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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXV (1980 / Heft 169)

 
temporärer Hinsicht - mögen die allegorischen 
Rezepte wiederholbar sein, bilden sie doch da- 
durch um so mehr den verbindlichen Rahmen für 
neue Einzigartigkeiten. Solche "Versicherung" 
des Festes im allegorischen Rahmengefüge be- 
darf entsprechend der bestätigenden "Erfüliungtt. 
Exemplarisch hierfür war der Umstand, daß man 
seit Paul V. zur feierlichen Inbesitznahme der 
Stadt Rom durch den neuen Papst die Triumph- 
pforten am Eingang des Kapitols so aufstellte, 
daß die Reiterstatue des Marc Aurel im Bogen 
sichtbar war9. Als "Reiter im Bogenii, der die pro- 
grammatische Aufgipfeiung bei der Porta San Gal- 
lo vollzieht - wo zuoberst des weiten Umrißbo- 
gens der Dekoration sein Fleiterstandbild steht -, 
zeigt sich Franz I. auf verschiedenen Gedächtnis- 
münzen für 1739"). Doch unter dem hohen Sinn 
des zeiterfülIend-transitorischen Moments schie- 
ßen die Sinnbedeutungen als letzt- und höchst- 
mögliche Triumpherfüllung zusammen, wenn 
eben dieser Moment auf dem Sarkophag des kai- 
serlichen Reiters dargestellt wird (Abb. 3). Jede 
der vier Reiiefszenen auf dem monumentalen Dop- 
peisarkophag in der Kapuzinergruft bezieht sich 
auf ruhmreiche Momente im Leben des Kaiserpaa- 
res unter dem transitorischen Aspekt". innerhalb 
dieser Ruhmespassagen zeigt das Zitat der Flo- 
rentiner Porta San Gallo den zeitlichen iiVoilzugii 
eines Triumphtores bis ins Transitorische 
schlechthin - die höchstmögliche allegorische 
Sinnerfüllung eines Triumphbogens überhaupt. 
Unter diesem höchst barocken finalen Blickwinkel 
ist zunächst auch der Plan der Umgestaltung des 
Triumphtores zu Innsbruck mit zu sehen. Schließ- 
lich folgte die lnnsbrucker Pforte von 1765 in ihrer 
ursprünglichen Konzeption der Porta San Gallo in 
ihrer Gesamterscheinung auch darin, daß sie die 
Intention der "ephemerenii Triumphbogen in Ge- 
stait und Inhalt vortrug: In ihrer aufgipfelnden 
Form zeigen sie beide in tektonischer Vertesti- 
gung das barocke Selbstverständnis der Ehren- 
pforten, wodie festliche Zeitenthobenheit als Kul- 
minationspunkt auch formal sichtbar wurde. Nur 
wenn sie in architektonischer Zeugenschaft nun- 
mehr auch den Ort des Ereignisses bezeichnen, 
markiert ihre Behauptung Zeitdauer statt Zeitent- 
hobenheit: und damit sind sie historisch-irdischer. 
Durch den August 1765 bedeutete der Bogen zu 
Innsbruck "Terminus-i und "Metaii im Lebensweg 
der Kaiserin - dessen wollte sie sich nun zeit ih- 
res Lebens schmerzlichst bewußt sein. Daher ge- 
denkt sie Innsbrucks in dem Brief, der die bittere 
"Verwandlung-i des Triumphbogens betrifft, nicht 
riur als des Ortes, iiwo meine letzten glücklichen 
Tage geendigtii, sondern auch, wo nunmehr itali- 
zeit mein Verlangen hingehtii-i. Das ist kein Wi- 
14 
derspruch, sondern der verschattete Revers ba- 
rocker Glanzentfaltung. in ihren Briefen schreibt 
sie jetzt von der Dauer des "elenden Lebens-i, dem 
nun aller Halt fehle, und daß die Sonne selbst ihr 
finster erscheine. "Und ich denke mehr denn je an 
mein liebes Innsbruck; es kommt mir vor, als könn- 
te ich nur dort meine Ruhe finden, wo ich sie verlo- 
ren habeßai ihr Herz ist nun geteilt zwischen Erin- 
nerung an vergangenes Glück und Bitterkeit; bei- 
des vergegenwartigt sie sich an Porträts, während 
sie die Relativität der Zeit überdenkt. Das Glück 
von dreißig Jahren erscheint "nun jähiings ver- 
kürzt, während die erst kurz im Unglück verflosse- 
ne Zeit endlos scheint. Sie vertieft sich in die fata- 
le Predigt über die Ungewißheit der Todesstunde; 
eine traurige Denkmünze ist ihr einziger Trost". 
Diese barock geprägte iiVenuechslung-i kann 
kaum etwas gültiger ausdrücken als jene Formu- 
lierung, die im alludierend-verwechselnden Laut- 
zusammenklarig auf dem Becher mit dem Herz 
des toten Kaisers zu lesen war: iilnopinata morte 
extinctusl Oeniponte die XVlll Augustil 
MDCCLXVWM 
Ursprünglich wollte die Kaiserin offensichtlich 
den bitteren Triumphbogen "bis October 1767ii 
fertig wissen. Doch sind entsprechende Abände- 
rungspläne Konstantin v. Walters erst von 1773 
erhalteniß. Sie sehen beiderseits der Pforte als 
Mitteiteii Reliefs vor, die, ädikuiaartig gerahmt, 
flächige Innenraumdarstellungen eröffnen, wel- 
che an der Eingangsseite auf die Hochzeit, an der 
nördlichen Stadtseite dagegen auf das Andenken 
an den Tod des Kaisers Bezug nehmen. Bezeich- 
nend daran ist, daß mit den klassisch moderierten 
Darsteilungsmitteln des Barocks, durch streng 
rahmende Fassung, Feierlichkeit und Ernst eines 
fatto storico bedeutend vor Augen geführt werden 
sollten. Dabei behauptet sich zwar insgesamt um 
so architektonisch-nachdrückiicher das alte sym- 
metrische Formprinzip der kuiminierenden Zen- 
trierung, aber ohne transitorische Vollzugsmög- 
lichkeit. Der Entwurf nähert sich damit zwar dem 
gewünschten Memorialcharakter - doch wird der 
Torcharakter zu etwas merkwürdig in sich Wider- 
sprnchlichem, da die Aufgipfelung über der Attika 
Bild- und Formbedeutung räumlicher und zeitli- 
cher Abgeschlossenheit vorträgt: Das Portal be- 
sitzt sozusagen keinen iiZugii, sondern stellt sich 
als Schauwand dar. Demgegenüber besitzt der et- 
was später - bis 1775 - ausgeführte Entwurf 
Balthasar Molls (Ab. 4 und 5) eine schwer be- 
schreibbare Zeitdimension aus beständiger Ver- 
ewigung und durch Trauer gedämpfter Überwin- 
dung der Zeitlichkeit. Dies geschieht durch den 
selbständigen, offenen Szenencharakter der be- 
krönenden Portalfiguren, die dort vordem Himmel 
Anmerkungen 9 - 24 
' Erich Hubala, DieKunst des lmahrhundarzs. Propyiaer 
schichte ed 9, 1970, s. 97. Dia Anbringung von Reiters 
einer Trlurnphalarchitaktur arroigta dann im 17. Jh. in F 
ebenfalls, wo man vdm i-gedanklichan Zusammenhang 
Dankmal und Tnuiriphtur- in dar Antike überzeugt war 
zug Ludwigs XIV 1660 wurde aut dam Ponl Neul ein Triu 
auigabaut. dal! das Denkmal Heinrichs iv in der Dtinun 
wurde - Krcnung des Baues war dia -Ewigkeit-r. Diese E 
tan gingen dam Bau steinerner Triumphbogen liir Lu 
unmittelbar voraus. vgl. stopicl (Anm e). s 15-20, dii 
Pclaritat das Transitorischen und das Deuerndenzeigl s 
hcchsiar dlalektischer Durchdringung. 
"' schau- und Denkmunzen welche unter Maria Thare 
gai wdrdan sind Wien 1752. anonym hrsg. v Erzherzo 
Anna, Nr. VII. 1x, x 
" Dar 1754 entstandene Doppeisarkophag gehort zu den l 
stungan Molls. Nsban dann Einzug in Florenz ist der Kroi 
Franz Stephans in Frankiur11745 dargastsllt; anschaulicl 
rische Ouaiitaten zeigen sich im Tlelenzug dar gctischan 
tur das Prager vaitsdoiris bei der Darstellung der Konig 
Maria Tliarasias Dem antsprichldar Kronungsritt in Pret 
dia Darstellung das Rhelnuberganges am Fußende di 
phags durch den kaiserlichen erudar Karl v. Lothringen 
gasamt giplalt dia lkonologia dann in einem transitoris 
ment: der Auferweckurig des kaiserlichen Paares 
" F waitar, Maria Tharasia (vgl. Anm. 2). Briei vom 1 MSI 
" F Walter. a.a 0., Brief Nr. 1761177 vom August 1765. 
" F. Walter. a.a.0 , Brlal Nr. 179 vom e Nov. 1765 
Mil am ruckhaltlosasian eröffnet Maria Tharasia die trau 
risserle schattansaite ihras Gemütszustandes zum Sch 
Briefes an staatskanzlsr Kaunitz im Juni 1765. mit dem si 
san Demissiorlsgesuch ablehnend und resigniererid a 
"lassen sie uns starben milden watian in der Hand oderr 
wir uns in dan dusteren Gebirgen von Tirol, um dort unser 
Laban zu enden, verlassen vergessen von all den unsrige 
der ganzen wart.- 
" Nach F. cldllsr, Innsbruck (vgl. Anm.e),s 204. Diese} 
den dcn easchluß einer langsrcn Inschrift 
" 0. Trapp, Zur Gaschichta...(vgl. Anm. 5). Dort auch c 
rurigaantwurl Konstantin v. wallars abgebildet: Nicht t 
sant ist, daii 1776 der Triumpripldrte in Sens durch Basre 
außan dar Charakter des Triumphes. nach innen ein -Car 
narairav gagaban werden sollta (Louis Hautecoeur, Hd 
rArchItactura classiqua an Franco, Bd. a. Paris 1950, s. 
" in hcham Maße tritt hier bei Balthasar Moll jene Eigentu 
aut. mit dar Sedlmayr Donners eigenstendigen baroclia 
Vurklängen eines ersten, zarten Klassizismus charaktan 
milde. die wrloste-r Trauar und dis i-Gelassenheit- des e 
im Gegensatz zum Pathos das Barock i-nach untan garib. 
Entwurf ist dies als Gegensatz von Ndrd- und siidssita bi 
zaigt (H. Sedimayr. -Raphael Donner- und "Aspekte der 
ohlschan Kunst-i, in: Epcchan und Werke, Bd. ll, wisn 191 
bzw. s. 311). 
" F. c. zcllar, Innsbruck (vgl. Anm. s). s. 184. beschreibtde 
der Triumphptorta von 17s5 so: - .uberdem Hsuptgesil 
eine Pyramide empor, haben welcher die. . . statuan .. 
sars und der Kaisciinri standen, in der l-tcha schwebte ei 
mit starnankronan in beyden Handen, die er aur ihre Haup 
zu lassen schien.- 
" Die charaktarisiarungan der Bllckbahnen sind nach den E 
stichan Mdlls gawcnnan. dla seine intantiorian deutlichi 
als dann dis Austuhrung in Stein. 
t" vgl. Anm. 15. Das zeitbestimmende, durchaus gesuchte - 
tus- in der weiteren Bedeutung von i-unvsrmutat-i (statt - 
harisi-l kennzeichnet dcutlicriar noch auch das i-UnvermL 
springenden Punkt das wonspials. Daß ubrigans dabaii 
rig-hastiga Zeitaspekt letztlich durch die weitbilckende l-li 
tugand determiniert wird. zaigt sich ebenlalis als schiu 
schritt eufderEingeweideurne: - .Francisci i . . . Repei 
non improvlsalMorte in DominolDefunctt-i (zoliar. ln 
s. 205) 
" Nach einer glaubwürdigen Notiz von 1867 warder Frcihar 
v spargas dar vai-lassar der lnschrittan (-Der Freiherr 
v. spargas-i. in: Neue Zsitschr. d. Ferdinendeums l. Tirol L 
barg. Bd. a. Innsbruck 1aa7. s. 4a). spargas, der masgal 
den ln- und Umschriften der bamarkcnswarl vielen unt 
Theresia herausgegebenen Dankmunzan batailigt war, r 
haupt einen nicht zu unterschätzenden Antail an der Ga 
des lnnsbrucker Triumphbogens. vgl. 0.Trapp. zur G 
te. . . (Anm. 5) und o.a. biographischarAcriii s. 42. stilisti 
sain noch barock alngararbtes klassisches Latein zur ga 
das Trlumphbogans. vgl. Jos. Spergesii . Inscriptiorles 
Cremes. Wien 1793. 
i" Umgekehrt ist as symptomatisch. deß Form wicsinngahal 
tuangruppan aul der Ehranpiona deutlich an die rranzi 
Kaminpendulen das spataran 1a. Jh.s arinnarn, wo )4: 
Themen wie Liaba und Fraundachart antinomisch zurvargi 
Zeit stehen, die die Uhr angibt. Mit diesem Uhrerityp, dem 
zwai Charakteristika das Monumantum, Große und Öfferii 
fehlen. varknuptt sich erstmals dem ganzan Siringehait l 
Bedeutung alnas Monuments: sie halten ainan Auganblic 
marlast und satzan ihn in Aritlncmic zurUhrzeit, diejetzta 
handa Zelt aulgolaßt wird. Die irrlrrlenuährende Erinnsru 
überwindet die vorgehende Zeit. 
Vgl. Klaus Maurlcs. Dia französische Pandula das 1a. J 
derts. Berlin 1967, s. 5511. 
dars. Die deutsche Hadaruhr. 
Textbd. s 2451.. vgl. Abb. 532, 1066, 1070. 
1' Eina Zusammenstellung der Beudeten (mit Renovierung 
der Steinmetze nabst Beschreibung und gedruckten 
bringt die Erfassung waitzans im eand Pasi Megye Müen 
195a, dar ungarischan Kunsttopographie (Magyarorszag 
lekl Topograliäja) Triumphbogen: s. 271-273 Der Triump 
wird derin als ain Dankmal gawurdigt, das aus kunsthist. 
Sicht wegen seines lrühklassizistischerl Gepräges hervori 
Bedeutung basitzt. In diesem sinna spricht sich auch gevli 
dia kunstriistcrischa Litaratur aus. die den Triumphbogan 
extremen Beleg eines noch vor den österreichischen kari 
gerade in ungarn maniiast wsrdandan Frühklasslzlsmus a 
Lediglich in einer iungaran Arlssit von Anna Zador, -Prolei 
zu cinai lkonologia der Architaktur um 1500., in: Acta Histc 
tiurn. B124. 197a. s. 335-352. wird im Zusammenht 
Triumphtoren das Tor in waiizan als ein Bau angeführt, d 
üblichen Stil und den geläufigen Sinn seiner Zeit nicht Libß 
2 Bde. München 
tai-. 
1' Alols Riegl, Der moderne Denkmaikultus. (Wien-Leipzi 
Ausgabe 1929, s. 172.Wenn in Anm. 22 darauiningawiasar 
das etwa ab 1770 uber die Figuren dar Pandule der unr 
ciiaraktarlsiika des Denkmals zuelgen werden. so weiser 
kehrt Ende des Jahrhunderts die Bodenstariduhren rnii Ihr 
numenlaleri Arcniiakiurganausa die Zeit als Bewegung in 
wegurigsiosen Ewigkeit vor - entsprechend dani -oioii 
iconciogldua- Prexeis von 1779. der zur Allegorie der Ze 
Vers Roussoaus xitierr i. ..le Tervls. cene Image mobile! 
mobile eternite . . .- (Maurice. Pendula - vgl. Anm. 22 - s 
diesem Sinne ist auch der Charakter dar lnnsbrucker Ti 
piona zum Batrachtsr htn als ein mewegendes- Verhältnii 
piari. während darWaitzenerTriltmphbDgen sich loigerich 
gerührt- an die Ewigkeit wendet.
	        
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