ungleich bewußter als früher, nicht nur Mittel,
Jern sogar Endzweck der Selbstdarstellung
reflektierter Ausdruck der Gestimmtheit ist.
ade dieses nse porterti als Befindlichkeit, ganz
zlich genommen, muß im Porträt formale Ge-
t annehmen.
1790 malte der aus Heilbronn stammende und
1 Mengs' römischer Schulung zum Wiener
demiedirektor (1795) avancierte Heinrich
drich Füger (1751 - 1818) das Bildnis des Fa-
anten Ludwig Meltzer (Abb. (5)33. Als Direktor
k. k. Bandfabrik im Wiener Vorort Penzing war
lzer bürgerlich, aber ein Herr. Der Vorhang als
iilitätsfond eröffnet nunmehr mit zündendem
eine Bühne beziehungsreich-textiler Materiali-
n, auf der die Gestalt sich in Szene setzt. Und
:h ein Aufbau, welch machtvolles Gebirge aus
rand trägt erst den Porträtkopf! Im Bildaus-
nitt hoch oben angesetzt, wird der Kopf von ei-
I sich pyramidenförmig verjüngenden Gewand-
kel in seiner Pose gehalten und scheint von
erer Distanz herabblicken zu können, als es
tatsächlich gemalte, geringfügige Untersicht
BHÜiCh erlaubt. Obwohl er den dominierenden
flächenanteil beansprucht, tritt der Körper
it porträthaft, d.h. ohne Individualität in Er-
einung. Statt dessen konstituieren dunkelfar-
z Materialwerte ein Kostbarkeitspathos aus
I samtig-stumpfen Schimmer des Tuchüber-
fs, der Wärme des Pelzes und dem Satinglanz
Weste. Die linke Hand stützt die Komposition
en den unteren Bildrand ab.
iers an der Bildnisminiatur entwickelte Malwei-
nämlich die über die schwebende Helligkeit
Elfenbeins gelegte flockige Transparenz sei-
Farbauftrags, läßt sich mit dem - dem Maler
lifGllOS bekannten - englischen Porträtstil ver-
chen, ist aber, wie Alfred Stix sicher zu Recht
nerkt33, primär persönliche Eigenart des Künst-
l. In den etwa lebensgroßen Bildnissen erzeugt
se Handschrift eine Lockerheit der Bildwir-
ig, die sowohl Anmut als auch Weichlichkeit er-
wen kann. im Gegensatz zu Lampis Bildnis des
iherrn v. Sperges mit seiner aus innerer Größe
vissermaßen "freitragendentt Haltung des Kop-
über dem Deshabille trägt sich die individuelle
cheinung des Textilfabrikanten Meltzer mittels
aufgetürmten Gewandung als itMonument-t
I außen vor.
ses "Gewandstützen-Schematt verwendet Fü-
nicht nur zur Bewältigung des großen For-
ts, sondern gelegentlich auch in Miniaturen34;
Bedeutsamkeit der Ausstattung soll gegen-
er der Individualitätzurücktreten, ihraber doch
gemeine Größe und Imposanz verleihen. Dem
fest-Weichlichen der Malweise, aber auch man-
er Physiognomien wird mit kompositorischen
dverfestigungsmitteln entgegengearbeitet. Im
dnis des Arztes Dr. Johann Hunczovsky
lb. SP5 aus dem Jahr 1794 geschieht dies durch
l massive Schichtung und Verspannung der Fal-
I des gelbbraunen Mantels, das Widerlager der
tichfarbig behandschuhten Faust in der unteren
decke und die Qualität des gelblichgrauen Hin-
grunds, die nicht neutrale ntragende-t Grundfar-
oder verbrämende Draperie ist, sondern die un-
chgiebige Festigkeit von gefugten Mauerqua-
rn zeigt. Die Wahl des Dreiviertelprofils, das die
zhte Mundhälfte schwierig verkürzt und den Um-
der Nasenspitze genau die Linie des Jochbeins
rühren läßt, erscheint als gesuchte Darstel-
igsmöglichkeit einer komplizierten Psyche; aus
r sehr ausgeprägten Nase-Augen-Partie spricht
istvolle Empfindsamkeit.
ie Füger die Bildnisaufgabe löst, indem er für
n Porträtkopf einen "Schauplatz-t schafft zwi-
hen der Abgeschlossenheit des Hintergrundes
ld der vorgeblendeten Unnahbarkeit des Uber-
irfs vorne, zeigt auch hier seine Neigung zur
8 Johann Baptist Lampi
d.A. (1751 - 1830), Bild-
nis des Freiherrn Jo-
seph v. Sperges als
Präses der Wiener Aka-
demie der bildenden
Künste, 1787. Wien,
Galerie der Akademie
der bildenden Künste
9 Heinrich Friedrich Fü-
ger(1751-1818), Bild-
nis des Arztes Dr. Jo-
hann Hunczovsky,
1794. Ehemals Wien,
Sammlung Figdor
theatralischen Inszenierung. Von seiner Frau, der
gefeierten Schauspielerin Josefa Hortensia geh.
Müller, malte er mehrere Rollenporträts, jene Son-
derform des Portrait historie, die nicht durch die
übergestreifte Rolle das Erscheinungsbild der dar-
gestellten Individualität über ihre eigenen Gren-
zen hinaus bereichern will - vielmehr erhöhen
sich darin wechselwirkend die in der Bühnenrolle
verborgene Schauspielerpersönlichkeit und die
Idee der literarischen Gestalt. Als besondere Poin-
te zeigt eine Miniatur Frau Füger als Emilia
Galottißö, also als Titelheldin des Lessingschen
Trauerspiels (1757172), in dessen erstem Akt über
die Möglichkeiten der Bildnismalerei gegenüber
der leidenschaftlichen Befangenheit des Betrach-
ters nicht unironisch reflektiert wird. Weil den
Gonzaga-Prinzen nur heftiges Verlangen nach
dem Modell beherrscht und sein Interesse an der
Porträtkunst oberflächlich ist, bricht er vor dem
Porträt im Augenblick des Erkennens in den Ruf
aus: "Bei Gott! wie aus dem Spiegel gestohlenitt
(4. Auftritt)
Wie weit sich Porträts von der Schein-Objektivie-
rung eines wirklichen Spiegelbildes entfernen
müssen, geht in verschiedenartigsten Wendungen
immer wieder aus den kunsttheoretischen Schrif-
ten hervor, diesem Literaturzweig, der im Kunstle-
ben des 18. Jahrhunderts bis zur Geschwätzigkeit
gedieh. Um so seltsamer ist es, daß darin der Be-
handlung des Porträts im Verhältnis zur Quantität
des Porträtschaffens eine geradezu umgekehrt
proportionale Bedeutung zukommt. Generell tritt
der Ähnlichkeit als oberster Forderung die Verur-
teilung der bloßen Nachahmung gegenüber. Die
Verdichtung der unendlich-wandelbaren augen-
blicklichen Erscheinungsbilder eines Menschen
zur komplexen Bildnis-Individualität durch den
Künstler ist mit dem Begriff des "Treffens-t erfaßt.
Daß sich die treffende Vergegenwärtigung einer
Physiognomie bis zur Betroffenheit des Betrach-
ters hin steigern kann, zeichnet hervorragende
Bildnisse im Oeuvre Johann Georg Edlingers
(1741 -1819)37 aus.
Für die Höhe von Edlingers Schaffenszeit war die
Begegnung mit Johann Baptist Strob(e)I (1741 bis
1805) entscheidend. Strobl hatte in München eine
führende Buchhandlung inne; in seinem Verlag
brachte er bedenkenlos Nachdrucke heraus, und
als Patriot, Schriftsteller und Kunstmäzen sam-
melte er einen großen Kreis lebhaft-intellektueller
Zeitgenossen um sich. Sein Bildnis (Abb. 7)3ß führt
vielleicht zeitlich, auf jeden Fall qualitativ die Fol-
ge von rund 200 Porträts an, mit denen Edlinger in
Strobls Auftrag einen Bildersaal von Gelehrten
und denkwürdigen Männern aus Bayern schuf, in
bürgerlichen Bildnissen eine Versammlung des
Geistesadels aus dem Umkreis der 1759 gegrün-
deten Akademie der Wissenschaften und des Ge-
heimbundes der llluminaten39. Die geplante Her-
ausgabe der Porträtsammlung in Stichen brach
nach der ersten Lieferung von 35 Blättern mit
Strobls Tod ab.
Bildaufbau und Lichteinfall sind wohl prototy-
pisch für das durchgehende Schema dieser Serie;
die mit Grandezza als Nebensächlichkeit behan-
delte dunkle Körperfläche ist übers Profil hinaus
weggewendet. Was den Arm stützt, mag eine
Stuhllehne sein; nur an den groben Metallknöpfen
und dem Papier knistert das Licht auf. Das Ge-
sicht ist zum Betrachter her so ins Halbprofil ge-
dreht, daB die in die Stirn eingegrabene, über den
Nasenrücken lang ausgezogene Linie als charak-
teristischer Zug und Bilddominante sichtbar
wird4ü. Über dem abgewendeten Körper, aus dem
halb hergewendeten Gesicht trifft ein unmittelba-
rer Blick auf den Betrachter. Dem Aufbau ent-
spricht der Pinselduktus, der, sich addierend und
verdichtend, aus der verdunkelten Wölkung des
Grundes die Helligkeit nach vorn ins Gesicht ver-
sammelt, wo sie auf der Stirn als weißer Glanz
steht. Unter der beleuchteten festen Stirn sind die
beobachtenden Augen dunkler verschattet, bilden
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