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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 168)

Fritz Moosleitner 
Der Dürrnberg bei Hallein - 
Zentrum keltischer Kunst 
und Kultur 
Die traditionsreiche Salinenstadt Hallein, rund 
fünfzehn Kilometer südlich der Stadt Salzburg ge- 
legen, steht 1980 ganz irn Zeichen der ersten Salz- 
burger Landesausstellung. Unter dem Titel i-Die 
Kelten in Mitteleuropa-r wird eine umfangreiche 
Dokumentation vorbereitet, die einen Überblick 
über Kunst und Kultur der Kelten im Zeitraum zwi- 
schen dem ersten Auftreten des keltischen Stiles 
um 500 v. Chr. bis zum Ende der keltischen Eigen- 
ständigkeit im Ietzten Jahrhundert vor der Zeiten- 
wende geben soll. Für diese Schau, die an Umfang 
und Bedeutung alle bisherigen Ausstellungen zu 
diesem Thema übertrifft, werden Leihgaben aus 
rund siebzig der bedeutendsten europäischen Mu- 
seen und Sammlungen erwartet. Unmittelbarer 
Anlaß für diese Ausstellung ist die 75OJahr-Feier 
der Stadt Hallein. Kein anderes Thema schien für 
eine Sonderausstellung zum festlichen Anlaß bes- 
ser geeignet als eine Zusammenschau keltischer 
Kunst und Kultur, hat sich doch der Dürrnberg bei 
Hallein durch die Grabungen der letzten Jahrzehn- 
te als eines der bedeutendsten keltischen Sied- 
Iungszentren erwiesen. Das i-Keltenmuseum Hal- 
Ieinu birgt eine der umfangreichsten Sammlungen 
keltischer Handwerkskunst in Europa. Die Fach- 
welt beschäftigte sich in den letzten Jahren be- 
reits sehr eingehend mit dem Fundmaterial des 
Dürrnberges. Trotzdem hat diese Örtlichkeit nicht 
jene Aufmerksamkeit gefunden, die ihr auf Grund 
der eminenten Bedeutung zukommen müßte. Es 
bleibt zu hoffen, daß die geplante Ausstellung ei- 
ne Wende herbeiführen möge. 
Die Erforschung des Dürrnberges 
Einer der Gründe für die mangelnde Popularität 
des Dürrnberges ist darin zu suchen, daß die Wis- 
senschaft die Bedeutung dieses Fundplatzes erst 
sehr spät erkannt hat, obwohl die ältesten Nach- 
richten über Funde am Dürrnberg bereits aus den 
ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts stam- 
men. Bei Erdarbeiten stieß man wiederholt auf Be- 
stattungen aus vorgeschichtlicher Zeit, so etwa 
im Jahre 1823 am sogenannten Hallersbühel oder 
1844 bei der Anlage eines neuen Friedhofes. Es 
kam jedoch während des gesamten 19. Jh.s zu kei- 
nen planmäßigen Untersuchungen. Kleinere Ver- 
suchsgrabungen wurden mehrmals in Angriff ge- 
nommen, ihnen war jedoch kein Erfolg beschie- 
den. Nach der Entdeckung eines Grabes infolge 
einer Hangrutschung im Jahre 1881 prüfte das Na- 
turhistorische Hofmuseum Wien an Ort und Stelle 
die Möglichkeit zu großangelegten Grabungen. 
Dem damaligen Kustos Franz Heger schien die 
Örtlichkeit jedoch ungeeignet, er beurteilte die 
Chance, auf ein größeres Gräberfeld zu stoßen, 
negativ. Die Zufallsfunde des Jahres 1881 riefen 
hingegen erstmals Raubgräber auf den Plan, die 
einige Erfolge verbuchen konnten. Zahlreiche 
Grabhügel wurden geplündert, die Funde wander- 
ten in den Münchener Kunsthandel. Erst ab 1910 
trat eine Änderung dieser Situation ein, als sich 
der junge Bauingenieur Martin Hell für die älteste 
Geschichte des Landes Salzburg zu interessieren 
begann. Von Anfang an bildete der Dürrnberg 
einen Schwerpunkt seiner Forschungstatigkeit. 
In einer Reihe von Publikationen hat M. Hell 
den Dürrnberg der Fachwelt bekannt gemacht. Je- 
doch auch ihm bot sich keine Möglichkeit zu groß- 
angelegten Grabungen, er mußte sich mit der Be- 
obachtung von Erdbewegungen im Zuge von Bau- 
arbeiten sowie mit kleinen Bodenuntersuchun- 
gen begnügen. Im Jahre 1925 gelang M. Hell 
die Auffindung einiger reich ausgestatteter 
Gräber, die durch Bauarbeiten angeschnitten wor- 
den waren. 
Angeregt durch diese Entdeckungen, schaltete 
sich Olivier Klose, Kustos der iiAntikenabtellungu 
des Salzburger Museums, in die Erforschung des 
Dürrnberges ein. Von 1928 bis 1932 öffnete er 
rund fünfzehn große Grabhügel, die jedoch groß- 
teils in älterer Zeit geplündert worden waren. Der 
erhoffte Erfolg stellte sich erst im letzten von ihm 
geöffneten Grab ein. In einem großen Grabhügel 
am Fuße der Hexenwand fand Klose zusammen 
mit den Resten eines zweirädrigen Streitwagens 
die einzigartige Schnabelkanne aus Bronze. Klose 
konnte sich seines Fundes nur kurze Zeit erfreuen, 
er starb wenige Monate nach Auffindung der Kan- 
ne. 
Von 1932 ruhte die Forschungsarbeit am Dürrn- 
berg, bis 1949 Ing. Ernst Penninger zum Kustos 
des Halleiner Stadtmuseums bestellt wurde. Noch 
im selben Jahr begann er, am Dürrnberg Fundber- 
gungen und kleinere Grabungen zur Rettung ge- 
fährdeter Bodendenkmäler durchzuführen - in 
den ersten Jahren noch unter Anleitung des Lan- 
desarchäologen Martin Hell, sehr bald jedoch 
schon auf eigene Verantwortung. Diese Untersu- 
chungen gestalteten sich von Anfang an sehr er- 
folgreich. Obwohl nur sehr beschränkte Geldmit- 
tel zur Verfügung standen, konnte Jahr für Jahr ei- 
ne größere Zahl von Bestattungen aufgedeckt 
werden. Die Grabarbeiten wurden dabei zumeist 
von freiwilligen Helfern durchgeführt. 
Eine Änderung der Situation trat erst nach der 
Auffindung eines weiteren nFürstengrabes-r im 
Jahre 1959 ein. Im Zusammenhang mit der Errich- 
tung eines neuen Kurparks wurde auf der Hohe 
des Mosersteines ein ungestörtes Grab mit rei- 
cher Ausstattung entdeckt. Von den Beigaben sei 
ein Bronzehelm, eine "Pilgerflaschefr aus Bronze 
sowie eine attische Schale erwähnt. Dieses Grab 
erweckte das Interesse weiter Kreise, von diesem 
Zeitpunkt an konnten die Grabungen am Dürrn- 
berg auf eine neue Basis gestellt werden. 
Im Jahre 1963 gelang die Auffindung eines ge- 
schlossenen Graberfeldes im Bereich des sog. 
Eislgutes, dieser Friedhof gehört sowohl der spä- 
ten Hallstattzeit wie auch der Frühlateneperiode 
an. Seither konzentriert sich die Grabungstatig- 
keit auf den Bereich des Eislfeldes. Die systemati- 
sche Aufdeckung dieses Gräberfeldes erbrachte 
außerordentlich reiches Fundmaterial, gibt Auf- 
schluß über Totenkult und Bestattungssitten so- 
wie neue Einblicke in chronologische Zusammen- 
hänge. 
In den letzten Jahren ist die Forschungsarbeit am 
Dürrnberg außerordentlich intensiviert worden. 
Der geplante Bau einer neuen Straße auf den 
Dürrnberg macht umfangreiche Rettungsmaßnah- 
men notwendig. An den Grabungen im Bereich der 
zukünftigen Straßentrasse beteiligen sich meh- 
rere lnstitutionen, u.a. das Bundesdenkmalamt 
Wien und die Universität Wien, die Hauptlast die- 
ser Arbeiten wird jedoch vom Keltenmuseum Hal- 
lein und vom Salzburger Museum C.A. getragen. 
Im Zuge dieser Rettungsgrabungen konnten nicht 
nur zahlreiche Gräber mit reichen Beigaben, son- 
dern neben Siedlungsresten auch erstmalig 
Werksanlagen zur Salzgewinnung aufgedeckt 
werden. Ausgedehnte Salzlagerstätten bildeten 
die wirtschaftliche Grundlage für den Reichtum 
der vorgeschichtlichen Siedlung am Dürrnberg. 
Die bergmännische Gewinnung des Salzes setzte 
nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen 
in der Hallstattperiode um 600 v. Chr. ein und dau- 
ert mit Unterbrechung in römischer Zeit und im 
Frühmittelalter bis in unsere Tage an. 
Das Werden des keltischen Stiles 
Etwa um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. tritt 
in Mitteleuropa in einem Gebiet, das sich in wei- 
tem Bogen von Ostfrankreich bis an den Nordost- 
rand der Alpen erstreckt, eine neue Kultur in Er- 
scheinung, die man nach einem Fundort in der 
Schweiz als Latenekultur bezeichnet. 
An Hand antiker Quellen konnte diese Kultur ein- 
deutig dem Volk der Kelten zugeordnet werden.
	        
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