hen". Christoph Fugger. der dritte Sohn Hans Fug-
gers, hatte die wherrlich und weite behausung bei
Sanct Anna kürchen in Augsburg gelegen, den eisen-
gatter genannt" 1598 nach dem Tode seines Vaters
übernommen und ndolt noch mer heusererkauft. der
seinigen zugesölt und ganz herrlich und costlich von
grund auf von neuem erpauen lassen-las. Über diesen
Neubau ist unserer Quelle zu entnehmen. daß er von
Veit Eschay. dem Sohn des Augsburger Stadtwerk-
meisters Jakob Eschayzs. ausgeführt worden ist. Dar-
über hinaus ist bekannt. daß der Sohn Wendel Diet-
richs, Jakob Dietrich. zwischen 1599 und 1601 vor
allem eine -künstliche Saaldeckea. aber wohl auch
andere Vertäfelungen. evtl. auch Mobiliar für das
neue Haus Christoph Fuggers angefertigt hat". Den
Darstellungen von Schissler-Mair und Kilian zufolge
war das neue Anwesen noch wesentlich geräumiger
als das alte Fuggerische Haus aAm Rindermarkttr".
das Christoph Fugger vor dem Tode seines Vaters
und der Fertigstellung des schräg gegenüber gele-
genen neuen Hauses bewohnt hatte". Es hatte ei-
nen großen. bis zur Stadtmauer reichenden Garten
und mag auch eine größere Kapelle enthalten ha-
ben. Das Ftindermarkt-Anwesen (später Annastraße
19) hatte im zweiten Obergeschoß seines an der An-
nastraße gelegenen Teils zwar auch ein Kapelle. die
anscheinend ebenfalls gegen Ende des 16. Jahr-
hunderts aus- oder umgebaut worden ist". Ihre
Grundfläche maß aber nur 6.40 x 5,20 m; es ist
darum nicht gut vorstellbar, daß das verhältnismä-
ßig große Ftetabel von Heintz darin hätte aufgestellt
werden sollen. Die Möglichkeit. daß sich die zitierte
Quelle auf das Anwesen i-Am Rindermarkta bezieht.
muß aus den genannten Gründen wohl ausge-
schlossen" werden. Das Fletabel von Heintz ist also
aller Wahrscheinlichkeit nach in das neue Haus
Christoph Fuggers gebracht worden. das im Haus-
stellenplan des 19. Jahrhunderts mit D 224.225 be-
zeichnet war. Gegenwärtig ist von diesem Haus
nicht der geringste Rest mehr vorhanden. An seiner
Stelle befinden sich ein städtisches Verwaltungs-
und Geschäftshaus und ein Teil des Stadtmarktes. -
Christoph Fugger starb am 29. Dezember 1615".
wenige Monate vorher noch war sein Name als
t-Septemvira in die Platte graviert worden. die im
Grundstein des Augsburger Rathauses an den Be-
ginn des Neubaus erinnerte". Ob er das Retabel
auch selbst bei Heintz für sein großes neues Haus
aZum Eisengattertt bestellt hat, bleibt ungewlß.
wenn auch wahrscheinlich. Es ist bei der erwiese-
nermaßen oft langsamen Arbeitsweise des Heintz"
auch vorstellbar. daß der Auftrag noch von Chri-
stophs Vater Hans Fugger stammt. dem Erbauer des
Schlosses Kirchheim und bedeutenden Förderer
von Friedrich Sustris. Alessandro Padovano. Anto-
nio Ponzano, Hubert Gerhart. Alexander Colin und
anderen Kü nstlern, die zumeist erst am bayerischen
Herzogshof Karriere machten. nachdem sie sich im
Dienste Hans Fuggers bewährt hatten". Hans Fug-
gers Augsburgerwohnung befand sich in den eben-
falls von ihm verschwenderisch ausgestalteten
Weinmarkthäusern. Da nun Heintz nicht. wie es bis-
her schien. erst 1601 mit Albrecht Fugger, dem Vet-
ter des Christoph. in Verbindung getreten ist. son-
dern wahrscheinlich schon 1598, wie weiter unten
noch darzulegen sein wird. ist es durchaus auch
denkbar. daß das Ftetabel ursprünglich für einen an-
deren Standort bestellt gewesen ist und daß Chri-
stoph Fugger es nach dem Tode seines Vaters ledig-
lich abnahm und in die Kapelle seines neuen Hauses
bringen ließ.
In diesem Haus "zum Eisengatterii blieb das Bild an-
scheinend rund hundertsiebzig Jahre. Vom 24. April
1773 an gehörte das Anwesen der Gräfl. Fugger-
schert Familienstiftung. die es 1819 veräußerte.
Wenn die Nachrichten und der Befund nicht trügen.
kam das Bild noch 1773 aus Augsburg nach Boos.
Hier wurde zur selben Zeit die wohl bereits zu Be-
ginn des Jahrhunderts neu erbaute Kapelle des
22
Fugger-Schlosses ausgestattet. Übermalung und
Formatisierung des Ftetabels hängen sicher mit der
Neuaufstellung in Boos zusammen". Es war offen-
sichtlich das Ziel der Veränderungen. die ursprüng-
lich subtile Malerei, die womöglich schon Schäden
aufgewiesen hat. durch teilweise Vergrößerung der
Köpfe, gelbbraun vergröberte Wolken usw. dem
veränderten Geschmack und vor allem der geänder-
ten Aufstellung anzupassen.
Lill glaubte nach seinen Ouellenstudien feststellen
zu können. daß Hans Fugger trachfete. eher deut-
sche als ausländische Künstler zu beschäftigen. Da
es aber an fähigen Künstlern mangelte. habe er doch
Italiener und Niederländer beauftragen müssen".
Vielleicht hat er noch kurz vor seinem Tode in Heintz
einen Maler nach seiner Vorstellung gefunden. Lill
überliefert auch einige wenige Bemerkungen Hans
Fuggers, die seine Einstellung zu den Werken der
Kunst beleuchten und vielleicht auch für Christoph
Fugger gelten: w. . . ichs gern wolt andechtig und
schön haben und nit wie diß. das der maler allein
sein kunst erzaiget und weiter nichts hett . . . doch
zu allweg zuvor ainen kleinen schizzc oder visierung
sehen. damits kain mathes zu der faßnacht abgeba
(am 9. 4.1569 an David Ott). und weiter in einem an-
deren Brief bei Gelegenheit des Auftrages für ein Al-
tarbild mit der Hi. Dreifaltigkeit an einen italieni-
schen Maler: irso ich vermainth. das die theologi erst
den malern visierung stellen solten. wolt ichs hieau-
ßen gethan haben. unsere maler prauchen wenig
Theologie und steet den poeten und malern die In-
vention bevorfß- Damit kritisierte Fugger einen
Hang zur bloßen Virtuosität. den er in der italieni-
schen Malerei zu erkennen glaubte. Der lange in Ita-
lien geschulte Heintz mochte die Chance bieten. auf
der Höhe der Zeit zu gestalten und dennoch die be-
anstandete Oberflächlichkeit der Italiener zu ver-
meiden. Die Konfession des Heintz war für den Auf-
traggeber vermutlich belanglos. Die humanistische
Bildung verbot bei den Fuggern anscheinend
ebenso wie am Kaiserhofe Rudolfs ll. jede konfes-
sionelle Enge, wenn es um Kunstwerke ging. mit de-
nen nicht ausgesprochen propagandistische
Zwecke verfolgt wurden". Zudem hat Heintz der Re-
formation Luthers angehangen. die mit der alten
Kirche keineswegs radikal brechen. sondern nurdie
Mißstände in ihr beseitigen wollte. So kann man das
von dem protestantischen Maler für seinen katholi-
schen Auftraggeber geschaffene Gemälde auch als
sichtbaren Ausdruck der wenigstens partiellen
Wirksamkeit des 1555 beschlossenen Augsburger
Fleligionsfriedens sehen.
Der von Heintz für das Bild erzielte Preis von 300
Gulden ist als ein für solch Werk üblicher anzuse-
hen. Er liegt jedoch. wie die Preise für Bilder von
Heintz oft". relativ hoch. bedenkt man auch. daß
Hans Fugger für das ehemalige Hochaltarblatt der
Kirchheimer Schloßkirche an Alessandro Padovano
nur D150 Gulden und 6 Gulden LeihkauW-r bezahlt
hat. Nach den Feststellungen Lills hat Hans Fugger
im Laufe seines Lebens über 300000 Gulden für
Kunstwerke aufgewendet". wieviel es bei Christoph
Fugger gewesen sein mag. entzieht sich bisjetzt un-
serer Kenntnis. Es ist aber immerhin bemerkens-
wert. daß Heintz für sein Ftetabel anscheinend den
tausendsten Teil der Summe erhalten hat, die der
eitrigste Förderer der Künste aus dem Hause Fugger
ausgegeben hat. vorausgesetzt. die Angabe Lills ist
zutreffend.
Mit der Marienkrönung von Heintz ist ein prominen-
tes Werk der Augsburger und - wenn man so weit
gehen will - zugleich der urudolfinischentr Malerei
wiederentdeckt. das allerdings erst nach der behut-
samen Restaurierung seine Qualitäten unverfälscht
zeigen wird.
ll
Mit dem Marienkrönungsretabel und der lange be-
kannten Begutachtung des Raffael-Gemäldes für
10 Lucas Kllian. nBildnis Christoph Fuggern. um
Aus: Pinacotheca Fuggerorum... 1754IPl. 102.
11 Gedenkstein für Albrecht Fugger. nach 1614. Wi
Pfarrkirche
Anmerkungen 32-55
" chrdnik aao (Anm. 26) 1902. a3
n Lieb 3.3.0. (Anm 4) Bd 1 1952. 37: ein GrundrlB des 2. C
sciidssas mit der Kapelle (dem die Maße entnommen s.
Pfaud, Reben: nas Burgerhaus in Augsburg Tubingeri 19
Abb l69 (Das deutsche Bürgerhaus 24.)
" Ware nicht bekannt. das Christoph Fugger sich l598 bis 11
palastahnliche Wohnhaus mit dem großen Garten neben l
cha St. Anna errichten ließ. hätte die Quelle für das Heintz-l
riurauf den Annasiraßentraki des Rindermarkt-Anwesens b
werden können Zufälligerweise wurde dieses Gebäude au
vor der vermutliizhen Neuaufstellung des Gemäldes in B00
nämlich 1757. von derWitwe des Grafen Eustach Marie Fug
17.000 Gulden an den Kaufmann Anton Herzog verkau
a.3.O. (Anm. 4) Ed. 1. 1952. a4).
75 Statten. Paul vori: Geschichte der Ftorn Reichs Freyen Stad
purg .. T. 1. Frankfurt a Leipzig 174a. B19; Finacathcca
rorvm S.H.l. Comitvm ac Barclnvm in Khierchperg et Waisst
Ed. nova . .Vlmae1754 Nr. CXII. Christoph Fugger war Kai
der bayerischen Herzogs Wilhelm v und Maximilian. au
des Erzherzngs Maximilian. Er heiratete 1559 Marie von 5.
zenbarg.
u Statten 3.3.0 (Anm. 35) T. 1. 1741816.
n An dem Jüngsten Gericht für Bückeburg (A 7.) malte Hai
1606 bis kurz vor seinem Tod 1609. die Arbeit an der Aug:
Piala Irlil Engeln (A B.) zog sich von 1505 bis 1608 hin
3' Lill a.a.o. (Anm. 24) 190a passim.
3' Für die Nachricht uber das spätere Schicksal des Anwesi
nestr. I6. früher D 224. 225. danke ich Dr. Baer. Stadiarchi
burg (Schreiben vbm 14. August 197a). - isie ging das Ai
von der Grafi. Fuggerschen Familienstiftung in den B6!
Firma vdn Lctzbeck uber. die hier eine Tabaktebrlk betrle
kam es in das Eigentum der Stadt Augsburg. die In den aii
ger- und Fabrikatibnsräumen den Stadtmarkt und Ämtaraii
1B. - Die Kapelle in Eloos ist nach Breuer. Tilmann: Stadt uni
kreis Memmingen. Miinchen 1959. 7B(Bayarische Kunstdel
4.). 1716 neu erbaut und 1773 im lnnern ausgestattet wordi
auch. soweit ich sehe. die einzige Erwahnung des Mai
nungsretabels in der Literatur: v. . .Gemälde. Marienkrünl
ter Cendid zuzuschreiben. um 1600. mit Ubermaiungen
Jh S. als Altarblatt verwendet.-
" Lill a.a o (Anm 24) 19011311
" Lill 3.3.0. (Anm. 24) 1908. 31.
n Zu Hans Fuggers eher liberaler Einstellung bei Beruhrunq
Kunst und Wissenschaft mit konfessionellen Konstellationi
a.a.o. (Arim. 24) 1908. 25 ff. Das ändert jedoch nichts an dc
che. daß die Fugger in der Regel. und mit ihricn Hans Fug
Jesuitenorden tatsächlich mit der offiziellen Kirche den
Promotor der innerkirchlichen Reformation sahen. - In
Sammeltaiigkeit und in seinen wissenschaftlichen intere:
Hans Fugger sicherlich dennoch irci und von psrsbniicli
sichten bestimmt gewesen. Er hat sich auf diesen Gdbiotßi
rier ahnlichen LlnlE bewegt wie die bedeutendsten furstlicl
zene seiner Zeit. Herzog Albrecht V. in München und gar R
in Prag. der selbst während des Reichstages 1582 den
Sommer uber im Hause Hans Fuggers am weinmarkt gewoi
te.
1' s. iiiarzu Zimmer a.a o. (Anm. ') 1971. 36 i1. - Fur das groß
dings ungleich mehr (nackici) Figuren erfordernde Jiirig.
richl (A 7.) fur die Eückaburger Schloßkapalle hatte Heintz
Zuerst soo Reichsialerzu ci-zialan gehofft. Man einigte Slohi
lich auf 400.
" Lill 3.8.0 (Arirri. 24) 1908. 149.
ß Lill 8.8.0 (Anm. 24) 1905. 35.
" s. oben Anm. 3.
" Nach den zahlreichen Erwerbungen Antons und Raymunds
im frühen und mittleren 1G. Jahrhundert waren - im wesei
nach überstandenerWirtschaftskrise in den slebzlgerJahri
gen Ende das Jahrhunderts hinzugekommen: isao Burg s
rnünchen (Severin Fugger zu Klrchberg-Welßenhorn) ui
dendorf. Ldkr. obnauwbrth. 15112 Aystetten bei Augsburg
d.J. Fugger). 1584 Gottenau. Ldkr. Memmingen. 1590 Sch
Dingen. 1592 Wasserburg a. Bodensee. 1594 Randeck l
Fugger). 1595 Leeder. Ldkr. Kaufbeuren. Wellenburg mit
hbian. Ldkr. Augsburg (Jakob ll. Fugger-Babenhausen). 15
den (Albrecht Fugger) - Die Herrschaft ebbs. in der s
Heintz-Retabal seit dem späten 1B. Jahrhundert befand. wa
seil i552(An1bn Fugger) im Besitz des Antbninischen ZWBl
Familie gewesen. Im 17. und 1B. Jahrhundert wurden z3l
Herrschaften wieder abgegeben (s. hierzu aucn. jedoch m
lich aligarrialriaram Ertrag: Fried. Pankraz- Die Fugger m di
schattsgeschichte Schwabens. Munchen 1976 (Schriften i
losophischen Fechbereiche der Universität Augsburg. 9.))
" Chronik a.e.0. (Anm. 26) 1902. 76 f.
4' Schreiben vom Sept. 1971 an Anton H. Konrad. Weidenhi
w s. dazu neuerdings: Wagner. Hugo: Kunstmuseum Bern. o
das 15. und 1G Jahrhunderts (ohne Italien). Bern 1977. 2!
5' Chronik a.a.0. (Anm. 2a) 1902. 76 und Gedenkstein in der F
che Weiden. dessen Inschrift lautet: ILLVSTFIIS GENEHOS
MINVS ALBERTVS FVGGER BARO IN KHIERCHBEFIG E1
SENHORN DOMINVS IN WELDEN OBIIT IN ARCE FvGG
OBERNDORF FROFE LYCVM DIE V MENSIS FEBHVAFII
POST CHFIISTVM NATVM MDCXIV AETATIS VEHO St
SEPVLTVS IN ECCLESIA PAROCHIALI OBERNDORFIAI
OVIESVAT IN PACE AMEN.
5' Chronik 3.3.0. (Anm. 26)19t]2. . . und ward die Hochze
statt Augsburg. jedoch was still un ngezogen als scnsttin
der harran Fuggerhochzeiten (aus ursachen lrergn. gelieb
vaier in giosser schwachhait. auch sein herr schwacher in l
alter gestanden. wia sia dann in airlem jar aufeinander mii
schiden) gchalian- e Finacotheca . .. a.a o. (Anm. a5) i
CVI. CVII. Statten 3.3.0. (Anm. 35) 1. 1743. 745 hat den 5. 5. '
Hochzeitsterinln.
5' ciii-criik a.a.O. (Arlrri. 2a) 1902. 77; Pinacothoca . . .a.a.0. (A
1754 Nr. CVII
5' Finacbthaca. .a.a 0. (Anm. 35) 1754 PI es a Nr CVI(L1
iian) und PI 97 1 Nr. cvll (Wolfgang Kilian). - Ein waitaras
Albrecht Fuggars befindet sich unter danari ssinar Eitarn i
schwister in der Predella des kleinen Mariankrbnungsaltart
Fuggcrai-kircnanabgcb. bei Lieb a.a o (Anm. 4) Bd 2.19:
244). Es basian aber - wie alle dort brianbar kurz nach 1a
Erschainurigsjahr der lrriagines Fuggardrum ci Fuggcrari
malten Bildnisse - auf dem Stich Kilians und ist deshalb r
imabhangiga Porträtaufnahme zur Kontrolle herarilulioril
ß Hugglar. Malt: Joseph Heintz: Maiinerbildnis. Frauanbilt
Berichte der Gottfried-Keller-Stittung. Bern 1954-55 40-4