temporärer Hinsicht - mögen die allegorischen
Rezepte wiederholbar sein, bilden sie doch da-
durch um so mehr den verbindlichen Rahmen für
neue Einzigartigkeiten. Solche "Versicherung"
des Festes im allegorischen Rahmengefüge be-
darf entsprechend der bestätigenden "Erfüliungtt.
Exemplarisch hierfür war der Umstand, daß man
seit Paul V. zur feierlichen Inbesitznahme der
Stadt Rom durch den neuen Papst die Triumph-
pforten am Eingang des Kapitols so aufstellte,
daß die Reiterstatue des Marc Aurel im Bogen
sichtbar war9. Als "Reiter im Bogenii, der die pro-
grammatische Aufgipfeiung bei der Porta San Gal-
lo vollzieht - wo zuoberst des weiten Umrißbo-
gens der Dekoration sein Fleiterstandbild steht -,
zeigt sich Franz I. auf verschiedenen Gedächtnis-
münzen für 1739"). Doch unter dem hohen Sinn
des zeiterfülIend-transitorischen Moments schie-
ßen die Sinnbedeutungen als letzt- und höchst-
mögliche Triumpherfüllung zusammen, wenn
eben dieser Moment auf dem Sarkophag des kai-
serlichen Reiters dargestellt wird (Abb. 3). Jede
der vier Reiiefszenen auf dem monumentalen Dop-
peisarkophag in der Kapuzinergruft bezieht sich
auf ruhmreiche Momente im Leben des Kaiserpaa-
res unter dem transitorischen Aspekt". innerhalb
dieser Ruhmespassagen zeigt das Zitat der Flo-
rentiner Porta San Gallo den zeitlichen iiVoilzugii
eines Triumphtores bis ins Transitorische
schlechthin - die höchstmögliche allegorische
Sinnerfüllung eines Triumphbogens überhaupt.
Unter diesem höchst barocken finalen Blickwinkel
ist zunächst auch der Plan der Umgestaltung des
Triumphtores zu Innsbruck mit zu sehen. Schließ-
lich folgte die lnnsbrucker Pforte von 1765 in ihrer
ursprünglichen Konzeption der Porta San Gallo in
ihrer Gesamterscheinung auch darin, daß sie die
Intention der "ephemerenii Triumphbogen in Ge-
stait und Inhalt vortrug: In ihrer aufgipfelnden
Form zeigen sie beide in tektonischer Vertesti-
gung das barocke Selbstverständnis der Ehren-
pforten, wodie festliche Zeitenthobenheit als Kul-
minationspunkt auch formal sichtbar wurde. Nur
wenn sie in architektonischer Zeugenschaft nun-
mehr auch den Ort des Ereignisses bezeichnen,
markiert ihre Behauptung Zeitdauer statt Zeitent-
hobenheit: und damit sind sie historisch-irdischer.
Durch den August 1765 bedeutete der Bogen zu
Innsbruck "Terminus-i und "Metaii im Lebensweg
der Kaiserin - dessen wollte sie sich nun zeit ih-
res Lebens schmerzlichst bewußt sein. Daher ge-
denkt sie Innsbrucks in dem Brief, der die bittere
"Verwandlung-i des Triumphbogens betrifft, nicht
riur als des Ortes, iiwo meine letzten glücklichen
Tage geendigtii, sondern auch, wo nunmehr itali-
zeit mein Verlangen hingehtii-i. Das ist kein Wi-
14
derspruch, sondern der verschattete Revers ba-
rocker Glanzentfaltung. in ihren Briefen schreibt
sie jetzt von der Dauer des "elenden Lebens-i, dem
nun aller Halt fehle, und daß die Sonne selbst ihr
finster erscheine. "Und ich denke mehr denn je an
mein liebes Innsbruck; es kommt mir vor, als könn-
te ich nur dort meine Ruhe finden, wo ich sie verlo-
ren habeßai ihr Herz ist nun geteilt zwischen Erin-
nerung an vergangenes Glück und Bitterkeit; bei-
des vergegenwartigt sie sich an Porträts, während
sie die Relativität der Zeit überdenkt. Das Glück
von dreißig Jahren erscheint "nun jähiings ver-
kürzt, während die erst kurz im Unglück verflosse-
ne Zeit endlos scheint. Sie vertieft sich in die fata-
le Predigt über die Ungewißheit der Todesstunde;
eine traurige Denkmünze ist ihr einziger Trost".
Diese barock geprägte iiVenuechslung-i kann
kaum etwas gültiger ausdrücken als jene Formu-
lierung, die im alludierend-verwechselnden Laut-
zusammenklarig auf dem Becher mit dem Herz
des toten Kaisers zu lesen war: iilnopinata morte
extinctusl Oeniponte die XVlll Augustil
MDCCLXVWM
Ursprünglich wollte die Kaiserin offensichtlich
den bitteren Triumphbogen "bis October 1767ii
fertig wissen. Doch sind entsprechende Abände-
rungspläne Konstantin v. Walters erst von 1773
erhalteniß. Sie sehen beiderseits der Pforte als
Mitteiteii Reliefs vor, die, ädikuiaartig gerahmt,
flächige Innenraumdarstellungen eröffnen, wel-
che an der Eingangsseite auf die Hochzeit, an der
nördlichen Stadtseite dagegen auf das Andenken
an den Tod des Kaisers Bezug nehmen. Bezeich-
nend daran ist, daß mit den klassisch moderierten
Darsteilungsmitteln des Barocks, durch streng
rahmende Fassung, Feierlichkeit und Ernst eines
fatto storico bedeutend vor Augen geführt werden
sollten. Dabei behauptet sich zwar insgesamt um
so architektonisch-nachdrückiicher das alte sym-
metrische Formprinzip der kuiminierenden Zen-
trierung, aber ohne transitorische Vollzugsmög-
lichkeit. Der Entwurf nähert sich damit zwar dem
gewünschten Memorialcharakter - doch wird der
Torcharakter zu etwas merkwürdig in sich Wider-
sprnchlichem, da die Aufgipfelung über der Attika
Bild- und Formbedeutung räumlicher und zeitli-
cher Abgeschlossenheit vorträgt: Das Portal be-
sitzt sozusagen keinen iiZugii, sondern stellt sich
als Schauwand dar. Demgegenüber besitzt der et-
was später - bis 1775 - ausgeführte Entwurf
Balthasar Molls (Ab. 4 und 5) eine schwer be-
schreibbare Zeitdimension aus beständiger Ver-
ewigung und durch Trauer gedämpfter Überwin-
dung der Zeitlichkeit. Dies geschieht durch den
selbständigen, offenen Szenencharakter der be-
krönenden Portalfiguren, die dort vordem Himmel
Anmerkungen 9 - 24
' Erich Hubala, DieKunst des lmahrhundarzs. Propyiaer
schichte ed 9, 1970, s. 97. Dia Anbringung von Reiters
einer Trlurnphalarchitaktur arroigta dann im 17. Jh. in F
ebenfalls, wo man vdm i-gedanklichan Zusammenhang
Dankmal und Tnuiriphtur- in dar Antike überzeugt war
zug Ludwigs XIV 1660 wurde aut dam Ponl Neul ein Triu
auigabaut. dal! das Denkmal Heinrichs iv in der Dtinun
wurde - Krcnung des Baues war dia -Ewigkeit-r. Diese E
tan gingen dam Bau steinerner Triumphbogen liir Lu
unmittelbar voraus. vgl. stopicl (Anm e). s 15-20, dii
Pclaritat das Transitorischen und das Deuerndenzeigl s
hcchsiar dlalektischer Durchdringung.
"' schau- und Denkmunzen welche unter Maria Thare
gai wdrdan sind Wien 1752. anonym hrsg. v Erzherzo
Anna, Nr. VII. 1x, x
" Dar 1754 entstandene Doppeisarkophag gehort zu den l
stungan Molls. Nsban dann Einzug in Florenz ist der Kroi
Franz Stephans in Frankiur11745 dargastsllt; anschaulicl
rische Ouaiitaten zeigen sich im Tlelenzug dar gctischan
tur das Prager vaitsdoiris bei der Darstellung der Konig
Maria Tliarasias Dem antsprichldar Kronungsritt in Pret
dia Darstellung das Rhelnuberganges am Fußende di
phags durch den kaiserlichen erudar Karl v. Lothringen
gasamt giplalt dia lkonologia dann in einem transitoris
ment: der Auferweckurig des kaiserlichen Paares
" F waitar, Maria Tharasia (vgl. Anm. 2). Briei vom 1 MSI
" F Walter. a.a 0., Brief Nr. 1761177 vom August 1765.
" F. Walter. a.a.0 , Brlal Nr. 179 vom e Nov. 1765
Mil am ruckhaltlosasian eröffnet Maria Tharasia die trau
risserle schattansaite ihras Gemütszustandes zum Sch
Briefes an staatskanzlsr Kaunitz im Juni 1765. mit dem si
san Demissiorlsgesuch ablehnend und resigniererid a
"lassen sie uns starben milden watian in der Hand oderr
wir uns in dan dusteren Gebirgen von Tirol, um dort unser
Laban zu enden, verlassen vergessen von all den unsrige
der ganzen wart.-
" Nach F. cldllsr, Innsbruck (vgl. Anm.e),s 204. Diese}
den dcn easchluß einer langsrcn Inschrift
" 0. Trapp, Zur Gaschichta...(vgl. Anm. 5). Dort auch c
rurigaantwurl Konstantin v. wallars abgebildet: Nicht t
sant ist, daii 1776 der Triumpripldrte in Sens durch Basre
außan dar Charakter des Triumphes. nach innen ein -Car
narairav gagaban werden sollta (Louis Hautecoeur, Hd
rArchItactura classiqua an Franco, Bd. a. Paris 1950, s.
" in hcham Maße tritt hier bei Balthasar Moll jene Eigentu
aut. mit dar Sedlmayr Donners eigenstendigen baroclia
Vurklängen eines ersten, zarten Klassizismus charaktan
milde. die wrloste-r Trauar und dis i-Gelassenheit- des e
im Gegensatz zum Pathos das Barock i-nach untan garib.
Entwurf ist dies als Gegensatz von Ndrd- und siidssita bi
zaigt (H. Sedimayr. -Raphael Donner- und "Aspekte der
ohlschan Kunst-i, in: Epcchan und Werke, Bd. ll, wisn 191
bzw. s. 311).
" F. c. zcllar, Innsbruck (vgl. Anm. s). s. 184. beschreibtde
der Triumphptorta von 17s5 so: - .uberdem Hsuptgesil
eine Pyramide empor, haben welcher die. . . statuan ..
sars und der Kaisciinri standen, in der l-tcha schwebte ei
mit starnankronan in beyden Handen, die er aur ihre Haup
zu lassen schien.-
" Die charaktarisiarungan der Bllckbahnen sind nach den E
stichan Mdlls gawcnnan. dla seine intantiorian deutlichi
als dann dis Austuhrung in Stein.
t" vgl. Anm. 15. Das zeitbestimmende, durchaus gesuchte -
tus- in der weiteren Bedeutung von i-unvsrmutat-i (statt -
harisi-l kennzeichnet dcutlicriar noch auch das i-UnvermL
springenden Punkt das wonspials. Daß ubrigans dabaii
rig-hastiga Zeitaspekt letztlich durch die weitbilckende l-li
tugand determiniert wird. zaigt sich ebenlalis als schiu
schritt eufderEingeweideurne: - .Francisci i . . . Repei
non improvlsalMorte in DominolDefunctt-i (zoliar. ln
s. 205)
" Nach einer glaubwürdigen Notiz von 1867 warder Frcihar
v spargas dar vai-lassar der lnschrittan (-Der Freiherr
v. spargas-i. in: Neue Zsitschr. d. Ferdinendeums l. Tirol L
barg. Bd. a. Innsbruck 1aa7. s. 4a). spargas, der masgal
den ln- und Umschriften der bamarkcnswarl vielen unt
Theresia herausgegebenen Dankmunzan batailigt war, r
haupt einen nicht zu unterschätzenden Antail an der Ga
des lnnsbrucker Triumphbogens. vgl. 0.Trapp. zur G
te. . . (Anm. 5) und o.a. biographischarAcriii s. 42. stilisti
sain noch barock alngararbtes klassisches Latein zur ga
das Trlumphbogans. vgl. Jos. Spergesii . Inscriptiorles
Cremes. Wien 1793.
i" Umgekehrt ist as symptomatisch. deß Form wicsinngahal
tuangruppan aul der Ehranpiona deutlich an die rranzi
Kaminpendulen das spataran 1a. Jh.s arinnarn, wo )4:
Themen wie Liaba und Fraundachart antinomisch zurvargi
Zeit stehen, die die Uhr angibt. Mit diesem Uhrerityp, dem
zwai Charakteristika das Monumantum, Große und Öfferii
fehlen. varknuptt sich erstmals dem ganzan Siringehait l
Bedeutung alnas Monuments: sie halten ainan Auganblic
marlast und satzan ihn in Aritlncmic zurUhrzeit, diejetzta
handa Zelt aulgolaßt wird. Die irrlrrlenuährende Erinnsru
überwindet die vorgehende Zeit.
Vgl. Klaus Maurlcs. Dia französische Pandula das 1a. J
derts. Berlin 1967, s. 5511.
dars. Die deutsche Hadaruhr.
Textbd. s 2451.. vgl. Abb. 532, 1066, 1070.
1' Eina Zusammenstellung der Beudeten (mit Renovierung
der Steinmetze nabst Beschreibung und gedruckten
bringt die Erfassung waitzans im eand Pasi Megye Müen
195a, dar ungarischan Kunsttopographie (Magyarorszag
lekl Topograliäja) Triumphbogen: s. 271-273 Der Triump
wird derin als ain Dankmal gawurdigt, das aus kunsthist.
Sicht wegen seines lrühklassizistischerl Gepräges hervori
Bedeutung basitzt. In diesem sinna spricht sich auch gevli
dia kunstriistcrischa Litaratur aus. die den Triumphbogan
extremen Beleg eines noch vor den österreichischen kari
gerade in ungarn maniiast wsrdandan Frühklasslzlsmus a
Lediglich in einer iungaran Arlssit von Anna Zador, -Prolei
zu cinai lkonologia der Architaktur um 1500., in: Acta Histc
tiurn. B124. 197a. s. 335-352. wird im Zusammenht
Triumphtoren das Tor in waiizan als ein Bau angeführt, d
üblichen Stil und den geläufigen Sinn seiner Zeit nicht Libß
2 Bde. München
tai-.
1' Alols Riegl, Der moderne Denkmaikultus. (Wien-Leipzi
Ausgabe 1929, s. 172.Wenn in Anm. 22 darauiningawiasar
das etwa ab 1770 uber die Figuren dar Pandule der unr
ciiaraktarlsiika des Denkmals zuelgen werden. so weiser
kehrt Ende des Jahrhunderts die Bodenstariduhren rnii Ihr
numenlaleri Arcniiakiurganausa die Zeit als Bewegung in
wegurigsiosen Ewigkeit vor - entsprechend dani -oioii
iconciogldua- Prexeis von 1779. der zur Allegorie der Ze
Vers Roussoaus xitierr i. ..le Tervls. cene Image mobile!
mobile eternite . . .- (Maurice. Pendula - vgl. Anm. 22 - s
diesem Sinne ist auch der Charakter dar lnnsbrucker Ti
piona zum Batrachtsr htn als ein mewegendes- Verhältnii
piari. während darWaitzenerTriltmphbDgen sich loigerich
gerührt- an die Ewigkeit wendet.