dort. wo die spätgotische Architektur zu einer anschau-
lichen Form lindet [sici], sich auf die Ebene des Bildlia
chen begibt. ist sie weder der narratio noch des Abbil-
des iähigmß Was dann aber, wenn etwa in der Meraner
Heilig-Geist-Spitalskirche der vom Mittelpteiler aufstei-
genden Gewölberaute das Freskobild des Gnaden-
stuhis in Gestalt zweier bärtiger Männer, die den toten
Christus halten, iangeheftetu ist? Wenn bei derjüngsten
Restaurierung der Ptarrkirche in Eggelsberg - wie die
SalzburgerStadtpiarrkircheoderdie Dreistützenräume
von Anger, Berg, Hochburg, Schnaitsee und Tacherting
eine Marienkirche - an der gleichen Stelle wie in
Meran ein monumentales Fresku mit einer Darstellung
der Madonna mit Kind (Abb. 31) freigelegt worden ist?
Wie weder vorher noch nachher hat in der Zeit der
i-Schönen Madonnenu die Baukunst nördlich derAlpen
mit dem Ostteil der Salzburger Franziskanerkirche und
den Dreistützenbauten Räume von solch traumhafter
Schönheit hervorgebracht (Abb. 32): Das Licht bricht
sich in den rautenlörmigen Kappen wie in Facetten, die
Gewölbefüße steigen leicht und drucklos aus den
Schalten wie Fontänen. der Wöibungsgrund hebt und
senkt sich wie ein Gewölk - der Ostteil der Salzburger
Frariziskanerkirche ist die Wirklichkeit des himm-
lischen Jerusalem. getragen von Maria und den Apo-
steln."
32 Salzburg. Franziskanerkirche. Gewölbe des Osttails
vom Dachboden des Langhauses nach Osten. Zustan
Anmerkungen 57 r 86 (Anm. 57 - 84 Text S. 22. 23)
"' Maurice Jusseiiri, De quelques oitices privilegies du chapitre de Char-
tres; i, LeDraqonnierdePEgiise deCtianres. in: Mämoiies de iasOCiete
archeologlques dfutre-ei-Lcir, 17. Onanres 1949. S, 52 - 60,
" Diesen wichiigeri Hinweis verdanke ich der Freundiiciikeii Herrn Ivo
V00 Pompers von der Stiiisbibiinthek St, Peter.
5' Pirmin Lindner. Proießbnch der Benediktineramei S1. Pewrin Salzburg.
in: MGSL 45,111 Hatlinger s. 297 an
M (Martin Hatiinger), Ohrotiictin Monasierii Sancli Petri. episcoporum et
archiepiscopoium Saiisburgerisium usque ad avinum 1613 I Hand-
sctiriitA 106er Slmsbibliüihek S1. Peter. hier i. 250'I IN) 7100 ismpore
1590] in ecciesia metropoliiaria oificium divinum st omnes accla
siasiice ceremoniae, que a pri is annis arctiispiscupatus primordiis
secundum consueiudinem et iitum germanicanim er qaiiicanarum
eccisiam observaium fuit. ex toto stirpe aboiiturri ei secumlum roma-
num usum peragi oepium iui
" Joseph Andreas Jungmann, Missarurri Soiemnia, FreiburgIBr. W952.
hier Bd, l. S 310.
n Yves Delapurie, Uordinaire chanrain du Xiilsme Siecie : Mämoiras
de In socleie areherJiOgique d'Eure-e1-L0ir. 19. Ohanres 1952153. hier
S. 112-1iBund255-257.
ß Werner BaischeleiMassini, Labyrimnzeichnungen in Handschriften,
in: Codicea manuscripti. 4, 197a, s. 23 - 64. hier S. 61.
u Jan van der Meuisn und Jürgen Hohrrieyer. Chartres, Biographie de!
Kathedrale. Köln 1984, S. 198 mit aiien Nachweisen. - In England
kannis man sbenialls den vüsierballl, in anderen O!1en gehauen das
kirchliche Baiispiel dem Weitinactiiskrais an (E. K. Chambres. The
Mediervai Stage, 2 vui., Oxford 190a).
" Äibefl Brlrickrriarin, Liturgische und Volkstümliche Formen im geistli-
24
n
r1
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u
u
n
chen Spiel des Mittelalters. Dussaldori 1932. - Die Literatur zur Entr
siehung desTheaters im Spätmittelalier braucht hier nicht im einleinen
zitiert werden.
Karl Meisen. Die heiligen Drei Könige. Köln 1949, S. 60.
Zum Beispiel ist aus der Kathedrale St, Ansgar in Bremen aus dem
Jahre 1384 Dberlloiart: nlnira evangelium summae missae per ires
canonlcos nosirus. reqio amiciu ac coronis et ornetu decoratos. imi-
iando moaum et iormam irlum beatorum regum cum munerihus suis
doiviinum Jiiesum Oriristum cum Marie maier eius visirare iaciemuss
(Bremisches Urkundenbuch. ad. 4. 1586. S. 30.).
H. J. Floss. DieUberiragurigderHeiligen Drei Könige von Mailand nach
Köln. Köln 1864, hier S. 45 und S. 94.
Hugo Kehrar. Dia Heiligen Drui Könige in Literatur und Kunst. 2 Bde,
Laipzig 1906, hier i. S. 55- 57.
Herber! Rode. Der Altar der Mailänder Madonna, in: Kölner Dumbiatt,
415. 1950. S. 30 - 64. hier S. 57.
Renate Kross. Liturgische Quellen zum Kölner Domchor. in: Kölner
Dnmbiatl, MIJS. 1979I80. S. 35 - 204. hier S, 127.
Franz Waqrier, Zur ursprünglichen Ainmaiiung der rMailender
Madoririan. in Vorbereitung.
Zur rlumlichen Sliuliion vqL: Roii Lauer. Das Grabmal des Rainaldvon
DBSSGI und der Baldactiin der Mailander Madonna. in: Kaialoq der AUS-
slaliunq Nersctiwundenas lriventarium - Der Skulpiureniund im Kai.
ner Domchor-r. Koln 1964. S. 9- 1B.
Vgl, delu die Arbeit von Friedrich Kühler in dieser Zeitschrift.
Narben Nußheum. Die Biaunsuai Bürgerspiialskirciie und die späigo-
tlsctien Dreistützenbainen in Bayern uridösterreicn -ein raumbiidrie
riscties Experiment des 15. Jahrhunderts, Diss. UniV Köln (I Verbi-
r-
w
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n
11
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u
ienilichungeri der Abteilung Arcriitekiur des Kurrsttiisiu
liisiiiutes der Universiiai Köln, Band 21). Köln 1932.
Nußbaum wie Anm. 75. hier S. 4.
Bandmann wie Anm S, hier S. 12
Buchowiecki wie Anm 7. hier S, 316.
Zibermayr wie Anm. 50, hier S. 74.
Woliram Ffihoda, Reictiersberg und die Raudniizer Fieiurm. in:
derAussieiiungn900JatireStiii Raictiersberg -AugusiinerOii
mischen Passau und Salzburg: r Oberbsterreictiische Lani
Stellung 1984. S. 109- 119. hier S. 116.
Nußbauln wie Anm 75. hier S. 346 - 367,
Vgl. Kobier in dieser Zeitschrift
Nuiibaum wie Anm. 75. hier S. 138.
Nußbaum ebenda.
Nußbaum wie Anm 75. hier S. 192,
Nußtiaum wie Anm. 75, hier S. 193.
DaB der (von Oslen) ersten Säule zum südlichen Seilonschiii
Fresko mii der Darstellung zweier Sieinmeize nangehefiei: i:
nur scheinbar im Widerspruch zu obigen Ausiührunqen. Den
warm es sich dahai iaisachiich urn ein lGedüchinlsbiid rur Ha
hairner und Steian Krumanauar- hanaein wurde - wie Kuri C
berg(Die deutschen BaumelsterblldnissedssMiiralellers. Berl
hierS. 214 - 21Qmeintrsoisidoctieindeuiigeirilusammeni
einer ehemals darüber befindlichen. durch die schon im 19. J
den begonnenen nFrailegungem des Naturstelnmauarwerks
ten Darstellung erkennbar (dazu ausiütiriich mein in Arbeii belil
Auisatzüberdiemitielaiieriicha Aussiatiung aerSalzburqerFri
rierkirche).
Peter Wind
Die Kärntner Entstehung
des Miiistätter Sakramentars
1 Gregor der Große. ganzseitige Deckiarbenminiatur; Sakras
mentar von Miiistatt. Klageniuri. Landesarchiv, Cod. 6135.
Bl. 7v
Anmerkungen 1 n 20 (Anm, 9 - 20 s. Text S. 26. 27)
' Die vorliegende Untersuchung basiert aui einem Vortrag, der irrl Fiah-
men des Mlllstätter Symposiums (22. und 23. S 1984) au! Einladung
von Herrn UniV.-Pr01. Dr. F. Nikolasch gehalten wurde. Er wird hier in
etwas veränderter Form wiedergegeben. Der Inhalt der Handschrift
rand im allgemeinen kaum Beachtung, da darüber gesunden bei der-
selben Tagung Hoirat Dr. F. Unterklrcher sprach. - Für das lreund-
iiche Entgegenkommen bei der Einsichtnahme in die Handschrift
danke Ich sehr herzlich Herrn Direktor Univ,-DOI. Dr. A. Ogris und
Herrn Dr. W. Wadi vom Karntner Larldesarchiv. - Zur Beschreibung
derHs. Vgl. Eisier Nr. 15. S. 40 - 42und Menhardi2i 41'. -Zurkunstge-
schichtiichen Einordnung siehe Swarzenski 143 l - DamusiUnter-
kircher 291. - Mazal 211.
143 i.
Nr. 15, S. 40.
Vgl DemusiUnterkircher 291 und Mazal 211.
Swarzenski 1431 - Demuslunierkircher 291 -- Malal 211.
Dergesarnie Kalenderrst edlen im Anhang ll bei Swarzenskr innerhalb
einer synoptischen Zusammenstellung von Kalendanen aus Hand
schritten der Saizburger Schule. Die nekrologischen und astrologi-
schert Eintrage Lind die Konsekrationsdaien der Kirchen. die in der
Grundherrschaft von Millstatt liegen. sind nicht berücksichtigt
7 Vgl Wind 129, Anm. 5.
I Eingetragen sind zum 29. MarzäirleGisilsrW : monialisl. eineGertrut
zumaAprii undelneümerile zum 9. April. Sresindauch im Millstät-
ter Toienbuch verzeichnet (vgl. Klsgeniuri, Landesarchiv, COd. G136).
' Sie werden bei Eisier 41 lrn einzelnen angerührt.
m Vgl Eisler 41 und Eisier, Domitian. 73, - Elster nimmt allerdings an,
dsßdie Händschrilt selbst schon am Beginn des 12. Jahrhunderts ent-
standen sei.
ll DieszeigtdieBeobachiungdaitwohlimAriilphonaNS.iääinlchtaber
im Domstirttotenbuch (vgl St. Peter. Cod s IX 7. Bl. ßr) eine Translatio
Benedlctl erwähnt wird.
1' Daß der Kalender und das Sakramentar unmittelbar zusammengehö-
ren und gleichzeitig entstanden, ergibt sich aus der Einheit der Schritt
(Kalender und Graduale) und den stilistischen Zusammenhängen zwis
scheu den Tierkreisbildern (BI. 83V - B9r) und gewissen Zeichnungen
lrn Missale (Bl. 12: und 258V) selbst.
" S. 150- 151. 7 Vgl. die Edition bei DemusIUnterklicher 69- 7G.
1' Den Nekrolcgien von Bl. lr-ifir.Bi.17r-32v und Ei. 33rA48r ist
iewelis ein Domstillkaiendar zugrundegeiegi. - zu Entstehung und
Lokalisierung vgl. Wind, Ddrnstilt, 192.
" Er wird erst späterim Graduale der Peielsilauen ( : St, Peter, COd. a
IX t iierwähnLAuch im Kaienderdes Michaelbeurer Breviers( : MDnV
chen, Bayer. Staatsbibi . Cim 8271; Vgl. Klemm. Nr. 275) ist OdiIO
(t1049)VerZeicrinet.
" DieserEintragiehitimAntiphonarwgLS.täöinlchtabelimToienbuch
(vgl. Ei. 91, 25r oder 41r).
" Amand lst In den genannten Saiziziurgsr Kalendarien jeweils zweimal,
namlich zum S. 2. und 20. lO genannt. im Anilphonar ist der 20. 10.
sogar als Feiertag ausgezeichnet (S. 155).
" Toienbuch. BI. 4r. und Antlphonar. S 159
" ZunennenwärenvorallemdieKalendaiienderKodizesi909und2682
der ÖNB in Wien. - Das erste ist edler! bei Swarzenski im Anhang II
und daszweite bei N Tdrnquist, C06, pai, Vlnd, 2532. l, Eine lriihmittel-
hochdeutsche interllnearversion der Psalmen aus dem ehem. Bene-
dtktinerstiit Miiislatt in Karnten (Lunder germanistische Forschungen
s) LundlKopenhagen 1934, xlv- xxvl. - Zur Auslegung vgl. Wind
115 - 117.
1' Balgezogenwurdenvor allemdie Kalendare ausder Hs. 325( : Martys
roiugium mit Reguia Benedictl und Totenbuch von St. Larnhrecht, vgl.
Kern I 185i )dei UB Graz. - Bemerkenswert sind diese Kalendarevnr
aiiern auch deshalb, weil sie schon das Joseisiesi zum 19. März (Vgl.
Ei. 2r) enthalten, das irTl allgemeinen erst viel Spatel auftritt Interes-
sant sind in dieser Hinsicht auch die Nachträge dieses Festes im nMill-
stattet Psaiterrr( : cod. 2652 der ÖNE Wien) und im Kodex 3a der ue
Kiagenlurt (gescnr. 116a, Herkunrt vermutlich Miiislalt: Nachtrag.
Ende 12. Jh.).
1
Der Kodex 6l35' des Kärntner Landesarchivs, ein
Sakramentar aus dem ehemaligen Benediktinerstift
Miilstatt, wurde seit Swarzenskfund Eisler" aus dem
Aniang dieses Jahrhunderts bis in die jüngste Verganv
genheif stets mit Salzburg in Verbindung gebracht.
Begründet wurde diese Einordnung durch die stilisti-
sche Verwandtschaft des Gregorbildes (Abb. 1)und der
Tierkreisbilder (BI. 83v-89r; Abb. 4 und 5) mit den
Decklarbenminiaturen und den Zeichnungen des Anti-
phonars von St. Peter in Salzburg (Wien. ÖNB. Cod. Ser.
n., 270O)5. Auch der liturgische Kalender (BI. 83V-
Ber)", der das Transiationsrest des hi. Fluperius zum
24. SeptemberiBi. 87v)enthäit, schiendiese Herkunfts-
bestimmung zu bestätigen. Die Schrift des Sakramen-
tars und die lnitiaiornamentik wurden bisher allerdings
noch nicht untersucht. Sie konnten deshalb auch nicht
in die Frage der Lokalisierung einbezogen werden. Erst
neuere Forschungen am zeitgenössischen Salzburger
Skriptorium ließen gerade von dieser Seite aus Beden-
ken an der Ftiohtigkeit der traditionellen Zuweisung'
entstehen.
._.v_ 92'", .
Es ist daher notwendig. übereine erneute Interpret
desiiturgischen KalendersunddurchdieUntersuc
der Schritt und der gesamten künstlerischen Au:
tung eine exaktere Lokalisierung der voriiege
Handschriit zu versuchen.
i. Der liturgische Kalender
Der oben erwähnte Salzburg-Bezug des Kaier
(BI. 83V - 89r)ergibt sich eindeutig aus derzweima
Nennung des hi. Flupertus. des Saizburger Bistun
trons, zum 27. März(Bi. 84v)und 24. September(Bi
Translationsiest) und der Enuähnung der hi. Erint
zum 30. Juni (BI. 86r). Dab diese Vermerke nicht nt
Hinweis einer Integration in den Saizburger Diözr
verband verstanden, sondern als tatsächliche
kunftsbestimmung aus Salzburg aulgeiaßt WUi
ergabdie Beobachtung, daß regionale Vermerke m
Nachträge dem ursprünglichen Kalender eingi
waren. So konnte man feststellen, daß die Nekroio
träge von Miiistätter Nonnena geringfügig später
die Weihedaten der zur Herrschaft von Miilstatt zäi