Peiting (Land-
kreis Weilheim) gefunden". Auch aus anderen Ge-
genden des Römischen Reiches, etwa aus Ägypten.
sind derartige Zeugnisse erhalten. so eine Bleifolie
mit griechischem Texts" in Karthago vergrub man als
Zaubermittel kleine Figürchen von Skorpionen, aus
Bleifolie ausgeschnitten, unter den Schwellenm.
Auch in römischer Zeit hatte Blei schon Bedeutung
für die Waffenherstellung. In Wien wurde das
Bruchstück einer wplumbata- gefunden, jener Waf-
fe. die in der Spätantike das Pilum ablöste. Die Auf-
treffwucht des Pilums wird bei der neuen Waffe
durch das über den lang ausgezogenen Stab der
Waffenspitze geschobene perlenförmige Bleige-
wicht gewährleistet". Auch von anderen Lagern der
Donaufront sind Wurfpfeileisen bekanntsa. Zu den
Seltenheiten gehören aber nördlich der Alpen
Schleuderbleie, wie solche in Augsburg-Oberhausen
gefunden wurden; sie waren jeweils auf einer Seite
abgeflacht. das Gewicht betrug 60 bzw. 42 g".
Blei ist seit der Hügelgräberzeit als Füllung hohlge-
gossener Schwerter und als Griffbelag von Griffzun-
genschwertern venuendet wordenös. die wahrschein-
lich frühesten Funde in England sind Knäufe für
Bronzeschwerter (Tosson, Northumberland)". Von
einem frühgeschichtlichen Seehandelsplatz auf der
lnsel Rügen ist ein Specksteingefäß mit einer einge-
schnittenen länglichen Gußform für Metallbarren be-
kannt. an der Wrackfundstelie wurde ein Bleibarren
dieser Gestalt ausgegraben. der also von der
Wende vom 9. zum 10. Jh. n. Chr. stammt".
Sicher sind schon die Fisichabzeichen" und Rund-
plaketten mit Christusmonogramm aus koptischer
Zeit" in Gußformen hergestellt worden. im Gräber-
teld Vac aus dem 7.18. Jahrhundert wurde 1969 eine
Gußform geborgen, aus Tuff geschnitzt. in der man
halbmondförmige Anhänger gießen konnte. die aber
9 Bleibulle von Papst Alexander ll. (1061-1073). au
Rückseite nS. PE(trus)- und i-S. PA(ulus)-. Österrr
sches Staatsarchiv, Wien
10 Bleigul! einerdurchbrochenen Riemenschlaufe, gi
den LinzlLandstraBe. Oberösterreich
11 Kreuzförmiger Anhänger mit Grätenverzierung
Domburg auf Walcheren. Nordseeküste. 8.19. Jah
dert
12 Bleikreuz aus Gars-Thunau, Mähren
13 Bleikreuz. am unteren Ende gelocht. Länge-i cm!
liches Archäologisches Museum. Warschau
Anmerkungen 29 - 99 (Anm. 54 - 99 s. S. 54 - 56)
1' Duenriell. Ahistory ofevery daythingsin England 2. p. 161.1
W Volker Liedke. Meister Dietrich. Kbnig Sigisrnunds Baum
und Meister Rapclll von Kbln in Ars Bavarica 3. München
S. 19 f. - 1697 wird die Oberwarter Kirche als mit rotlich leui
dem -stannuin- (Zinn) elngedeckt beschrieben, sicher eir
ferdach. Adelheld Schmeller-Kitt. Die Kunstderikmäler des
schert Bezirkes Oberwari. Österreichische Kunsttopograpl
Wien 1974, S. 309, dazu Georg Wache. Kunsl- und Kul
schichte des Bezirke: Oberwari. in: Burgenlandische Heirrii
ter 39, 1977. S. 77.
f" James Mellaart. Oatal Huyuk. Stadt aus der Steinzeit. übel
J. Rehork. 1967. Vgl. auch Joachim Ftehcrk. Faszinierende!
Archäologie heute. 1971. S. 92 Machteld J. Mellink - Jai
Frühe Stufen der Kunst iPropyiäen-Kunstgeschichte 13).
1914. s. 111.26. 129 (Text von am Temizer. Ankara).
"t Hermann Wießner. Geschichte des Karniner Buntmeta
baues mit besonderer Berücksichtigung des Blei- und Zin
bauas. Geschichte das Kärntner Bergbaues 2 (Archiv fürva
dische Geschichte und Tbpogrßphic 36137). Klagenfurt 11
3' Walter Modrijan. Das rialistattzeitliche Graberield von Frög
ten. in: Oaririthial 147. 1957. S. 3 11.. Österreichische Kuns
schung und Erhaltung. Ausstellung Bregenz 1965. S. 40 1..
Hans Dblenz. Der Bloiwagon von Frög (Hailstattzeit), in: s
aus Museen Österreichs (Notring-Jahrbuch 1967). Beitr
S. 125.
3' Schmidt. Heiliges Blei. S. 34 ff.
ß Udcl Osterhaus. Neuere Grabungen im römischen Regen
in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfa
Regensburg 115. 1915. s. 195. Den einzigen sidner rom
Bleiscrimelzolen der Rheinzone beschreibt Harald v. Petri
Beitrage zur römischen Geschichte und Archäologie. Bi
der Bonner Jahrbucher 36. 1976. S. 222 i.i Abb. 6.
Fleinhard Schneider. Fuhrer durch das Landesmuseum
1977. S. 50.1n Linz ware der Blelprbbeguß einer durchbroc
Biemenschlaufe (Abb. 10). gefunden bGi Fundamentgrabl
nes Hauses auf der Landstraße. zu erwähnen. Karnitsch. H
gaue 8. S. 27. Nr. 46. Eckhnri l. S. 160. Nr 421.
37 Hans Dblenz. Neues aus Alt-Villich. 9 lll]. Jahrbuch des
museums Villach 197211973. S. 44 11.. ein ähnliches Stiii
Salzburg-Glas (Abb. a) irn Salzburger Museum Carotino-
steum. Auch im Jupiter-Doiichenus-Fund von Mauer an l
sind Bleigewichte enthalten. siehe Katalog 1938.
3' Vom Altertum zum Mittelalter. Wien 1956. S. 14. Nr. 16.
(s. Jh.).
"Q wwahrscheinllch ein Licbesringw beschreibt Hans Battk
schichte des Ringes. Baden-Baden 1955, S. 34. Nr. 39. T
einen Doppelririg aus Blei. a. Jh. Fundort Dstia. Ein Kini
aus Blei. gefunden am Neuen Markt in Wien (Abb. 5) im 1
Schen Museum der Stldt Wien (lriv.-Nr. MV 563). siehe
bona- die Homer im Wiener Raum. 52 Sonderausstellung
1977. S. 1401.. Nr. M 140 (mit Hinweis auf F. Henkel. Dir
schert Fingerringe der Rheinland: und seiner benachbart
biete. 1913).
w Lothar Eckhart. Die Skulpturen des Stadtgebietesvori Laur
cdrpiis Signorum lrnperii RcmanilCorpus der Skulptur
römischen Wel1llll2. Wien 1976, S 25. Nr. 12. Tafel 4 (At
Ein Kerzenleuchter aus Blei gegossen. 13 cm hoch (F
wurde 1904 in Wien l.. Wildpreimarktlßauernmarkt gef
siehe Katalog Vindobona. S. 256. Nr. M 47 (Historisches M
der Stadt Wien. lnv -Nr. MV B26): Den DreifuB bilden dre
gelte und gesattelts Reitiiere. deren Rümpfe miieinand
schmolzen sind. Die Hälse der Tiere sind bogenförmig veri
und mit dem Schaft verbunden. Der Schaft endet oben i
Tulle zum Einstecken der Kerze. umgeben von einer Schi
beider Auffindung noch mit Wachs gefullt war. - Ein rön
Glasspiegel mit Blelrahrnon (Abb 68) Vorn Gräberield "Sie
in Enns-Lorch (Grab 2511963) im OO. Landesmuseum, St!
sef Reitinger. Oberösterreich in ur- und frühgeschichtiich
1965. S 297. Abb. 252. Ein bandformiger Ring aus Bleivori
anderen etwa gleich großen Spiegel (Abb. ab) vom l-Espr
leld- in Enns-Lcrch (Grab 70. 1952), veröffentlicht vom Au:
Ämilian Kloiber. Die Graberleidervori Lauriacum. Das Espt
feld. Forschungeniri Lauriacum B. Linz 1962. S. 71 und Tafi
12 Adolf Neyses, Eine römische Doppelkolben-Druckpum.
dem Vicus Belginum. in. Trierer Zeitschrift 35, 1972. S.
Abb. 4 (Bleigewicht in der Lederklappe).
Heinz Cüppers. Ausgewählte römische Moselfunde. in:
Zeitschrift 37. 1974. S 167-173.
Rudolf Egger, Epigriphischo Nachlese: 1. Bleietiketten B!
rätischen Alpenvorland. in Jahreshefie des Osterreichiscl
chaologischen Institutes in Wien 461961-615. 185 ff. (bei
mit ausgestanztem Loch versehene Bleitärelchen aus Hi
Kempten und Aucrborg): ein Nachdruck des Aufsatzes lrl
buch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1955. S.
die Eregenzer Stucke in. Vorarlberg. Kunst und Kultur v
Steinzeit zur Gegenwart. Ausstellung Wien 1979. S. 152, f
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der classischen Altortumswisscnschaften 2111. 1951. Sr
Hainzman (s. Anm. 1) s a1.
Univ.-Dcz. Dr. Plcottini. dem ich diesen Hinweis verdanke
tet die Veröffentlichung vor.
5' H. Drßscher. Blech und Blecnschere. in- Fteallexikbn deri
nisdnen Altertumskunde :i. 191a. s. 71
S} Furidstücke und Modellnachbildungen 1.12. im Deutschi
Saum. München. und irn SchlHBhrtSrrluSGUrVi Burg Steen. l
peri. vgl. r-Anker- lrn Lexikon des Mittelalters. 1 Band (4
rung, 1979) Sa 652
Vorariberger Landesmuseum. Bregenz. Ein Bleisarkoph
Asche! (Thalheirn1Wel5) im Museum Weis. Siehe Der Ftö
Limes in Österreich 21. 1958. S. 77 f . Josef Fleitinger. Die
lruhgeschichtlicrien Funde in Oberösterreich (Schrifierire
00. Musealvcroines a). 196a. s. 4101.
2a
n
43
n
AI!
s: