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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 168)

1 Aiil Sizilien, 1955 
2 Ronc0,1930 
3 Veranda, 1930 
4 Kinder im Schnee, 1943144 
5 Valerie Hammer, 1976 
6 Landschart, Tropäa. 1971 
7 Wiener Vorstadt, 1979 
Valerie Bäumer 
 
Mit der Entdeckung eines neuen Künstlers verbindet man 
gerne ein jugendliches Alter; daB ein Maler sich erst im 
hohen Alter der Offentlichkeit stellt, geschieht weniger 
oft. und wenn. dann meist in Verbindung mit der soge- 
nannten "naiven Kunstii. so bei Grandma Moses und an- 
deren Bauern und Handwerkern, die erst nach einem lan- 
gen, oft harten Leben die verbleibenden Jahre mit einer 
kunstlerischen Tätigkeit ausfüllen und sich ihre Erlebnis- 
se von der Seele malen. 
Bei Valerie Bäumer. die 1898 in Kaltenleutgeben bei Wien 
geboren wurde und die im Jahre 1979 erstmals ihre Bilder 
in Salzburg iri einer Ausstellung zeigte, liegt anderes zu- 
grunde als der spate Beginn des Malens. Ihre musischen 
Neigungen wurden fruh von den Eltern und von einem auf- 
geschlossenen Lehrer unterstutzt, und nach der Ubersied- 
tung von Wien nach FrankturtlMain studierte Valerie von 
1916 bis 1921 am Städelschen Kunstinstitut. Hier lernte 
sie auch Eduard Bäumer kennen, den sie 1923 heiratete. 
Gemeinsame Malreisen nach Italien waren fLlr beide Ma- 
ler entscheidend für die Auseinandersetzung mit der Na- 
tur. Ein langer Aufenthalt in Paris brachte wichtige Be- 
gegnungen mit Malerkollegen der aufregend neuen Zeit, 
von denen manche zu Freunden wurden, in Paris wie in 
ltalien aber auch die Erfahrung der Vergangenheit, die 
Kirchen und Museen, in denen Eduard und Valerie Bäu- 
rner die alten Meister studierten: Piero delta Francesca, 
Giotto. Fra Angelico, Botticelli und viele andere. 
Der ebenfalls gemeinsame Besuch der ltteri-Schule 1928 
in Berlin bedeutete eine Disziplinierung der bisherigen 
Studien, eine sowohl intellektuelle als praktische Ausrei- 
fung des Erreichten und ein Ansporn für weitere Arbeit an 
der eigenen Begabung. So kam es auch, daß die Entwick- 
lung der Malerei bei dem Ehepaar völlig verschiedene We- 
ge ging. War es bei Eduard Baumer bis ins hohe Alter die 
große expressive Form in seinen Landschaftsdarstellun- 
gen. so war es bei Valerie Bäumer die kleine Form; war es 
bei ihm der Drang in die Ferne, die Sehnsucht nach der 
Fremde, in der sich ihm die schopferische Kraft erschIoB, 
so bei Valerie Baumer das Naheliegende, die Umwelt, in 
der sie lebte, aber auch die Phantasie, aus der sie ihre 
Schaffenskraft zog. Selbst die Jahre von 1938 bis 1945, in 
denen Verfolgung und Armut eigentlich alles ausschlie- 
Ben hätten können, was nicht der blanken Lebenserhal- 
tung diente, waren für Valerie Baumer schöpferische Jah- 
re. Es war wie ein Retten in eine heile Welt, indem sie Blu- 
men und Kinder malte, eine heitere, sorglose Natur zum 
Modell nahm. In den Nächten malte sie, wenn die Hausar- 
beit getan und die Sehnsucht nach künstlerischer Formu- 
lierung so stark war, daß selbst die Müdigkeit wie wegge- 
blasen war. 
Zweimal malte das Ehepaar zusammen ein Bilderbuch 
mit Gedichten von Ernst Reuter: "Den Berg hinauf", des- 
sen Druckplatten im Krieg zerstört wurden, und i-Die Ge- 
schichte vom Flußu, das bereits in der 8. Auflage vorliegt. 
Beide Bücher sind im Atlantis-Verlag erschienen. 
Seit 1933 war Salzburg Heimat geworden, zuerst als 
Flucht aus einem Land, in dem plötzlich als entartet galt, 
was die beiden Maler liebten und als verwandt empfan- 
den, spater aus Neigung zu der Stadt, zu ihrer Lage als 
Mittlerin zwischen dem Norden und dem Süden, der beide 
Künstler ihr Leben lang anzog, ihnen auch Basis ihrer 
Kunst war. 
Familienaufgaben und die selbstauferlegte Pflicht, dem 
Ehemann größtmöglichen Flaum zum Malen zu lassen, 
waren der eigenen Malerei oft hinderlich, ja machten sie 
manchmal unmöglich. Aber die Sehnsucht zum Malen 
blieb, und wenn auch kein allzu großes Oeuvre im Laufe 
der Jahrzehnte entstand, so ist es doch eine kontinuierli- 
che Arbeit gewesen, wie man bei der Durchsicht der Bil- 
der zur Ausstellung im vorigen Jahr entdecken konnte. 
Diese Ausstellung war auch für die Malerin durch ihren er- 
freulichen Erfolg ein ungeheurer Ansporn zu weiterer in- 
tensiver Arbeit. Im Sommer 1979 entstand Bild auf Bild. 
Ein Arbeitstisch im Garten war das Atelier, Blumen, Bäu- 
me und Kinder, eine Veranda oder eine Hausecke waren 
Modell; so schuf Valerie Baumer nicht weniger als zehn 
Bilder in dem vergangenen halben Jahr. 
Ein - wievielter - Beweis, daß schöpferische Kraft und 
die Sehnsucht, sich künstlerisch auszudrücken und mit- 
zuteilen, nicht ein Privileg jüngerer Künstler ist, sondern 
daB gerade im hohen Alter die wahre Bedeutung schöpfe- 
rischer Tätigkeit zum Tragen kommt, auch Zeichen zu 
sein für Erlebtes und Erlittenes und im Herzen doch alle- 
mal jung geblieben zu sein. Angelica Bäumer 
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