Patrick Werkner
Johannes Paul Schor als
römischer uDekorations-
ingenieurrr
Für die mlr am Österreichischen Kulturinstitut in Rom
mehrlach gewährte Gastfreundschaft,
die diese Arbeit ermöglichte,
danke ich Herrn Unix-Prof. Dr. Heinrich Schmidinger.
uEr war ausgefallen und erfinderisch in den Orna-
menten, erfand die schönsten Szenen, Perspekti-
ven und Veduten mit der größten Geschicklichkeit
und bewundernswerter Leichtigkeit, und nach so
vielen schönen lnventionen und Kompositionen
ging er hin, sich des himmlischen Theaters zu er-
freuen, im heiligen Jahr 1675.11 So beschließt Nico-
la Pio die Angaben zu Johannes Paul Schor in sei-
nen 1724 verfaßten Künstlervitenl. Glovanni Paolo
Tedesco, wie er in Italien genannt wurde, gehört
zweifellos zu den erfolgreichsten und meistbe-
schaftigten ausländischen Künstlern, die im ba-
rocken Rom tätig waren. Seine Arbeiten für den
päpstlichen Hof wurden mit dem Gesamtbetrag
von 6671 Scudi honoriert - dem höchsten Betrag,
der bis dahin an einen deutschen Künstler ausbe-
zahlt worden warz. Schor wurde 1654 in die Acca-
demia di San Luca aufgenommenß und wohnte in
seinem eigenen Haus am Fuße der Spanischen
Treppe, "gleich neben dem Pallast der Spanischen
Ambassatoren, so er ganz neu bauete, und (mit
dem) Schorschen Wappen zierte, da sonst in Rom
sehr selten ein Privat zu einem eigenen Haus
kommt" - wie sein Neffe Johann Ferdinand
Schor in seiner Familienchronik berichtet4.
Schon Glovanni Battista Passeri (um 1610 - 1679),
ein Schüler des Domenichino, vor allem aber Ver-
fasser von Künstlerviten, die für das Studium des
Seicento eine der wichtigsten Quellen bilden, hat-
te eine Biographie Schors geplant. Sie gelangte je-
doch nicht zur Ausführung-i. Dies ist um so bedau-
erlicher, als Nicola Pio ein weit weniger gründli-
cher Autor als Passeri ist. Pio verdanken wir aller-
dings das einzige bekannte Bildnis Schorsß
(Abb. 1). Es befindet sich in Stockholm7 und wurde
von Anthony Ciark als ein Werk Antonio Crecolinis
(1675-1725) erkanntß. Das Geburtsjahr dieses
Künstlers schließt eine Entstehung des Porträts
zu Lebzeiten Schors aus. Die ausgeprägte Charak-
terisierung in Crecolinis Blatt laßt jedoch anneh-
men, daß er es nach einer Vorlage zeichnete. Es
zeigt Schor in der typischen Haartracht seiner Zeit
und nennt ihn in der Inschrift als pictor. Daß er
erst in zweiter Linie Maler war, vor allem aber ein
mit unerschopflicher Phantasie begabter Dekora-
tionskünstler, versucht die vorliegende Arbeit zu
zeigen.
Johannes Paul Schor wurde 1615 in Innsbruck ge-
boren und erhielt dort auch seine erste künstleri-
sche Ausblldung9. Die Voraussetzungen dazu wa-
ren außerordentlich günstig: Sein Vater, Hans
Schor, hatte durch seine Ehe mit Ursula Dax in ein
altes lnnsbrucker Malergeschiecht eingeheiratet.
iAntonlo Crecolini (1675-1725), Bildnis Johannes
Paul Schors. Gezeichnet für die geplante Biographie
Schors in den Künstlerviten des Glovanni Batlista
Passeri. Stockholm, Nationalmuseum.
Seine Frau war die Enkelin des Hofmalers l
Iians l., Paul Dax. Hans Schor, der eine
scheinlich aus Augsburg eingewanderten
entstammte, erwarb sich so die Voraus:
zur Aufnahme als Bürger der Stadt. Er wur
maler in den Diensten der Tiroler Erzherzö
der Stadt und war zeitweise auch Stadtricl
erwirkte eine Vermehrung des Wappens, i
Familie 1570 von Kaiser Maximilian ll. ve
worden war"). Von Hans Schor erhielt Jol
Paul zusammen mit seinen jüngeren Brüdi
naventura und Ägid seine erste künstleriscl
bildung. Ihr Vater zog sie gewiß zur Mitari:
seinen eigenen, sehr verschiedenartigen
gen heran. Er malte Porträts, relig se Tafe
renovierte Fresken, vergoldete Schnitzwerk
te Wappen und Sonnenuhren, entwarf Stt
ren, Triumphpforten und Festdekorationen
einer soliden Ausbildung kam Johannes
Schor um 1640 nach Fiomlz, wo er bis an s
bensende blieb. Das Oeuvre Schors ist in
Teilen erhalten oder durch Dokumente I
Sein Werk als Maler und Zeichner wurc
Hammerß, Aurenhammer" und vor allel
Wibiraliä ausführlich untersucht, weshalb l
lediglich zusammenfassend behandelt v
soll.
I
Schor war an einigen der größten künstler
Aufträgen beteiligt, die im barocken Rom zu
ben waren. 1662 war er im Vatikan mit der c
tiven Ausmalung der nicht fertigges
Ausschmückung in den Loggien Raffaels be
tigt, wie auch in der Galerie Urbans Vlll. in i
tikanischen Bibliothek"? 1750 erwähnte Ag
Taja In seiner Descriziorle del Palazzo Apol
Varicarlo "die Ornamente, die nur aus Lau
(gebildet sind) ..., eine Arbeit des Gian Pai
desco, von dessen Hand man auch in der p
chen Galerie des Montecavallo die Arche No
wundert, mit allen Arten der Tiere, ein Wer
anziehendem und vornehmem Geschmeckt
Ausmalung der Galerie Alexanders Vll. im P.
del Quirinaie auf dem Montecavallo von 1l
leitete bereits über zur monumentalen F
kunst des 1B. Jahrhunderts"). Den Anteil S
bei der Ausschmückung des Palastes, an 1
Maler unter der Leitung Pietro da Cortoni
schäftigt waren, hat Wibiral mit Akribie rr
chiertig. Schor fiel dabei die in den alten G
immer wieder erwähnte Darstellung der
Noah zu, wie auch die Gestaltung zweier Ru
der: Jakobs Kampf mit dem Engel und der Vt
2 Rom, Palazzo Colonna, Deckengemälde der G
Colonna. Von Johannes Paul und Philipp Schor
von Laura Bernasconi stammt die dekorative A
lung, von Glovanni Coli und Filippo Gherardi di
malung der Felder (1665-1668).
Anmerkungen 1- 19
' Nicole F10. L6 Vitadi Pinori Scultori 9d Architetti. Hrsg. Catherine
Enggass und Robert Enggass (Citlä da! Veticanc 1977) 57458
1 Friedrich Nolack. Du Deutschtum in Rom. Bd. i (Stuttgart 1927)
209.
Friedrich Noaok. Das Deutschtum in Ftom. Bd. 2 (Stuttgart 1927)
535. - Luigi Lanzi, Storla Pitturice della ltalie. Bd. 5, G. Auflage
(Mllano1823)182.e Melchior Misslrini, Memorie per servire alla
Storla dolla Homana Accademia di S. Luca lind SIIR Mone die An-
tonio Canova (Roma 1823) 472.
Schors Haus trägt die heutige Hausnummer Piazzadi Spagna3l.
- Johann Ferdinand Schor (1688-1757). Gln Sohn des Ägid urid
somit N9"! Johann Pauls, wersslbst Maler und Architekt. Än den
Archivar Hin: von Wiesenthal schrieb er 1751 einen Brief. in dem
er von der künstlerischen Tetlgkeit seines Onkels. seines Vaters
und von sich selbst berichtetemeute in derUnivarsitätsblbliothek
Innsbruck). Der Briet wurde publiziert in: Bote für Tirol (Inns-
bruck 1522) 16. 20, 28. 32; die zitierte Stelle ebenda 20. Lemmen,
Tiroler Künstleriexikon (Innsbruck ING) 225-227 verwendet die-
sen Briel als hauptsächliche Quelle.
Die Absicht Fesseris, eine Vita Schors zusammenzustellen. geht
aus seiner Aufstollurig der zu behandelnden Künstler hervor. In
dirradrAuizlihlung findet sich an vorlotztsrätella -Giuvannl Paolo
sl-iur- (Nationalbibliothek Wien, ced. 599a) Vgl. dazu Jakob
Hass, die Künatlorbicgraphien des Glovanni Battistn Pusseri. in:
Wiener Jahrbuch iirr Kunstgeschichte 5 (Wien 192a) 11, 45.
Vgl. Katalog der Ausstellung Christina Queen ol Sweden. Natio-
nelmuseum Stockholm 1966 (Stockholm 1955) Kai. Nr. 73I (als
Werk eine! unbßkünnten Künstlers). Vgl, dazu die Rezension der
Ausstellung von Francis Haskell. Christine 01 Sweden and some
releted publications. In: Burlington Magazine Bd. 108 (London
1966) 494-499.
7 Nationalmuseum Stockholm, Inv. Nr. 307011863.
2
H Anthony Clürk. The Portraits 01 Artists drawn lor Nicola
Mester Drawlngs s (New York 1967) 3-13. Dazu auch r
Anm. 1) 355 (Text der Herausgeber).
9 Vgl. Heinrich Hammer. Die Entwicklung der barocken DBI:
lerel in Tirol (Straßburg 1912) a1-1o9 (-Die Kunstlerfem
Schor-r). Und: Ottovon Lutteroiti in Thieme-Beckor-Ku nsl
kon. E0, 30 (Leipzig 1936) 260-254.
m Hugo von Goidegg, Die Tiroler Wappenbucher im Adels
des k. k. Ministerium des Innern lu Wien, Teil 2 (lnnsbruc
151 Nr. 753.
" Hammer (wie Anm. 9) 83-87.
n Noack (wie Anm. 3) 536.
" Hammer (wie Anm. 9) 39-100.
" Gerirude Aurenhammer, Die Handzeichnungen des 17. Ja
derts in Österreich, Hrsg. Institut tur österreichische K1.
schung des Bundesdenkmalamtes (Wien 195a).
u Norbert Wibiral, Contributo alle ricerche SUI Cononismo il
- I pittori della Galleria di Alessandro VII rlel Palaz
Qurinale. In: Bollenino d'Arte. Serie 4, 541.45 (Rom:
123465.
1' Fiiippo Titi. Ammaastramento utile 8 curioso dl pittura. SCI
architsttura nella Chiese di Roms (Heime 15813416, 428.7
Pucclr. Vite 62' Pittori, SCuItCiri sd Archrtem Moderni
(Ftoma173D)45.
" Agosilne Tale, Descriziorw del Palazzo Apostolliru v1
(Horns 17511) 1er. e Glovanni Pietro Chettard, Nuova Desc
daIVaticano,Bd.2(Rorne1756) 152.
" Fillppo Tltl, Descrizlone deile pltturs, sculture ad archltett
poste al pubblico In Homa(Ftoma1763)3DE.-A. Bertolotti
Belgi ad Olandesi a Roma(Firenze1880) 14a.
" Wibiral (wie Anm. 15) 144-147; ddrt auch Abbildung!
Schors Fresken im Ouirinal und im Ospedele Fatebenel
All! Wibiral eulbauend: Giuliano Briganti. II Palazzo del Qi
(ndma 19116) 45 n.